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Paritätische Anmerkungen zum Bildungsbericht 2018

Der 7. Bildungsbericht der Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) strebt eine umfassende empirische Bestandsaufnahme für das deutsche Bildungswesen an. Auf 361 Seiten werden allgemeine Befunde und spezielle Einblicke, angefangen bei der frühen Bildung bis hin zu Formen non-formaler Bildung und informellen Lernens, beschrieben. Der Bildungsbericht 2018 geht schwerpunktmäßig der Frage nach dem Ertrag und der Wirkung von Bildung nach. Einige optimistische Kernaussagen des Berichtes lassen sich wie folgt zusammenfassen: die Anzahl der Bildungsteilnehmer/-innen steigt durch mehr Geburten und Einwanderung, immer mehr Menschen erzielen höhere Bildungsabschlüsse und längere Schulzeiten führen zu höherer Bildung, höherer Zufriedenheit, höheren Einkommen und einer höheren Beteiligung bei Wahlen. Aus Sicht des Paritätischen werden aber insbesondere die Herausforderungen für die kommenden Jahre deutlich.

Steigende Geburtenzahlen und Einwanderung führen zu mehr Bildungsteilnehmer/-innen. Die Zahl der Geburten in Deutschland steigt. Im Jahr 2016 wurden ca. 792.000 Kinder geboren. Erst ab 2021 wird mit einem langsamen Rückgang gerechnet.Die steigende Zahl der Bildungsteilnehmer/-innen geht aber nicht nur auf die Geburtensteigerung zurück, sondern auch auf die vermehrten Zuzüge aus dem Ausland, immer früherer Bildungsbeteiligung und den Trend zur Höherqualifizierung.

Die Bildungsungleichheit ist manifest. Die sozialen Disparitäten im Bildungsbereich und Bildungsungleichheiten sind nach wie vor stark ausgeprägt. Der Trend zu mehr Bildung hat leider keine positiven Auswirkungen auf Kinder aus bildungsfernen Schichten.Das zeigt sich auf allen Stufen des Bildungssystems und in unterschiedlichsten Aspekten der Bildungsteilhabe sowie der Bildungsergebnisse. Wenn Eltern einen Hochschulabschluss haben, studieren in der Regel (79 Prozent der Fälle) auch ihre Kinder. Haben die Eltern eine berufliche Ausbildung und kein Abitur, studieren nur 24 Prozent der Kinder. Der Anteil der Schulabgänger ohne Schulabschluss verringert sich nicht. Er ist im Vergleich sogar leicht angestiegen. Mit 49.300 Schulabgänger/-innen bzw. 6 Prozent der gleichaltrigen Bevölkerung haben 2016 wieder mehr Jugendliche als in den Vorjahren die Schule verlassen, ohne mindestens den Hauptschulabschluss erreicht zu haben. Dabei handelt es sich vornehmlich um einen Anstieg von ausländischen Jugendlichen. Der Bericht prognostiziert: „Die Kluft zwischen Personen, die ihre Bildungserfolge Schritt für Schritt steigern können, und anderen, deren ungünstigen Ausgangslagen langfristig nachwirken, könnte größer werden.“ (S.14)

Die Anzahl von Kindern in bildungsbezogenen Risikolagen ist hoch. Jedes vierte minderjährige Kind ist von bildungsbezogenen Risikolagen betroffen. Sie wachsen in Haushalten mit erwerbslosen oder formal gering qualifizierten Eltern auf oder in armutsgefährdeten Haushalten. Der Anteil an Kindern in mindestens einer dieser Risikolagen ist in den letzten Jahren leicht gesunken, liegt aber immer noch bei 30 Prozent. Kinder mit Migrationshintergrund und von Alleinerziehenden wachsen auch weiter überproportional häufig unter der Belastung dieser Risikolagen auf.

Kinder und Jugendliche mit Migrationsgeschichte sind die Verlierer/-innen in unserem Bildungssystem. Kinder in Familien mit Migrationshintergrund leben weiterhin deutlich häufiger in formal schlechter gebildeten Elternhäusern. In den Familien mit Migrationshintergrund – mit deutlichen Unterschieden in Abhängigkeit vom Herkunftsland - haben die Eltern deutlich häufiger weder eine Hochschulzugangsberechtigung noch eine abgeschlossene Berufsausbildung: 12 Prozent aller Kinder leben in schlechter gebildeten Elternhäusern mit entsprechenden Risiken für eine erfolgreiche Bildung, darunter 24,7 Prozent der Kinder unter 18 Jahren mit Migrationshintergrund und 5 Prozent der Kinder unter 18 Jahren ohne Migrationshintergrund. So gehen auch die 16-30 Jährigen mit Migrationshintergrund weiterhin seltener auf eine Hochschule als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund.

Die Heterogenität in den Bildungseinrichtungen wächst. Migration und Inklusion, aber auch die erweiterte Durchlässigkeit der Bildungsangebote führen dazu, dass die Kitas und Schulen immer unterschiedlicheren Ausgangslagen der Teilnehmenden gerecht werden müssen. So ist etwa die Anzahl der Kinder in Kindertagesbetreuung, die in der Familie vorrangig nicht Deutsch sprechen, zwischen 2006 und 2017 von 363.000 auf 553.000 gestiegen.

Der Betreuungsbedarf von Kindern steigt. Aufgrund der gestiegenen Erwerbsbeteiligung der Frauen ist das „Alleinverdiener-Modell“ der Familienväter nur noch in jeder 5. Familie anzutreffen. Auch in jeder 5. Familie sind bereits beide Elternteile voll erwerbstätig.In rund der Hälfte der Familien ist der Mann in Vollzeit und die Frau teilzeitbeschäftigt. Der Trend zeigt eine zunehmende Erwerbstätigkeit und zunehmendes Arbeitszeitvolumen bei Müttern und folglich einen steigenden Betreuungsbedarf auch von älteren Kindern an.

Es wird zunehmend mehr Personal gebraucht. Die steigende Zahl an Bildungsteilnehmer/-innen, der steigende Betreuungsbedarf von Kindern und die altersmäßige Zusammensetzung des vorhandenen Personals lässt den Personalbedarf im Bildungs- und Ausbildungsbereich in den nächsten Jahren erheblich wachsen. Allein in der Kindertagesbetreuung für Kinder bis zum Schuleintritt wird bis zum Jahr 2025 von einem Mindestpersonalbedarf von 313.000 Fachkräften ausgegangen.

Eine weitere Ausführung zu den Bereichen Frühe Bildung, Betreuung und Erziehung, Allgemeinbildende Schulen und Berufliche Bildung ist als Anlage beigefügt.

Paritätische_Fachinfo_Bildungsbericht2018_final.pdfParitätische_Fachinfo_Bildungsbericht2018_final.pdf