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Chancen-Aufenthaltsrecht ab 31.12.2022 in Kraft getreten

Am 31.12.2022 ist das neue Chancen-Aufenthaltsrecht in Kraft getreten. Damit wird geduldeten Personen, die sich am 31.10.2022 seit 5 Jahren ununterbrochen mit Aufenthaltserlaubnis, Gestattung oder Duldung in Deutschland aufgehalten haben, die neue „Aufenthaltserlaubnis auf Probe“ für die Dauer von max. 18 Monaten erteilt, um in dieser Zeit die Voraussetzungen für einen Übergang in die Bleiberechtsregelungen nach § 25a oder § 25b AufenthG zu erfüllen und damit eine langfristige Aufenthaltslegalisierung und -verfestigung erreichen zu können.

Hier ein Überblick über die wichtigsten Inhalte des Gesetzes zum „Chancen - Aufenthaltsrecht“:

  • Geduldete, die sich am 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren in Deutschland aufgehalten haben, sollen eine Aufenthaltserlaubnis für 18 Monate erhalten (§ 104c). Dies gilt auch, wenn sie nicht im Besitz eines Passes sind und ohne Lebensunterhaltssicherung. Nach den 18 Monaten müssen diese Voraussetzungen dann überwiegend erfüllt werden, um in die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a oder b wechseln zu können. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist nicht möglich.
    • Wesentliche Voraussetzungen für den Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis nach§ 104c AufenthG:
      • 5 Jahre Aufenthalt bis zum 31.10.2022 erreicht (gilt bei Familien nur für eine (Referenz-)Person; Familienangehörige müssen noch keine 5 Jahre Voraufenthalt erbringen); Zeiten mit einer Duldung light (§ 60b AufenthG) werden angerechnet.
      • Ein Antrag muss bei der örtlichen ABH gestellt werden (Empfehlung: Antrag sowohl bei der örtlichen ABH als auch bei der zuständigen Zentralen ABH im Regierungspräsidium stellen).
      • Duldungsstatus zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über den erforderlichen Antrag
      • Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung (ab 16 Jahre erforderlich)
      • Keine vorsätzlichen Straftraten mit mehr als 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen bei Straftaten, die nach dem Aufenthalts- oder Asylgesetz nur von Ausländer*innen begangen werden können; Es dürfen keine Verurteilungen nach Jugendstrafrecht vorliegen, die auf Jugendstrafe lauten.

  • Die Bleiberechtsregelungen nach §§ 25a und b AufenthG werden erweitert: „Gut integrierte“ junge Menschen zwischen 14 und 26 (statt bisher 20) Jahre sollen ein Bleiberecht nach § 25a erhalten, wenn sie drei Jahre in Deutschland leben (statt bisher vier) und weitere Voraussetzungen erfüllt sind.  Personen, die seit sechs Jahren (bisher acht) oder – bei Familien mit minderjährigem Kind – seit vier Jahren (bisher sechs) in Deutschland aufhalten, sollen ein Bleiberecht nach § 25b erhalten, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Unten die wesentlichen Änderungen der Bleiberechtsregelungen:
    • Änderungen des § 25a AufenthG zum Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende:
      • Erhöhung der Altersgrenze von 21 Jahre auf nun 27 Jahre (positiv)
      • Verringerung der Voraufenthaltszeit von 4 auf 3 Jahre sowie der Dauer des bisherigen Schulbesuchs ebenfalls von 4 auf drei Jahre (sofern noch kein Schul- oder Berufsabschluss vorliegt) (positiv)

      • Einführung einer zwingenden Vorduldungszeit von 12 Monaten vor Erhalt der Aufenthaltserlaubnis (negativ; bislang hat es gereicht, mit Erhalt der Aufenthaltserlaubnis bzw. vor dem 21 Lebensjahr geduldet zu sein; die restlichen Aufenthaltszeiten konnten mit einer Aufenthaltserlaubnis oder/und Gestattung überwiegend erfüllt worden sein)

      • Einführung einer Ausnahmeregelung für den 3-jährigen erfolgreichen Schulbesuch oder alternativ für den Nachweis eines Schul- oder Berufsabschluss bei körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung

    • Änderungen des § 25b AufenthG zum Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration:

      • Verringerung der Voraufenthaltszeit von 6 auf 4 Jahre für Personen mit minderjährigen ledigen Kindern

      • Verringerung der Voraufenthaltszeit von 8 auf 6 Jahre für alleinstehende Personen
         

  • Der Zugang zu Integrationsmaßnahmen des Bundes wurde mit dem Gesetz erweitert.
    • So haben ab jetzt gem. § 44 Abs. 4 S. 2 AufenthG alle Personen mit einer Aufenthaltsgestattung (also während des Asylverfahrens) Zugang zu den Integrationskursen sowie gem. § 45a AufenthG zu den berufsbezogenen Deutschsprachkursen. Dies gilt nun unabhängig vom Herkunftsland und der vermeintlichen „Bleibeperspektive“ und auch für Personen aus den als „sicher“ erklärten Herkunftsstaaten.
    • Auch für Personen mit dem „vorübergehenden Schutz“ nach § 24 AufenthG (Geflüchtete aus der Ukraine) ist ein Zugang zum Integrationskurs nach § 44 Abs. 4 S. 2 AufenthG eingeführt worden - auch, wenn er faktisch schon bisher bestand.
    • Für Personen mit dem neuen Chancen-Aufenthaltsrecht nach § 104c AufenthG ist nach Trägerrundschreiben 21/22 des BAMF sowie der Anlage 1 zum Trägerrundschreiben eine Zulassung zum Integrationskurs gem. § 44 Abs. 4 S. 1 AufenthG möglich, obwohl dieser Personenkreis nicht ausdrücklich in § 44 Abs. 4 S. 2 AufenthG aufgeführt wird.
    • Alle oben genannte Personengruppen, darüber hinaus auch Personen mit Duldung, die Aussicht auf eine Aufenthaltserlaubnis nach §104c AufenthG haben, bevor sie diese erlangt haben, haben mit dem Inkrafttreten des Gesetzes und mit den flankierenden Bestimmungen des zustänigen Ministeriums den Zugnag zur Migrationsberatung für Erwachsene Zuwanderer (MBE). Diese bedeutende Erweiterung der Zielgruppe sehen wir als einen Paradigmenwechsel in der Integrationspolitik des Bundes, da fortan der größte Teil der Geflüchteten und Migrant*innen die Unterstützung der MBE auf dem Weg zur Teilhabe erhalten kann.
  • Die Sprachanforderungen (A1 bzw. C1) beim Familiennachzug zu bestimmten Fachkräften werden gestrichen (beim Nachzug von Ehepartner*innen und ab 16-jährigen Kindern). Dies gilt u. a. für den Familiennachzug zu Personen mit  § 18a und b, § 18d und f (Forscher*innen), § 19c Absatz 2 (IT-Spezialist*innen) oder § 21 (Selbstständige), sowie für bestimmte Führungskräfte und Wissenschaftler*innen mit § 19c Abs. 1. Es gilt aber nicht für den Familiennachzug zu Personen mit Aufenthaltserlaubnis nach Westbalkanregelung oder Berufskraftfahrer*innen nach § 19c Abs. 1. Die Erleichterungen gelten auch nicht für den Familiennachzug zu anderen Personen. Hier sollen die Sprachanforderungen in einem späteren Gesetz gestrichen werden.