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Das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada tritt vorläufig in Kraft

Fachinfo
Erstellt von Tilo Liewald

Am 21. September tritt das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der EU und Kanada vorläufig in Kraft. Nach der Zustimmung seitens der EU-Mitgliedstaaten im Rat unterzeichneten die EU und Kanada das CETA-Abkommen am 30. Oktober 2016. Am 15. Februar gab das Europäische Parlament ebenfalls seine Zustimmung. Am 16. Mai 2017 ratifizierte die kanadische Seite das Abkommen. Mit der Annahme der notwendigen Durchführungsbestimmungen durch Kanada wurde der Weg für die vorläufige Anwendung frei. Die vollständige Umsetzung von CETA wird erst nach der Ratifizierung des Abkommens durch alle Mitgliedstaaten abgeschlossen sein, die gemäß den jeweiligen verfassungsrechtlichen Anforderungen erfolgen wird. Ab dem Zeitpunkt des vollständigen Inkrafttretens von CETA wird ein neues Investitionsgerichtssystem an die Stelle des gegenwärtigen Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) treten, der in zahlreichen bilateralen Handelsabkommen vorgesehen ist, die von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten in der Vergangenheit ausgehandelt wurden.

Die Europäische Kommission verspricht den europäischen Unternehmen im Rahmen von CETA u. a. ca. 590 Mio. EUR an jährlichen Zolleinsparungen, einen leichteren Zugang zu öffentlichen Aufträgen in Kanada, den Wegfall von aufwendigen doppelten Produktprüfverfahren und den Schutz von 143 regionalen hochwertigen Lebensmitteln und Getränken.
Mit Ausnahme des noch abschließend zu regelnden Ersatzes für den gegenwärtigen Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus z. B. durch ein neu zu schaffendes Investitionsgericht hat sich an den Kritikpunkten eines breiten Bündnisses gegen CETA nichts geändert. In einigen Bereichen ist mit einem erhöhten Kostendruck auf die europäischen Landwirtschaftsbetriebe zu rechnen. Das in Europa übliche Vorsorgeprinzip bei der Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte wird aufgeweicht. Die Leistungen der Daseinsvorsorge, so eben auch die sozialen Dienstleistungen, sind nicht ausreichend vor zukünftigen Privatisierungen und zunehmender Ökonomisierung geschützt. Die Verfahren zur sogenannten regulatorischen Kooperation bedeuten gerade durch ihre Intransparenz eine unkalkulierbare Gefahr für den letztgenannten Punkt.
Fünf EU-Mitgliedstaaten haben CETA bereits ratifiziert. In Deutschland ist die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat erforderlich. Aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag ist mit einer Annahme von CETA zu rechnen. Das Abstimmungsverhalten im Bundesrat ist dagegen noch offen.