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Deutscher Behindertenrat sieht Lücken in der Umsetzung der Europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie

Die Europäische Barrierefreiheitsrichtlinie verpflichtet unter anderem dazu, den Zugang zu audiovisuellen Medien barrierefrei zu gestalten. Mit dem Zweiten Medienänderungsstaatsvertrag der Länder traten zum Januar 2022 neue Vorgaben zur Barrierefreiheit in Kraft. So soll die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht erfolgen.

Der Deutsche Behindertenrat (DBR) ruft in einem Offenen Brief dazu auf, den Medienstaatsvertrag umgehend zu ergänzen.

Problematisch ist aus Sicht des DBR unter anderem der Vorbehalt, unter dem Diensteanbieter den Zugang, die Angebotsauswahl und die Nutzung audiovisueller Medien barrierefrei gestalten müssen. Dies muss geschehen, "sofern es sie nicht (...) unverhältnismäßig belastet (...)" (§99a MedÄndStV). Anders als im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, das ebenfalls Vorgaben der Europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie in deutsches Recht umsetzt, beschränkt sich der Vorbehalt nicht auf die Bereiche, in denen eine unverhältnismäßige Belastung besteht. Es handele sich vielmehr um einen Generalvorbehalt.

Darüber hinaus kritisiert der DBR, es seien keine begleitenden fachlichen Hilfen für Unternehmen vorgesehen, die auch kleinen und kleinsten Unternehmen die Umsetzung von Barrierefreiheit ermöglichen bzw. erleichtern würden. Es wäre sinnvoll gewesen, hier über Landesfachstellen für Barrierefreiheit Unterstützung zur Verfügung zu stellen.

Auch aus Verbraucher*innensicht bestünden Lücken, so der DBR. Es fehle an Vorgaben zu barrierefreien Kommunikation der Landesmedienanstalten mit Verbraucher*innen, die Regelungen zur Überwachung der Umsetzung von Barrierefreiheit erscheinen unklar und lückenhaft. Schließlich fehle es an Möglichkeiten, niedrigschwellige Schlichtungsverfahren einzuleiten.

All dies wäre für eine zielgerichtete barrierefreie Gestaltung von audiovisueller Medien und Mediendiensten essentiell. Um eine fristgerechte Umsetzung der Barrierefreiheitsrichtlinie zu ermöglichen fordert der DBR umgehende Ergänzungen des Medienänderungsstaatsvertrags: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und private Anbieter stehen hier gleichermaßen in der Pflicht. Zur Umsetzung braucht es verlässliche und klare rechtliche Vorgaben, gute begleitend fachliche Hilfen und eine effektive Marktüberwachung. Ohne ausreichend finanzielle Ressourcen lassen sich die europäischen Zielvorgaben des EAA nicht verwirklichen."