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Geschlechtliche Selbstbestimmung - Anhörung im Innenausschuss des Bundestages

Der Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen „zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes“ (19/19755) steht am Montag, 2. November 2020, im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat.

Wie die Fraktion ausführt, hat das Parlament mit der Änderung des Personenstandsgesetzes Anfang 2019 eine dritte Option beim Geschlechtseintrag („divers“) geschaffen, doch sei beanstandet worden, dass „die Entscheidung über den Geschlechtseintrag von der Vorlage eines ärztlichen Attestes abhängig gemacht wird“. Zudem bleibe unklar, „ob das Gesetz transsexuelle, transgeschlechtliche und transidente Menschen ausschließt, die sich immer noch durch das unwürdige Verfahren nach dem Transsexuellengesetz quälen müssen“.

Das Transsexuellengesetz stelle für die Änderung der Vornamen und die Berichtigung des Geschlechtseintrages entsprechend der selbst bestimmten Geschlechtsidentität „unbegründete Hürden auf, die das Selbstbestimmungsrecht in menschenunwürdiger Weise beeinträchtigen“. Des Weiteren verweisen die Abgeordneten darauf, dass in Deutschland an intergeschlechtlichen Kindern immer noch genitalverändernde Operationen vorgenommen würden, „die medizinisch nicht notwendig sind“.

Dem Entwurf zufolge soll das Transsexuellengesetz durch das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt und im Personenstandsgesetz klargestellt werden, „dass alle Menschen eine Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei einem Standesamt abgeben können“. Zudem soll das Selbstbestimmungsgesetz genitalverändernde chirurgische Eingriffe bei Kindern verbieten sowie unter anderem „einen Anspruch auf Achtung des Selbstbestimmungsrechts bei Gesundheitsleistungen“ statuieren, Bund, Länder und Kommunen zum Ausbau der bisherigen Beratungsangebote verpflichten und eine „Regelung für trans- und intergeschlechtliche Eltern“ einführen.

Auch die FDP-Fraktion hat einen eigenen Gesetzesentwurf in die Diskussion im Ausschuss eingebracht, in welchem sie die Regierung ebenfalls auffordert, das bisherige Transsexuellengesetz sowie den § 45b des Personenstandsgesetz abzuschaffem. Alternativ soll ein neues „Gesetz zur Selbstbestimmung über die Geschlechtsidentität“ eingeführt werden, welches allen Personen die Selbstbestimmung über die geschlechtliche Identität erlaubt. Medizinische Leistungsansprüche bei Geschlechtsinkongruenz und Intergeschlechtlichkeit werden im SGB V verankert. Genitalverändernde Operationen an intergeschlechtlichen Kindern werden wirksam verboten, sofern sie nicht zur Abwendung einer Gefahr für das Leben oder einer erheblichen Gefahr für die Gesundheit des Kindes dienen. Die FDP-Fraktion sieht in ihrem Gesetzesentwurf darüber hinaus vor, das Paßgesetz so zu ändern, dass künftig auch die Geschlechtsangabe „X“ möglich ist.

Die Fraktion der LINKEN haben einen Antrag zum Thema eingereicht, in welchem sie folgendes fordert:

- einen Gesetzentwurf für Entschädigungsleistungen zugunsten der Betroffenen binnen eines Jahres nach Beschlussfassung vorzulegen;

- ein Gutachten zur Aufarbeitung menschenrechtswidriger medizinischer Maßnahmen an trans*-und intergeschlechtlichen Personen sowie zu Zwangsscheidungen aufgrund des TSG vorzulegen; die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wird mit der Erstellung des Gutachtens betraut und finanziell entsprechend ausgestattet;

- sicherzustellen, dass die betroffenen Patient*innen-Akten vorerst aufgehoben werden, auch wenn die Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind.

Auch der Paritätische setzt sich vehement für die Sicherstellung des geschlechtlichen Selbstbestimmungsrechts ein und fordert die Regierung auf, entsprechende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, und die bestehende Diskriminierung in Gesetzen aufzuheben.

Der Bundesverband Trans* e. V., Mitglied im Paritätischen Gesamtverband, wird im Rahmen der Anhörung Stellung beziehen. Die entsprechende Stellungnahme ist hier verlinkt.

1917791_Antrag LINKE.pdf1920048_Gesetzesentwurf FDP.pdf1919755-1.pdf1919755-1.pdfA-Drs-19-4-626-D-data.pdfA-Drs-19-4-626-D-data.pdf