Fortschreitende soziale Ausgrenzung: „Sicherheitspaket“ und AsylbLG-Kürzungen treten in Kraft
Mit Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt sind sowohl die migrations- und sozialrechtlichen Änderungen des sogenannten „Sicherheitspakets“ wie auch ab 2025 geltende Kürzungen der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft getreten. Der Paritätische Gesamtverband kritisiert beide Regelungen in aller Deutlichkeit.
Leistungsausschluss und Verschärfungen im Ausweisungsrecht
Durch das Inkrafttreten des „Sicherheitspakets“ gilt ab sofort insbesondere ein Leistungsausschluss für Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen, sofern ein anderer EU-Mitgliedsstaat für sie zuständig und die Ausreise möglich ist sowie kein Härtefall vorliegt. Diese Regelungen verstoßen aus Sicht des Paritätischen sowohl gegen Verfassungsrecht als auch europarechtliche Vorgaben. Doch auch unabhängig von der rechtlichen Einschätzung hat der Paritätische wiederholt deutlich kritisiert, dass die Bundesregierung durch dieses Vorhaben Not und Obdachlosigkeit in Kauf nimmt, um Geflüchtete vor einem Schutzersuchen in Deutschland abzuschrecken oder zur Ausreise zu bewegen.
Neben dem Leistungsausschluss werden auch Verschärfungen bei Ausweisungen, der Aberkennung des Flüchtlingsstatus und den Folgen von Reisen ins Herkunftsland wirksam. Bei den Reisen ins Herkunftsland wurde im parlamentarischen Verfahren im Vergleich zur Regierungsfassung der Anwendungsbereich verschärfend auch auf den subsidiären Schutz und Abschiebungsverbote ausgeweitet.
Rechtlich zweifehalte Absenkung der AsylbLG-Leistungen
Darüber hinaus sind mit der Veröffentlichung der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung auch ab 2025 geltende Kürzungen bei den Grundleistungen im AsylbLG in Kraft getreten. Die Regelsätze sinken demnach um 13 bis 19 Euro pro Monat. Die Bundesregierung begründet die Absenkung damit, dass die Bestandsschutzklausel gem. § 28a Abs. 5 SGB XII für die Leistungen nach dem AsylbLG nicht greifen würde. Diese Klausel soll eigentlich ein Absinken der Regelsätze aufgrund sich im Laufe des Jahres verändernder Schätzwerte, insbesondere hinsichtlich der Inflationsentwicklung, verhindern.
Aus Sicht des Paritätischen sind die Kürzungen rechtlich zweifelhaft. So hat die Bundesregierung für die Kürzungen weder eine Rechtsgrundlage noch eine sachliche Rechtfertigung angegeben. Vielmehr ist aus den gleichlautenden Verweisen in § 3a Abs. 4 AsylbLG und § 20 Abs. 1a SGB II davon auszugehen, dass die Bestandsschutzklausel auch im Falle des AsylbLG Anwendung finden sollte. Zudem wird in der Begründung zum Bürgergeldgesetz das SGB XII – und somit auch die Bestandsklausel – explizit als Referenzsystem für die Fortschreibung der Leistungen im AsylbLG benannt. Die aus Sicht des Paritätischen ungerechtfertigte Ungleichbehandlung begegnet darüber hinaus auch verfassungsrechtlichen Bedenken. So hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2012 geurteilt, dass die Leistungen nach dem AsylbLG nicht pauschal niedriger als reguläre Sozialleistungen liegen dürfen, sofern nicht in einem „inhaltlich transparenten Verfahren“ vermeintlich niedrigere Bedarfe an existenzsichernden Leistungen festgestellt wurden (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10).
Fortschreitende soziale Ausgrenzung im AsylbLG
Mit diesen Entwicklungen geht die Schere zwischen dem Bürgergeld und den gegenüber dessen Regelsätzen ohnehin bereits verringerten Leistungen des AsylbLG weiter auseinander. Hinzu kommt, dass auch die jüngsten Erhöhungen des Bürgergelds die inflationsbedingten Kaufkraftverluste der letzten Jahre nicht vollständig ausgleichen konnten. Auch die Einführung der Bezahlkarte für AsylbLG-Bezieher*innen dürfte durch den damit verbundenen faktischen Ausschluss von einer Vielzahl günstiger Einkaufsmöglichkeiten effektiv zu einer weiteren Absenkung der Kaufkraft führen. Das Niveau der AsylbLG-Leistungen entfernt sich somit immer weiter von einer Sicherung des Existenzminimums. Verstärkt werden die Auswirkungen dieser Verschärfungen schließlich auch dadurch, dass die Frist für den Bezug von Analogleistungen im AsylbLG – also Leistungen auf dem des Bürgergelds – von 18 auf 36 Monate ausgeweitet wurde. Betroffene Personen müssen also länger mit den weit unter dem Existenzminimum liegenden Leistungssätzen leben.
In Summe dürften die Änderungen im AsylbLG zu einer sich weiter verstärkenden finanziellen Not der Betroffenen führen und deren Teilhabe und Integration von Beginn an weiter erschweren. Gegen diese Entwicklungen und für echte soziale Teilhabe fordert der Paritätische mit einer Vielzahl anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen bereits seit langem die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und den Einbezug aller Personen in die regulären Sozialleistungssysteme.