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Evaluation des Behindertengleichstellungsgesetzes veröffentlicht

Durch die Novellierungen des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) seit 2016 ist das Behinderungsverständnis und das Verständnis von Diskriminierungsschutz im Sinne einer Pflicht zu angemessenen Vorkehrungen differenzierter geworden. Instrumente zur Herstellung von Barrierefreiheit werden zunehmend bekannter. Trotzdem ist noch viel zu tun. Dies arbeitet der vorliegende Evaluationsbericht zum BGG deutlich heraus. Die Verfasser*innen empfehlen, das BGG rechtssystematisch und rechtspraktisch stärker mit dem Zivilrecht (AGG, BFSG), mit dem Sozialrecht und mit dem Landesrecht zu vernetzen.

Das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) zielt darauf, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Neben einer umfassenden Grundlagenevaluation sollte der Forschungsbericht verlässliche Erkenntnisse darüber liefern, ob die Ziele, die mit der Verabschiedung des BGG und der Novellierung in 2016 angestrebt wurden, erreicht wurden und sich die vorgenommenen Änderungen in der Praxis bewährt haben sowie weitergehende Handlungsempfehlungen aus sozial- und rechtswissenschaftlicher Sicht darstellen.

Im Rahmen der Evaluation wurde ein rechtswissenschaftliches Gutachten erstellt, das das BGG im Kontext des nationalen und internationalen Rechts analysiert und seine Auswirkungen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung auswertet. Zusätzlich wurden durch sozialwissenschaftliche Befragungen Kenntnisse und Einschätzungen zum BGG und den zugehörigen Verordnungen sowie Erfahrungen zur praktischen Umsetzung und Wirksamkeit des BGG aus den unterschiedlichen Perspektiven von Menschen mit Behinderungen, Mitarbeitenden in Behörden, Schwerbehindertenvertretungen und Rechtsschutzvertretungen erhoben.

Im Bericht werden eine Reihe von Ergebnissen vorgestellt und Handlungsbedarfe identifiziert, darunter:

  • Menschen mit Behinderung identifizieren den größten Handlungsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit im Öffentlichen Personennahverkehr, Bauwesen, Wohnungen und in der Arbeitswelt.
  • Es werden wenig Zielvereinbarungen nach § 5 BGG getroffen. Als Gründe werden mangelnde Bekanntheit des Instruments, fehlende Konsequenzen bei Nichteinhaltung durch Unternehmen und mangelnde Ressourcen in den Verbänden angegeben.
  • Verbandsklagen werden wenig genutzt. Problematisch ist, dass sie nur auf die Feststellung von Rechtsverstößen gerichtet sein können.
  • Das Schlichtungsverfahren nach § 16 BGG hat sich bewährt, es wird seit 2016 kontinuierlich genutzt, mehr als die Hälfte der zulässigen Fälle konnten geeint werden.
  • In Verwaltungsverfahren kommt es vor, dass der Anspruch auf Bereitstellung geeigneter Kommunikationshilfen für Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen nicht erfüllt wird.
  • Für Frauen mit Behinderungen müssen bedarfsgerechte und barrierefreie Schutz-, Hilfs- und Unterstützungsangebote sowie Präventionsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Ihre Bedarfe müssen darüber hinaus besser erforscht werden.
  • Die in § 11 BGG normierten Regelungen zur Leichten Sprache müssen verbessert werden.
  • Das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen sollte rechtlich aufgewertet werden.
  • Der Partizipationsfonds hat sich im Grundsatz bewährt, seit 2016 wurden über 50 Projekte gefördert, die eine bessere Beteiligung der Verbände behinderter Menschen auf Bundesebene zum Ziel haben.
  • Es besteht weiterhin Bedarf an Schulungen zum Thema Barrierefreiheit.