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Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen beschlossen

Am 04.03.2021 fand die 2./3. Lesung des EpiLage-Fortgeltungsgesetz im Bundestag statt. Der Bundestag hat das Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen beschlossen.

Das Gesetz umfasst insgesamt 11 Artikel und sieht u.a. folgende Regelungen vor:

  • Die der Feststellung einer epidemischen Lage zu Grunde liegende Norm des § 5 IfSG sowie die Regelungen zu Anordnungen und zum Erlass von Rechtsverordnungen im Rahmen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite werden nicht aufgehoben. Der Deutsche Bundestag hat jedoch bei entsprechender Lage mindestens alle drei Monate über die Fortdauer der epidemischen Lage von nationaler Tragweite erneut zu entscheiden. Die seit einem Jahr bestehende epidemische Lage gilt nun bis Ende Juni und gilt als aufgehoben, wenn das Parlament das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Trageweite bis dahin nicht erneut feststellt.
  • Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beauftragt eine externe wissenschaftliche Evaluation der Regelungsgesamtheit zur epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Die Evaluation soll interdisziplinär erfolgen und insbesondere auf Basis epidemiologischer und medizinischer Erkenntnisse die Wirksamkeit der Maßnahmen und Regelungen zur epidemischen Lage von nationaler Tragweite untersuchen. Die Untersuchung soll durch unabhängige Sachverständige erfolgen, die jeweils zur Hälfte von der Bundesregierung und vom Dt. Bundestag benannt werden. Das Ergebnis soll der Bundesregierung bis zum 31. Dezember 2021 und bis zum 31. März 2022 mit einer Stellungnahme der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag vorliegen. (§5 Abs. 9 IfSG). Damit könnte der Forderung der BAGFW nach Modernisierung bzw. Aktualisierung des Infektionsschutzgesetzes in Hinblick auf die Aufnahme z.B. von Frauenhäusern und vergleichbaren Gewaltschutzeinrichtungen in das IfSG Rechnung getragen werden.
  • Pandemierelevante Verordnungsermächtigungen und Rechtsverordnungen sollen künftig nur noch an die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite anknüpfen und nicht mehr spätestens mit Ablauf des 31. März 2021 oder, im Fall einer Verordnung auf Grund des § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 10 IfSG, spätestens mit Ablauf des 31. März 2022 außer Kraft treten.
  • In § 20 Absatz 2a IfSG werden Impfziele festgelegt, an denen sich die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszurichten haben. Damit soll der Rahmen für Priorisierungsentscheidungen auf Grundlage der Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 SGB V verstärkt werden. Die BAGFW hat die Festlegung von Impfzielen in ihrer Stellungnahme begrüßt, jedoch kritisiert, dass das wichtige Ziel des Schutzes von Personen in Settings mit einem hohen Anteil von vulnerablen Gruppen und mit hohem Ausbruchspotenzial im Gesetzesentwurf gestrichen und auch nicht wieder aufgenommen wurde. Die von den Wohlfahrtsverbänden geforderte Berücksichtigung behinderungsspezifischer Ansteckungsrisiken wurde jedoch gefolgt. Nummer 4 sieht nun den „Schutz von Personen mit besonders hohem behinderungs-, tätigkeits- oder aufenthaltsbedingtem Infektionsrisiko“ vor. Ebenso aufgenommen wurde die Aufrechterhaltung zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge (Nr. 5). Die aufgrund des § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe f sowie des § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Rechtsverordnungen haben sich an den in Satz 1 genannten Impfzielen im Fall beschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen bei notwendigen Priorisierungen auszurichten.
  • Mit dem Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) vom 10.02.2020 wurde vorgesehen, dass bestimmte Personengruppen, u. a. Personen, die bereits am 01.03.2020 in Gemeinschaftseinrichtungen untergebracht waren oder dort arbeiten, den Nachweis über eine erfolgte Masernimpfung bis zum 31. Juli 2021 erbringen müssen. Mit der Änderung wird diese Frist bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Organisation der Prüfung der Nachweispflicht wegen der andauernden Covid-19 Pandemie erschwert sein kann. (§ 20 Abs. 10 und 11 IfSG)
  • § 24 Satz 2 des IfSG enthält eine Ausnahme von dem in § 24 Satz 1 IfSG normierten Arzt- und Heilkundevorbehalt. Satz 2 regelte, dass Satz 1 (Arzt- und Heilkundevorbehalt) für bestimmte Anwendungen von In-vitro-Diagnostika, z.B. für patientennahe Schnelltests bei Testung auf HIV, Hepatitis, Sars-CoV-2 nicht gilt. In der Praxis wurde die Regelung jedoch z. T. so ausgelegt, dass es sich hierbei lediglich um eine Ausnahme vom Arztvorbehalt, nicht jedoch auch vom Heilkundevorbehalt handelt. Die Änderung des Satz 2 stellt nun klar, dass entsprechende Tests von Personen unabhängig ihrer beruflichen Qualifikation angewandt werden können. § 24 Satz 2 IfSG: „Abweichend von Satz 1 ist Personen unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation die Anwendung von In-vitro-Diagnostika, die für patientennahe Schnellstes bei Testung auf HIV, Hepatitis C-Virus, Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 und Treponema pallidum verwendet werden, gestattet.“
  • § 28a Abs. 3: IfSG wurde dahingehend erweitert, dass bei der Frage, wann Schutzmaßnahmen aufzuheben oder einzuschränken sind, künftig nicht mehr nur der Inzidenzwert Berücksichtigung finden soll. Stattdessen soll bei der Prüfung der Aufhebung oder Einschränkung der Schutzmaßnahmen künftig auch die Anzahl der gegen Covid-19 geimpften Personen und die zeitabhängige Reproduktionszahl (r-Wert) berücksichtigt werden.
  • Die Regelung des § 56 Absatz 1a IfSG (Entschädigung) wird ebenfalls an die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite geknüpft und die Befristung zum 31. März 2021 aufgehoben.
  • Die Verordnung zur Sicherung der Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen während einer epidemischen Lage von nationaler Trageweite wird wie folgt geändert: Eine Praxisanleitung kann auch durch eine Person erfolgen, deren berufspädagogische Zusatzqualifikation begonnen hat und nicht wie bislang bis zum 30. Juni 2021 sondern bis zum 30. September 2022 abgeschlossen werden kann. Ferner tritt die Verordnung nunmehr ein Jahr nach der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Dt. Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 2 des IfSG außer Kraft.
  • In § 20i SGB V wird festgelegt, dass sofern in einer Rechtsverordnung ein Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 festgelegt wird, in dieser Verordnung zugleich im Fall beschränkter Verfügbarkeit von Impfstoffen eine Priorisierung der Anspruchsberechtigten nach Personengruppen festgelegt werden kann. Dabei sind die in § 20 Abs. 2a Satz 1 IfSG (siehe oben) genannten Impfziele zu berücksichtigen. Als Priorisierungskritierien kommen insbesondere das Alter der Anspruchsberechtigten, ihr Gesundheitszustand, ihr behinderungs-, tätigkeits- oder aufenthaltsbedingtes Expositionsrisiko sowie ihre Systemrelevanz in zentralen staatlichen Funktionen, kritischen Infrastrukturen oder zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge in Betracht. Als Priorisierungskriterium soll nun neu gegenüber dem Gesetzesentwurf auch ein aufenthaltsbedingtes Expositionsrisiko berücksichtigt werden, um bspw. auch Personen zu berücksichtigen, die aufgrund ihres Wohnumfeldes einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt sind.
  • Die coronabedingte Erhöhung der Pflegehilfsmittelpauschale auf monatlich bis zu 60 Euro wird in § 40 SGB XI bis zum 31.12.2021 verlängert.
  • In § 114 SGB XI wird die Regelprüfung im Lichte der aktuellen pandemischen Situation vor Ort flexibilisiert. Eine Regelprüfung ist in allen zugelassenen Pflegeeinrichtungen durchzuführen, wenn die Situation vor Ort es aufgrund der SARS-CoV-Pandemie zulässt. Hierzu sollen Festlegungen zur Angemessenheit bezüglich der Durchführung von Qualitätsprüfungen nach Infektionslage erarbeitet werden. Anlassprüfungen werden durch die Regelung nicht tangiert. Ob die Anlassprüfungen in Form einer Begehung der Pflegerichtung oder der Häuslichkeit der Pflegebedürftigen stattfinden können, haben die Landesverbände der Pflegekassen und die Medizinischen Dienste in Absprache mit den lokalen Behörden, insbesondere den Gesundheitsämtern im Einzelfall zu entscheiden.
  • In § 114b SGB XI wird die Erprobungsphase der Erhebung von Qualitätsindikatoren (31.12.2021) sowie der Start der regelhaften halbjährlichen Erhebung (ab 1.1.22) um 12 Monate verschoben. Damit sollen vollstationäre Pflegeeinrichtungen während der Corona-Pandemie entlastet werden. Die Einführungsphase der Datenerfassungen endet somit erst am 31. Dezember 2021. Bis dahin sollen alle vollstationären Pflegeeinrichtungen eine Datenerhebung durchgeführt und an die Datenauswertungsstelle übermittelt haben. Die Veröffentlichung der Qualitätsdaten gemäß Qualitätsdarstellungsvereinbarung beginnt erst mit den ab dem 1. Januar 2022 durchzuführenden Datenerhebungen.
  • Um nach den Aussetzungen der Qualitätsprüfungen und den Verschiebungen der Datenerhebungen eine belastbare Datengrundlage zu ermöglichen, wird in § 114c SGB XI geregelt, dass eine Verlängerung des Prüfrhythmus erst ab dem 1. Januar 2023 möglich ist. Darüber hinaus erfolgt durch die Änderung der Wortwahl in Satz 1 am Ende und in Satz 4 eine Klarstellung, dass die Verlängerung des Prüfrhythmus im konkreten Fall auf der Grundlage der Qualitätsergebnisse von im vorangegangenen Zeitraum erbrachten pflegerischen Leistungen festgelegt wird. Zudem wird die Frist zur Vorlage eines ersten Berichts des Spitzenverbands der Pflegekassen auf den 30.06.2022 verschoben. Der zweite Bericht soll die Ergebnisse einer Evaluation der in den Qualitätsdarstellungsvereinbarungen festgelegten Bewertungssystematik für die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen beinhalten, die durch eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung oder einen unabhängigen Sachverständigen durchzuführen ist. Die Frist zur Vorlage des zweiten Berichts ist auf den 31. März 2023 verschoben. (§114c Abs. 3 SGB XI)
  • § 147 SGB XI: Die Möglichkeit einer Begutachtung ohne persönliche Untersuchung des Versicherten wird bis 30.06.2021 verlängert.
  • § 148 SGB XI: Die Sonderregelung, nach der die von den Pflegebedürftigen abzurufende Beratung telefonisch, digital oder per Videokonferenz erfolgen kann, wenn die oder der Pflegebedürftige dies wünscht, wird bis zum 30.06.2021 verlängert.
  • Der Gesetzesentwurf sah in § 150 SGB XI für den Langzeitpflegebereich vor, dass die Erstattung von Mindereinnahmen über den Pflege-Rettungsschirm nach dem 31.03.2021 ausgelaufen wäre, es sei denn, der Betrieb von Pflegeeinrichtungen und Angeboten nach § 45a SGB XI würde aufgrund behördlicher Auflagen oder landesrechtlicher Regelungen geschlossen oder eingeschränkt, wodurch Einnahmeausfälle entstünden. Diese verfrühten Einschränkungen wurden massiv kritisiert. Infolgedessen wurde durch den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages ein Änderungsantrag eingebracht und in 2. u. 3 Lesung im Bundestag beschlossen, der die unveränderte Fortgeltung aller Pflege-Rettungsschirmregelungen bis zum 30.06.2021 vorsieht. Hierzu zählt auch die Verlängerung der Übertragbarkeit von nicht verbrauchten Mitteln für Angebote zur Unterstützung im Alltag (§ 45a/b SGB XI) aus dem Jahr 2019 und 2020 bis zum 30.09.2021.
  • Mit § 153 SGB XI wird die Möglichkeit geschaffen, dass mittels Rechtsverordnung die soziale Pflegeversicherung für die pandemiebedingten Mehrausgaben einen Zuschuss aus Mitteln des Bundeshaushaltes erhält.
  • Die pandemiebedingten Änderungen des Pflegezeit- und Familiengesetzes werden bis zum 30.06.2021 verlängert: Dazu gehören u.a. das Recht, der Arbeit zur Bewältigung einer pandemiebedingten akuten Pflegesituation bis zu 20 Arbeitstage fernzubleiben, die Aufhebung der starren Regelungen, wonach Familienpflegezeit und Pflegezeit unmittelbar aneinander anschließen müssen sowie die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Pflegezeit für die Pflege und Betreuung desselben nahen Angehörigen, auch wenn bereits in Anspruch genommene Familienpflegezeit beendet ist.


Das Gesetz muss am 26.03.2021 den Bundesrat passieren und könnte dann zum 01.04.2021 in Kraft treten.

Bitte beachten Sie zum EpiLage-Fortgeltungsgesetz auch die Paritätischen Fachinformationen vom 4.2.21, 12.2.21 und vom 19.2.21 sowie die angefügten Anlagen.

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