Zum Hauptinhalt springen

Engagiertes Netzwerken – das Münchner Netzwerk des Engagement zeigt wie es geht

In dieser digitalen Veranstaltungsreihe soll die aktualisierte Paritätische Engagement-Charta den Mit-arbeiter*innen der Paritätischen Landesverbände und Mitgliedsorganisationen sowie den Trägern zunächst bis Ende 2022 vorgestellt und zusammen diskutiert werden.

Am 20. Oktober 2022 fand im Rahmen der digitalen Veranstaltungsreihe zur Paritätischen Engagement-Charta ein Fachgespräch mit dem Titel „Wie, mit wem, warum? – strukturelle Bedingungen für das Engagement“ statt. Bürgerschaftliches Engagement lässt sich nicht hierarchisch verwalten oder anordnen. Es organisiert sich über Netzwerke, als die gesellschaftliche Form der Selbstorganisation. Aber wie geht das mit unterschiedlichen Partnern wie gemeinnützigen Organisationen, Verwaltung, Politik und Wirtschaft?

Das Münchner Netzwerk des Engagements hat dazu einen nachhaltigen Weg gefunden und die Förderstelle für Bürgerschaftliches Engagement (FöBE) ist „der Motor“. Dazu führte Monika Nitsche, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Landesverband Bayern e.V., ein Fachgespräch mit Dr. Gerlinde Wouters, Leiterin der Förderstelle für Bürgerschaftliches Engagement München.

FöBE ist seit geraumer Zeit die Münchner Anlaufstelle für das Netzwerk des Bürgerschaftlichen Engagements. Ihr Entstehungsprozess gelang Bottom Up. Es wurde ein Freier Träger mit Werkstattcharakter für neue Ideen aus der Sozialwissenschaft gesucht und mit der Paritätischen Mitgliedsorganisation IPP München gefunden. Hier gab es wissenschaftliches Fachwissen bzgl. Netzwerkforschung und so gründeten sich immer neue Netzwerkknoten aus, die jeweils die Engagementförderung in München zum Ziel hatten. Vergleichbare Graswurzel-Strategien seien ihr hinsichtlich kommunaler Engagementförderung bundesweit aktuell nicht bekannt, so Wouters sinngemäß.

München stehe dazu im Austausch mit Berlin und Hamburg. Bekannt seien Strukturförderungen, die steuernd eher aus der Verwaltung kommen. Man gäbe sich dort eine feste Engagementstrategie. In München gleicht dieser Prozess eher einem Humusboden. Es entstehe immer Neues, wenn mit neuen Netzwerken aus der Zivilgesellschaft gemeinsame Projekte entstehen. Als aktuelle Beispiele zählt Gerlinde Wouters auf: Spontanhilfeverein und professioneller Katastrophenschutz, die Münchner Initiative Nachhaltigkeit, die erfolgreiche Wohnraumbörse aus der Zivilgesellschaft oder IT Knowhow-Spenden in Form von Digital-Coaches für Gemeinnützige von ansässigen Unternehmen aus der Digitalbranche in Kooperation mit dem IT Referat der LHM. Wie wird eine Kommune engagementfreundlich und welche Rolle können Mitgliedsorganisationen spielen?

FöBE ist eine intermediär ausgerichtete Einrichtung, sie ist Initiatorin von Maßnahmen, Türöffnerin, Moderatorin und Geschäftsführung gleichzeitig.

FöBE wirkt in die Verwaltung: Jedes Referat der Stadtverwaltung habe seit Jahren eine*n „Themenhalter*in“ für Bürgerschaftliches Engagement. D.h., sobald engagementbereite Bürger*innen, Vereine, Initiativen etc. Anliegen bzgl. Rahmenbedingungen oder verwaltungstechnische Fragen zum BE haben, kennt FöBE zuständige Ansprechpersonen. Zusätzlich hilft der regelmäßige Austausch zwischen den Referaten und FöBE, um übergeordnete Themen engagementfreundlich und effizient im Querschnitt und nicht versäult zu bearbeiten.

FöBE wirkt in die Politik: FöBE ist als freier Träger Geschäftsführerin des Fachbeirates für Bürgerschaftliches Engagement. Von hier aus wird im zweijährigen Turnus ein Bericht für den Stadtrat zur Entscheidungsgrundlage verfasst. Welche zukunftsfähigen BE-Schwerpunkte brauchen gezielte Förderung, welche Strukturen sollen gestärkt werden, wo sind die Lücken, wo drohen Doppelstrukturen.

FöBE ist vernetzt mit dem von der Wirtschaft getriebenen Netzwerk „Unternehmen für München“.FöBE begleitet die Münchner Initiative Nachhaltigkeit fachlich (MIN) seit ihrer Gründung. FöBE ist keine Freiwilligenagentur, sondern arbeitet hybrid nach eigenem Profil.

FöBE initiiert und moderiert das Forum BE, in dem 25 Akteur*innen des BE aus allen Themenfeldern dabei sind.

FöBE veranstaltet einmal jährlich die große Münchner Freiwilligenmesse. Mit eigenem Projektteam, Freiwilligen und Hauptamtlichen. Bis zu 6000 Gäste werden zu Beginn des Kalenderjahres effektiv über alle möglichen Engagementmöglichkeiten informiert. Die Messe fand coronabedingt auch schon digital statt. FöBE wirkt dadurch engagementfördernd sowohl für weitere Mitgliedsorganisationen als auch verbands- und themenfeldübergreifend.

FöBE München ist hybrid unterwegs und folgt keinem speziellen Einrichtungstypus der Engagementförderung und ist doch mittendrin durch ihre Netzwerkexpertise.

Diskursbereitschaft, Flexibilität und Netzwerkexpertise sind FöBEs Rezepte. Veranstaltungen werden wahrgenommen – aber immer mit eigener Agenda und zielgerichteter Ansprache von potentiellen Netzwerkpartner*innen. Der Auftrag lautet: Engagement zu ermöglichen, immer wieder neu zu denken, engagementbremsende Strukturen aufzubrechen und Vereine mit Aktivitäten zu unterstützen, damit sie zukunftsfähig aufgestellt sind. Es gehe darum, dem Bürgerschaftlichen Engagement seinen Eigensinn zu erhalten und zurückzugeben und gleichzeitig integrative Effekte für die Gesellschaft zu erzeugen. Ein Handlungsauftrag der Vielfalt ganz im Sinne der Paritätischen Engagement-Charta.

Es gehe im weitesten Sinne auch darum „Stadt“ neu zu denken - und zwar die Bürger*innen und die organisierte Zivilgesellschaft als Co-Produzent*innen der Stadt.

Literaturempfehlung:

Der Humus der Gesellschaft (2021), Dr. Thomas Röbke et al., Über Bürgerschaftliches Engagement und die Bedingungen, es gut wachsen zu lassen, Springerverlag, Reihe: Bürgergesellschaft und Demokratie.