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Einkommenssteuerrechtliche Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Vollzeitpflege und anderen Betreuungsverhältnissen

Das Bundesministerium der Finanzen hat in Reaktion auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.3.2021 (VIII R 37/ 19) am 31.8.2021 ein neues Schreiben zur einkommensrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Vollzeitpflege und anderen Betreuungsverhältnissen veröffentlicht.

Damit gilt für Kinder in Vollzeitpflege, für die Erziehung in einer Tagesgruppe, für die Heimerziehung/ Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform, für die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung und für die Unterbringung und Betreuung bei Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen Folgendes:

A. Für die Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) gilt:

Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfreie Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt. Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen, wird eine Erwerbstätigkeit vermutet.

B. Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII)

Die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe wird durch angestellte Fachkräfte geleistet. Die Einnahmen sind nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

Wird die Hilfe zur Erziehung in geeigneten Formen der Familienpflege erbracht, so handelt es sich um Beihilfen, die unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Sie sind bei der Pflegeperson als steuerfreie Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG zu behandeln.

C. Heimerziehung/ Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform (§ 34 SGB VIII)

Die sozialrechtliche Einordnung entfaltet für die Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG keine Tatbestandswirkung, es kommt auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Die Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform iSd § 34 SGB VIII wird anders als bei den meisten Pflegefamilien isd § 33 SGB VIII grundsätzlich durch besonders qualifizierte Fachkräfte übernommen, sodass diese Form der Erziehungshilfe in diesen Einrichtungen regelmäßig erwerbsmäßig ausgeübt wird und eine berufliche Tätigkeit darstellt. Die hierfür gezahlten Gelder sind deshalb steuerpflichtig.

Ist die Betreuungsperson freiberuflich tätig, stellen die Zahlungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes Betriebseinnahmen dar.

D. Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35 SGB VIII)

Der Absatz wurde erweitert und beinhaltet nun Regelung, dass Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden, sind gemäß § 3 Nr. 11 EStG als steuerfreie Bezüge zu behandeln, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird.

Die Annahme einer steuerpflichtigen erwerbsmäßigen Betreuung ist dagegen gerechtfertigt, wenn die Umstände des Pflegeverhältnisses für den Vergütungscharakter der gezahlten Gelder sprechen (Anzahl der betreuten Kinder, kurzfristige Betreuung).

E. Leistungen des Jugendamtes über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe

Das BMF Schreiben wurde an die Rechtsprechung des BFH vom 25. März 2021 angepasst.

Grundsätzlich steht der Einstufung als steuerfreie Beihilfe der zu beurteilenden Leistungen nach § 39 SGB VIII an eine Betreuungsperson auch über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe nicht entgegen, wenn der Finanzbedarf der Leistungen in den Haushaltsplänen des Trägers des zuständigen Jugendamts festgestellt wird und der Rechnungskontrolle durch die Jugendhilfebehörde unterliegt. Für die erforderliche Kontrolle ist es ausreichend, wenn die Kontrolle anhand vorzulegender Unterlagen möglich ist. Unschädlich für die Steuerfreiheit ist des Weiteren, wenn der Träger einen Eigenanteil einbehält und nur ein Restbetrag für die Betreuung weitergeleitet wird.

Zu beachten ist jedoch, dass ab dem 1.1.2022 Pflegegelder eines freien Trägers der Jugendhilfe nur dann anerkannt werden, wenn anhand geeigneter Unterlagen dokumentiert ist, dass die folgenden Vorgaben kumulativ erfüllt sind:

  • Das zuständige Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, und billigt dies.
  • Dem zuständigen Jugendamt steht gegen den freien Träger ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zu, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung über die Mittelverwendung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann.

Es wird eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2021 gewährt, wonach für Pflegegelder eines freien Trägers der Jugendhilfe die Kriterien als erfüllt gelten.

Neu eingefügt wurden Abschnitte zu

- Erstattung zur Unfallversicherung und Altersvorsorge

- Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§§ 42, 42a SGB VIII) und

- Betreuungspersonen, die als Arbeitnehmer tätig sind.

Klargestellt wird, dass für angestellte Betreuungspersonen keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG gewährt werden kann.

 

Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem BMF Schreiben vom 31.8.2021