Bundesarbeitsministerium plädiert für eine Entfristung des Sozialen Arbeitsmarkts - erste Evaluationsergebnisse liegen vor
Das Bundesarbeitsministerium hat erste Evaluationsergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum Teilhabechancengesetz veröffentlicht und diese mit einem Begleitbericht kommentiert. Die positiven Ergebnisse und Erkenntnisse des IAB, sowie die Rückmeldungen aus der Praxis sprechen nach Ansicht des BMAS bereits jetzt dafür, § 16i SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ zu entfristen und dauerhaft im Förderinstrumentarium des SGB II zu implementieren.
Die vorliegenden ersten Evaluationsergebnisse befassen sich mit der Umsetzung der beiden neuen Instrumente nach §16e und §16i SGB II in den Jobcentern, der strukturellen Zusammensetzung der Teilnehmenden sowie der ganzheitlichen beschäftigungsbegleitenden Betreuung.
Ausgewählte Evaluationsergebnisse zur Teilhabe am Arbeitsmarkt nach §16i SGB II:
Die Jobcenter messen dem Instrument eine unterschiedliche Bedeutung für ihre Förderpraxis bei. Sinn und Zweck des Instruments wird zudem unterschiedlich gedeutet: Während ein Teil der Jobcenter darin ein klassisches Arbeitsmarktinstrument sieht, betonen andere hingegen dessen Beitrag zur sozialen Stabilisierung und Teilhabe der Leistungsberechtigten. Für die konkrete Umsetzung der Förderung ist das unterschiedliche Grundverständnis bedeutsam. So werden je nach Stoßrichtung beispielsweise eher privatwirtschaftliche oder eher gemeinnützige Arbeitgeber und Beschäftigungsträger gefördert.
Die Zielgruppe wird erreicht: Mit Blick auf den Einsatz des §16i SGB II ist festzustellen, dass die Jobcenter die Zugangsvoraussetzungen strikt einhalten und es werden sogar besonders solche Personen gefördert, die die Zugangsvoraussetzungen „übererfüllen“, etwa weil sie während der letzten sieben Jahre überhaupt nicht erwerbstätig waren. Einen besonders starken Anteil an den Geförderten haben ältere Leistungsberechtigte und schwerbehinderte Menschen. Unterrepräsentiert sind Frauen und Leistungsberechtigte ohne Berufsabschluss.
Besonderes Augenmerk erhält das Coaching: Dem Coaching wird von vielen Jobcentern eine bedeutsame Funktion zugeschrieben. Aus Sicht der Jobcenter ist es der Garant für das Funktionieren des neuen Instrumentes und die Jobcenter stellen insbesondere beim Beschäftigungsbeginn häufig einen großen Unterstützungsbedarf der geförderten Teilnehmenden fest. In der Praxis kommen unterschiedliche Organisationsformen des Coachings vor: externe Vergabe, Selbstvornahme und Mischmodelle.
Mit der Vergabe sind viele Jobcenter unzufrieden, denn die Vergabemodalitäten führen tendenziell dazu, dass die Dienstleister nach fachfremden Kriterien bestimmt werden. Selbstvornahme scheitert teilweise an den organisatorischen Voraussetzungen, aber dort, wo die Jobcenter das Coaching selbst durchführen, sind sie sehr zufrieden damit.
Dauer und Intensität des Coachings variieren. Während die Betreuungsleistung für die Geförderten teils auf die ersten sechs bzw. auf die ersten zwölf Monate der Förderung – und damit just auf den Zeitraum, in dem die Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind, die gefördert Beschäftigten für das Coaching von der Arbeitszeit freizustellen – beschränkt wird, steht das Unterstützungsangebot andernorts die gesamte Förderdauer über zur Verfügung. Ähnlich ausgeprägte Unterschiede lassen sich auch hinsichtlich der Häufigkeit sowie der Form der Kontakte zwischen den Geförderten und ihrem Coach beobachten. Das Coaching scheint den reellen Bedarfen damit nicht immer gerecht zu werden.
Für die Zukunft sind weitere Forschungsergebnisse zu denkbaren Mitnahme-, Verdrängungs- und Substitutionseffekten, den Effekten der Maßnahmenteilnahme auf die Beschäftigungsfähigkeit, die Arbeitsmarktchancen , die gesellschaftliche Teilhabe der Geförderten und nicht zuletzt auch die Übergänge in ungeförderte Beschäftigung angekündigt.
Weiterführende Materialien:
https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2021/teilhabechancengesetz-wirkt.html
und https://www.iab-forum.de/evaluation-des-teilhabechancengesetzes-erste-antworten-aber-noch-viele-offene-fragen/