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Bundestag beschließt Änderungen des Infektionsschutzgesetzes - Bundesrat billigt Änderungen trotz vehementer Kritik

In einer Sondersitzung hat der Bundesrat am 18. März 2022 trotz vehementer Kritikäußerung die vom Bundestag kurz zuvor beschlossenen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gebilligt. Kritisiert wurde insbesondere die Kurzfristigkeit des Gesetzgebungsprozesses und die mangelnde Länderbeteiligung bei der Konzeption der Änderungsfassung.

Nach dem Auslaufen der Rechtsgrundlage für die meisten Corona-Schutzmaßnahmen im IfSG stehen damit künftig und abseits einer durch den Deutschen Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite nur noch einige wenige Maßnahmen zur Pandemieeindämmung zur Verfügung. Dies hatte der Paritätische bereits im Vorfeld stark kritisiert. Der beschlossene Gesetzestext ist weitgehend übereinstimmend mit der von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Entwurfsfassung.

Für das neue IfSG bedeutet das im Einzelnen:

  1. Bundesweite Basisschutzmaßnahmen: Seit dem 20. März 2022 sind die Länder unabhängig vom lokalen Infektionsgeschehen nur noch dazu befugt, niedrigschwellige Basisschutzmaßnahmen anzuordnen. Hierzu gehören Maskenpflichten in einzelnen Einrichtungen und Unternehmen, wie z. B. in Krankenhäusern, Arztpraxen, voll- und teilstationären Pflege- und Betreuungseinrichtungen, ambulanten Pflegediensten, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Tageskliniken, Rettungsdiensten, Obdachlosenunterkünften und Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern und im ÖPNV sowie Testpflichten in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen, wie z. B. in Krankenhäusern, voll- und teilstationären Pflege- und Betreuungseinrichtungen, ambulanten Pflegediensten, Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern, Schulen, Kindertageseinrichtungen und Justizvollzugsanstalten (vgl. § 28a Absatz 7 IfSG).
     
  2. Hot Spot-Regelung: Bei lokal begrenzten, bedrohlichen Infektionslagen (sogenannten "Hot Spots") – z. B. durch die Prävalenz einer gefährlicheren Virusvariante oder eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems – sind erweiterte Schutzmaßnahmen möglich, wie etwa umfassende Maskenpflichten, Abstandsgebote im öffentlichen Raum, die Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises und die Verordnung von Hygienekonzepten in den von § 23 Absatz 3 Satz 1 und § 36 Absatz 1 umfassten Einrichtungen und Unternehmen (vgl. § 28a Absatz 8 IfSG). Voraussetzung hierfür ist, dass das jeweilige Landesparlament eine konkrete Gebietskörperschaft zu einem solchen Hot Spot deklariert und die Anwendbarkeit der Schutzmaßnahmen feststellt.
     
  3. Impf-, Genesenen- und Testnachweise: Die Definitionen des Impf-, Genesenen- und Testnachweises sind künftig nicht mehr in der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (Corona-SchAusnahmV), deren Änderung der Bundesrat am 18. März 2022 ebenfalls zugestimmt hat, sondern im IfSG selbst enthalten. Das Gesetz ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates abweichende Anforderungen an solche Nachweise zu regeln. Insbesondere hinsichtlich der Definition des Impfstatus wird eine grundlegende Anpassung vorgenommen, womit ein vollständiger Impfschutz (bei bislang nicht mit SARS-CoV-2-Infizierten) ab dem 01. Oktober 2022 erst dann vorliegt, sofern drei Einzelimpfungen erfolgt sind und die dritte Einzelimpfung mindestens 3 Monate nach der zweiten Einzelimpfung verabreicht wurde. Für Genesene werden unter bestimmten Umständen Ausnahmeregelungen formuliert, sodass diese auch mit zwei Einzelimpfungen nach dem 01. Oktober 2022 als vollständig geimpft gelten können (vgl. § 22a Absatz 1 IfSG).
     
  4. Impfquoten-Monitoring: Zudem wird für den Bereich stationärer Pflegeeinrichtungen das verpflichtende Impfquoten-Monitoring verstetigt. Hierunter fallen die von § 20a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erfassten voll- und teilstationären Einrichtungen, die zugelassene Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 des SGB XI sind. Diese werden verpflichtet, dem Robert Koch-Institut monatlich Angaben zum Anteil der Personen, die gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft sind, jeweils bezogen auf die Personen, die in der Einrichtung beschäftigt sind oder behandelt, betreut oder gepflegt werden oder untergebracht sind, in anonymisierter Form zu übermitteln. Eine entsprechende und zeitlich unbefristete Folgeänderung wurde in § 72 Absatz 3 Satz 1 Nr. 6 (neu) SGB XI aufgenommen.
     
  5. Test- und Zutrittskonzepte: Die bislang in § 28b IfSG geregelten, umfassenden Bestimmungen zu
    - "3G am Arbeitsplatz",
    - der Pflicht, Beschäftigten im Fall von Büroarbeit eine Tätigkeit zu Hause anzubieten ("Home-Office") sowie
    - den Test- und Zutrittskonzepten für medizinische und pflegerische Einrichtungen
    sind zum 19. März 2022 ausgelaufen. Jedoch wurden die einrichtungsbezogenen Testkonzepte gemäß der Coronavirus-Testverordnung bis zum 30. Juni 2022 verlängert. Hierzu hatte die BAGFW im Vorfeld eine Stellungnahme eingereicht, in der die avisierte Verlängerung der Testverordnung grundsätzlich begrüßt wird, verbunden mit der Forderung, dass die dadurch entstehenden Test- und Testpersonalkosten in den betroffenen Einrichtungen und Diensten in dem Maße und solange refinanziert werden, wie die Länder von dieser Verordnungsmöglichkeit Gebrauch machen.
     
  6. Übergangsregelung: Sofern die Länder noch vor dem 19. März 2022 Schutzmaßnahmen erlassen haben, die künftig unter die Neuregelungen nach § 28a Absatz 7 und 8 IfSG fallen würden, können diese noch bis zum 02. April 2022 weiter Anwendung finden, ohne dass es dafür zusätzliche Verordnungs-/ Gesetzgebungsprozesse bedürfe.

Die auf dem neuen Infektionsschutzgesetz beruhenden Maßnahmen treten spätestens mit Ablauf des 23. September 2022 außer Kraft. Dann soll neu bewertet werden, welche Schutzvorkehrungen erforderlich sind, um sicher durch den nächsten Herbst und Winter zu kommen.

Das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und anderer Vorschriften wurde noch am 18. März 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, sodass es teils am 19. März 2022, teils am 20. März 2022 in Kraft trat. In dem Artikelgesetz ebenfalls enthaltene Änderungen am Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und dem SGB III treten am 01. April 2022 in Kraft.

Auch hat der Bundesrat in der Sondersitzung am 18. März 2022 der Verlängerung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG) bis zum 30. Juni 2022 zugestimmt. Aktuell wird auch die Verlängerung des Reha-Schutzschirms per Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Gesundheit, rückwirkend zum 19. März 2022 und befristet bis zum 23. September 2022, auf den Weg gebracht.

Alle in der Fachinformation zitierten Gesetze/ Verordnungen stehen in den Anlagen als Download zur Verfügung.