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Partizipation mit digitalen Medien – gleichberechtigt und selbstbestimmt

Digitale Medien stellen einen wesentlichen Zugang zum öffentlichen und kulturellen Leben dar. Sie sind (Ver-)Mittler von Bildung und Information, erweitern unsere Erfahrungs- und Handlungsräume und machen die orts- und zeitunabhängige Kommunikation mit unseren Mitmenschen möglich. Für Menschen mit Behinderungen schaffen digitale Medien neue Zugänge und haben das Potential bei Leistungseinschränkungen zu unterstützen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention weist Medien bei der Umsetzung „gleichberechtigter Teilhabe und Inklusion“ eine Querschnittsfunktion zu. Sie sollen Zugänge zum öffentlichen Diskurs und Informationen schaffen, Bildung fördern und die Teilhabe an Kultur, Erholung, Freizeit und Aktivitäten ermöglichen. Insbesondere die Suche nach Informationen sowie die Kommunikation mit anderen wird von Menschen mit Behinderung intensiv wahrgenommen, so eine Studie der Aktion Mensch. Während sich Blinde und motorisch eingeschränkte Menschen über Wikis informieren, können Gehörlose schriftliche Kommunikationsformate nutzen, um über größere Distanzen Kontakt zu halten. Auch wird von vielen die Anonymität im Netz geschätzt, da sie gegenüber Gesprächen in Präsenz eine vorurteilsfreie und offene Kommunikation ermöglicht.

Gleichberechtigter Zugang zu Information und Kommunikation

Für den politischen Diskurs aber auch bei der Kommunikation im beruflichen und privaten Leben sind digitale Medien zu dem bedeutendsten Kommunikationskanal der zweiten Moderne geworden. Zahlreiche Diskussionen werden online geführt, Abstimmungen und das Teilen von Informationen finden im Netz statt. Das reiche Angebot an Partizipationsmöglichkeiten bietet für Menschen mit Behinderungen viele Potentiale, führt bei fehlender professioneller Begleitung jedoch schnell zum Ausschluss von Personen. Auch die vielfältigen Techniken und Technologien, die den Zugang zu den Medien unterstützen, schaffen noch keine digitale Mündigkeit. Wenn der Fortschritt zu einer aktiveren Beteiligung führt, muss diese ausreichend durch Kompetenzvermittlung und Unterstützungsstrukturen begleitet werden.

Selbstbestimmung in der Mediennutzung

Das Individuum bestimmt eigenmächtig, welche Medien es zu welchem Zweck nutzt. Medienkompetenz ist bisher etwas, dass höchstens im Schulkontext gelehrt wird. Egal ob mit oder ohne geistige oder körperliche Einschränkung, eine chancengleiche Mediennutzung erfordert zum einen das Wissen über die vorhandenen Medienformate, zum anderen ihre selbstbestimmte und kritische Anwendung. Um die Voraussetzungen für eine souveräne Mediennutzung zu schaffen ist die gleichwertige Aufklärung in den genannten Belangen erforderlich.

Hinsichtlich dieses Bestrebens wird viel Hoffnung in die inklusive Medienbildung des Schulsystems gesetzt. Die Heterogenität an deutschen Schulen soll mit Artikel 24 der UN-Konvention zum Standard werden und auch der Digitalpakt wird allmählich Wirklichkeit. Doch das Zusammendenken beider Bestrebungen wird bislang nicht ausreichend praktiziert. Bei der Konzeption der Medienentwicklungspläne von Schulen muss die inklusive Medienbildung zum festen Bestandteil werden.

Was es bedeutet inklusive Medienbildung zu betreiben

Digitale Medien können die individuelle Förderung von Lernenden ermöglichen da sie, im Gegensatz zum Frontalunterricht, individuelle Lernwege und das Lernen in unterschiedlicher Geschwindigkeit und bei diverser Themensetzung unterstützen. Diese Qualitäten kommen der Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems entgegen.

Denn anders als bei klassischen Unterrichtsformaten greifen hier keine standardisierten Verfahren. Die Art der Behinderung beeinflusst die Art der Vermittlung von Inhalten, den Betreuungsbedarf und die Schulung der Lehrenden. Neben barrierefreien Räumlichkeiten oder Vorlese-Anwendungen für die Computer, werden oft spezielle assistive Technologien benötigt, vielleicht auch ein*e Gebärdensprachendolmetscher*in. Die begleitenden Materialien müssen in Leichter Sprache verfasst sein und für jede Gruppe gilt es Regeln der gegenseitigen Unterstützung zu definieren.

Bei der Konzeption von inklusiven Bildungsangeboten gilt es von einer defizitorientierten Sichtweise, zu der Stärkung von Gemeinsamkeiten zu gelangen. Dafür braucht es eine gründliche Vorbereitung, bei der individuelle Leistungseinschränkungen in den Entwicklungsprozess einbezogen werden und kompetentes, geschultes Personal unterstützt.

Autorin:

Lilly Oesterreich

Dieser Beitrag erschien zuerst als Blogbeitrag auf der Website www.der-paritaetische.de