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Bundesweiter Überblick: So gehen die Länder mit dem Personalbedarf der Kitas in der Coronakrise um

Viele Einrichtungen der Kindertagesbetreuung stehen aktuell vor einem großen Problem: Es fehlt, noch mehr als vor der Coronakrise, an Personal. Die Bundesländer gehen sehr unterschiedlich damit um: Niels Espenhorst, Referent für Kindertageseinrichtungen und Tagespflege beim Paritätischen Gesamtverband, gibt einen Überblick.

Die Corona-Pandemie ist für alle Mitarbeitenden in Kindertageseinrichtung eine enorme Herausforderung. Das macht sich auch beim Personaleinsatz bemerkbar: Gruppen müssen getrennt werden, schon bei der kleinsten Erkältung fallen Fachkräfte tagelang aus und sind immer wieder von Quarantäne betroffen. Das hat natürlich Folgen. Es gibt drei Strategien, darauf zu reagieren: erstens die Betreuungszeiten deutlich zu reduzieren, zweitens zusätzliche Unterstützung einzustellen und drittens die gesetzlich vorgeschriebenen Fachkraft-Kind-Schlüssel zu verschlechtern.

Keine Veränderung in fünf Bundesländern

Für Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sind keine einschlägigen Informationen verfügbar. Es ist anzunehmen, dass die vier Länder ihre Landesvorgaben für den Personaleinsatz in den Kindertageseinrichtungen nicht verändert haben. Für Bayern trifft das in gewisser Weise auch zu, denn die dort getroffenen Maßnahmen wurden im Zuge der Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes weit vor Beginn der Pandemie eingeleitet. Dort ist die Einstellung von bis zu 2.000 Kindertagespflegepersonen in Kindertageseinrichtungen vorgesehen.

Minderheit der Länder ermöglicht niedrigeren Fachkraft-Kind-Schlüssel

Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern sehen ausdrücklich die Möglichkeit der Unterschreitung des vorgegebenen Fachkraft-Kind-Schlüssels vor. In Baden-Württemberg muss erst ab der Unterschreitung des Personalschlüssels um 20 Prozent Ersatzpersonal eingestellt werden. In Hessen und Mecklenburg-Vorpommern kann vom personellen Mindestbedarf nach Beratung mit dem Jugendamt abgewichen werden. Während in Hessen gleichzeitig auch die Einstellung von Hilfskräften ermöglicht wird, sind in Baden-Württemberg und in Mecklenburg-Vorpommern die Unterschreitung des Personalschlüssels das Mittel der Wahl.

Die meisten Bundesländer setzen auf Hilfskräfte – unter sehr unterschiedlichen Bedingungen

Neun Bundesländer sehen dagegen den Einsatz von Hilfskräften in der Kindertagesbetreuung zur Unterstützung von Fachkräften vor. Allerdings sind die Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich. Während in einigen Bundesländern reguliert wird, dass auch abweichend Assistenzkräfte oder Auszubildende als Fachkräfte (teilweise) angerechnet werden können, sehen andere Länder vor, dass Hilfskräfte eingestellt werden können. Oft wird dabei auf Eltern oder Praktikant*innen verwiesen. Unklar bleibt in vielen Fällen die Finanzierung, die Dauer der Regelung und notwendige Qualifizierungsmaßnahmen. In der Regel übernimmt das Land nur einen Teil der Personalkosten, so dass für Träger oft nicht abschließend geklärt werden kann, wie die Hilfskräfte finanziert werden. Lediglich Nordrhein-Westfalen und Thüringen sehen qualifizierende Maßnahmen für die Assistenzkräfte vor. Die Regelungen der Länder im Einzelnen:

  • In Berlin können zur Sicherstellung der Aufsichtspflicht Eltern oder Mitglieder des erweiterten Familienkreises der Kinder derselben Kitagruppe zur Betreuung hinzugezogen werden, ebenso wie weitere Nicht-Fachkräfte, die der Gruppe oder dem Träger bekannt sind.
  • In Brandenburg können persönlich und gesundheitlich geeignete Sozialarbeiter*innen, Sozialassistent*innen, Heilerziehungspfleger*innen, Erziehungswissenschaftler*innen, Lehrkräfte der Primarstufe, bereits in der Kindertagesstätte beschäftigte Personen, die nicht im pädagogischen Bereich tätig sind, und andere fachlich vorbereitete Kräfte eingesetzt werden.
  • In Bremen können Entlastungskräfte, die pädagogische Fachkräfte insbesondere bei den umfangreichen Hygienemaßnahmen in den Gruppen unterstützen sollen, eingestellt werden.
  • In Hessen können weitere Personen, für die ein aktuelles erweitertes Führungszeugnis vorliegt, mit der Leitung einer oder der Mitarbeit in einer Kindergruppe betraut werden.
  • In Niedersachsen kann eine geeignete Kraft (zum Beispiel Bundesfreiwilligendienst, Freiwilliges Soziales Jahr, Eltern) eingesetzt werden. Über die persönliche Eignung entscheidet der Träger der Einrichtung.
  • In NRW können Personen mit einer abgeschlossenen logopädischen, motopädischen, physiotherapeutischen, ergotherapeutischen, theaterpädagogischen, kulturpädagogischen, musikpädagogischen Ausbildung, Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge Religionspädagogik oder Bildungswissenschaft, als Fachkräfte eingesetzt werden. Zudem können Berufspraktikant*innen sowie Personen, die im zweiten Ausbildungsjahr eine praxisintegrierte Ausbildung zur Erzieher*in oder zur Heilerziehungspfleger*in oder die eine akademische Ausbildung, die dieser im Hinblick auf die Praxiszeiten entspricht, absolvieren, mit der Hälfte ihrer Arbeitszeit auf einer Fachkraftstelle eingesetzt werden. Zudem werden über das Landesprogramm Alltagshelfer*innen ungelernte Hilfskräfte zusätzlich finanziert.
  • In Rheinland-Pfalz können bereits gewonnene Vertretungskräfte und Hilfspersonal mit erweitertem polizeilichem Führungszeugnis bei Personalausfall weiterhin eingesetzt werden.
  • Im Saarland besteht die Möglichkeit, für einen befristeten Zeitraum zusätzliches Personal, auch nicht-pädagogisches Personal, einzustellen.
  • In Thüringen kann eine befristete generelle Anerkennung für Sozialassistent*innen mit Betriebspraktikum sowie Kinderpfleger*innen als Fachkräfte in Thüringer Kindergärten erfolgen.

Fazit: Politik muss mehr Hilfskräfte ermöglichen

Fast überall ist der Bedarf an Hilfskräften in Kindertageseinrichtungen groß. Und immerhin über die Hälfte der Bundesländer hat Regelungen erlassen. Aber ein echter Plan und ein sinnvolles Vorgehen ist in den wenigstens Bundesländern zu erkennen.

Jetzt und in den kommenden Monaten muss daher der Einsatz von Hilfskräften als wichtigstes Instrument zur Unterstützung der Kindertagesbetreuung gestärkt werden. Dabei geht es nicht nur darum, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, sondern es muss auch die Umsetzung berücksichtigt werden. Und zugleich muss die Chance genutzt werden, um den gewonnen Hilfskräften den Einstieg in die Ausbildung zur Erzieher*in zu ermöglichen.

Autor:
Niels Espenhorst

Dieser Beitrag erschien zuerst als Blogbeitrag auf der Website www.der-paritaetische.de