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Flexibel zum Ausbildungsabschluss - Paritätische Schulen für soziale Berufe

Erstellt von Bernd Kleiner

Offen für alle, auch für Menschen ohne Schulabschluss: Die Paritätischen Schulen für soziale Berufe in Offenburg und Hausach bieten ein Bündel an unterschiedlichen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, um neue Wege gehen zu können oder sich auf einem eingeschlagenen Pfad weiter zu qualifizieren.

Sahab, eine Sportlehrerin aus Syrien, Suhaila, eine Pharmazeutin aus Afghanistan, und Serdar, ein Maschinentechniker aus der Türkei, haben einiges gemeinsam. Sie haben in Offenburg und Umgebung ein neues Zuhause gefunden. Sie werden dort aber kaum in ihren angestammten Berufen arbeiten können. Deswegen haben sich die drei zu einem Neuanfang entschlossen. Sahab, Suhaila und Serdar absolvieren eine 22-monatige Ausbildung zu Altenpflegehelfer/-innen inklusive Sprachförderung. Praktische Erfahrung sammeln alle Teilnehmenden dieses Bildungsangebots in Senioreneinrichtungen in der Region. Serdar hatte zuvor bereits seine Großmutter gepflegt: „Ich liebe es, mit alten Menschen umzugehen.“ Die Arbeit mit den Bewohnern mache Spaß, bekräftigt Sahab, bekennt aber: „Das Problem ist die Sprache.“ Praktikum und Unterricht müssen auf Deutsch bestritten werden, da stoßen die Migranten mit ihren Alltagskenntnissen oft an ihre Grenzen. Hier setzt die Sprachförderung an.

Deutsch lernen ist genau so wichtig

Der Weg ist steinig. Nesrin, eine der Teilnehmenden, beschreibt ihn in vier Stufen: „Ich muss das Gehörte erst einmal verstehen, dann für mich übersetzen, dann wieder sprechen und noch schreiben können.“ Doch sie und ihre Mitauszubildenden büffeln eifrig Vokabeln und Grammatik, weil am Ende das B2-Sprachzertifikat steht. Und dieses wiederum ist eine wichtige Voraussetzung für eine Fachausbildung, zum Beispiel in der Alten- oder in der Krankenpflege, was Suhaila gern machen würde.
Die künftigen Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer kommen jeden Mittwoch zum Sprachunterricht in der Volkshochschule zusammen. Montags und dienstags arbeiten sie in ihren Einrichtungen. Donnerstag und Freitag findet die Ausbildung in der Schule statt, mit theoretischen Unterweisungen und praktischen Übungen im sogenannten Demo-Raum am Standort Hausach.
Der Ausbildungsgang ist keineswegs nur für Migranten konzipiert. Er steht allen offen, die aus unterschiedlichen Gründen auf dem normalen Ausbildungsmarkt geringere Chancen haben. Wer keine Sprachförderung benötigt, kann zum Beispiel ein Coaching in Lebenshilfe-Frage in Anspruch nehmen. Diana hat sich für die Ausbildung entschieden, weil diese in Teilzeit und damit auch ihr als alleinerziehender Mutter möglich ist. Ihr gefällt es in der Altenpflege, und „ihre“ Einrichtung würde sie gern übernehmen. „Aber es wäre Schichtarbeit, und das würde mit den Kindern schwierig werden“, sagt Diana. Eines ist ihr und den anderen Teilnehmenden gewiss: Die erworbene Qualifikation kann ihnen auf jeden Fall einen Weg ins Arbeitsleben ebnen, zum Beispiel in der Tagespflege oder in einer Sozialstation.

Von Hauptschule bis Studienbegleitung ist alles möglich

Die Paritätischen Schulen eröffnen auch Menschen ohne Schulabschluss eine Perspektive. Ihnen bietet sich eine Ausbildung zu Alltagsbetreuern und Alltagsbetreuerinnen an, in deren Rahmen sie den Hauptschulabschluss erwerben. Die Teilnehmenden qualifizieren sich damit als nichtpflegerische Kräfte, die hilfsbedürftigen Menschen zum Beispiel mit hauswirtschaftlichen Dienstleistungen zur Seite stehen.
„Unser vertikales Bildungsangebot reicht vom Erlangen des Hauptschulabschlusses bis zur Ausbildung mit Studienbegleitung“, beschreibt der Leiter der Paritätischen Schulen, Oliver Heitz, deren Spektrum (siehe Infokasten). Hinzu kommt ein breites Fortbildungsprogramm. „In der Ausbildung sind wir eng mit der Praxis verzahnt“, so Heitz. Das spiegelt sich in der Rolle der sogenannten Praxisbegleiter wieder. Diese stehen den Auszubildenden zur Seite. Die Praxisbegleiter „schauen zum Beispiel, ob sie auch im Alltag den Katheter richtig legen“, erklärt Oliver Heitz. Über die Praxisbegleiter bleiben Schule und Einrichtungen in ständigem Gespräch und lernen voneinander. Davon profitieren letztlich die Auszubildenden. Dialog ist ebenfalls ein Kennzeichen des Unterrichts. Voneinander und miteinander lernen, lautet das Motto. Die Teilnehmenden können den Unterricht mitgestalten, die Lehrkräfte – 36 festangestellte Dozentinnen und Dozenten – sind flexibel. Als Richtschnur gilt, „handlungskompetent auszubilden“, wie es Oliver Heitz formuliert.

Zähneputzen will gelernt werden

Dieses „Voneinander-Miteinander-Lernen“ prägt auch die angehenden Altenpflegehilfskräfte. „Es ist ein sehr lebendiger Unterricht. Alle bringen sich ein“, sagt die zuständige Dozentin Sabine Armbruster. Das kommt vor allem bei den praktischen Übungen im Demo-Raum zum Ausdruck. Beispiel Mundhygiene: Im Gegensatz zur Patientenpuppe, die geduldig jeden Handgriff über sich ergehen lässt, setzen sich die Senioren in der Einrichtung schon mal gegen allzu gründliches Zähneputzen zur Wehr. Was tun? Prompt setzt ein lebhafter Erfahrungsaustausch über unterschiedliche Anweisungen in den einzelnen Häusern ein. Sabine Armbruster hört aufmerksam zu, gibt Rat: Man kann den hartnäckigen Verweigerern ja erst einmal den Willen lassen - und später einen zweiten Versuch starten!

 

Die Paritätischen Schulen für soziale Berufe mit jährlich mehr als 300 Teilnehmenden bieten staatlich anerkannte Ausbildungen in den Bereichen Alltagsbetreuung, Altenpflegehilfe, Altenpflege, Arbeitserziehung, Jugend-/Heimerziehung, Heilerziehungspflege und Ergotherapie. Zu den Fortbildungsmöglichkeiten gehören unter anderem eine medizinisch-pflegerische Qualifizierung für pädagogische Fachkräfte, eine pädagogische Qualifizierung für Pflegefachkräfte, die Weiterbildung zu Gruppen- bzw. Teamleitern und -leiterinnen in der Behinderten- und Jugendhilfe, außerdem Schulungen in Gesprächsführung, Konfliktlösung und Gedächtnistraining.

Kontakt:
Paritätische Schulen für
soziale Berufe
Offenburg und Hausach
Ansprechpartner: Oliver Heitz, Schulleiter
Tel.: 07831/9685-0
E-Mail: info(at)pari-schulen.de
Internet: www.pari-schulen.de

Dieser Artikel ist aus unserem aktuellen Verbandsmagazin. Lesen mehr Reportagen und Beiträge rund um das Schwerpunktthema "Recht auf Bildung" in der aktuellen Ausgabe Der Paritätische 04/2018.