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Sind die Kindertageseinrichtungen schon winterfest?

In vielen Kindertageseinrichtungen ist nach der Corona-Schließzeit ein gewisser Alltag eingekehrt. Sind sie jedoch auf die jetzt erneut steigenden Fallzahlen in Verbindung mit der beginnenden Erkältungszeit vorbereitet? Niels Espenhorst, Referent zum Thema Kindertageseinrichtungen und Tagespflege beim Paritätischen Gesamtverband, ist skeptisch.

Der Virologe Prof. Christian Drosten kritisierte in einem Interview die Kultusminister*innen der Länder, dass sie sich monatelang nicht um einen angemessenen Corona-Schutz in Schulen gekümmert haben. Und er sagt voraus: „Wir werden Probleme kriegen mit der unbeschränkten Schulöffnung, wie sie inzwischen stattgefunden hat.“ Ähnlich dürfte die Situation in den Kindertageseinrichtungen sein.

Derzeit ist zwar vielfach die Erleichterung zu spüren, dass in vielen Kitas ein gewisser Alltag herrscht, aber steigende Infektionszahlen in Verbindung mit kühlem und nassem Herbstwetter können dazu führen, dass auch dort die Herausforderungen zunehmen. Und bislang ist zu wenig passiert, um die Kindertageseinrichtungen auf den Winter vorzubereiten. Wir sollten nicht so tun, als ob in diesem Winter ein Normalbetrieb herrschen könnte. Jetzt bleiben noch wenige Wochen, um die Einrichtungen fit für den Winter zu machen. Dabei sind Bund und Länder gefragt, den Trägern die notwendige Unterstützung zu leisten.

Kooperation diverser Akteur*innen ist ein Schlüssel

Die allgemeinen Hinweise und Vorschriften der Länder müssen den individuellen Anforderungen in jeder einzelnen Kita angepasst werden. Hierzu bedarf es einer intensiven, partnerschaftlichen Begleitung und Beratung von Kindertageseinrichtungen. Die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsämtern, Jugendämtern und Kindertageseinrichtungen muss gestärkt werden.

Es gibt vereinzelt positive Erfahrungen mit Kooperationen, die gegenseitiges Verständnis und Handlungssicherheit bei den Einrichtungen schaffen. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Akteuren des Gesundheitsschutzes und den Kindertageseinrichtungen ist stärker zu forcieren.

Kita-Personal im Spannungsfeld

Fachkräfte bewegen sich derzeit in einem schwierigen Spannungsfeld zwischen Selbstschutz, pädagogischen Ansprüchen und Erwartungen von Eltern. Es ist vorhersehbar, dass es zunehmend zu Spannungen und Friktionen kommt, weil sich unter Corona-Bedingungen diese Erwartungen nicht immer widerspruchsfrei vereinbaren lassen.

Schon jetzt macht es sich bemerkbar, dass es immer häufiger zu Konflikten zwischen Fachkräften und Eltern im Umgang mit vorhandenen Symptomen kommt. Diese Konflikte müssen moderiert und begleitet werden, denn sie nehmen jetzt schon zu.

Bei der Digitalisierung besteht dringender Aufholbedarf

Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass es erneut zu einer flächendeckenden Schließung von Kindertageseinrichtungen kommt, so ist doch zu erwarten, dass es häufiger zu regionalen Schließung kommt. Die Träger müssen jetzt darin unterstützt werden, auch bei längeren Phasen der Schließung Kontakt mit den Familien aufrechtzuerhalten und die Familien, die sich in Quarantäne befinden, nicht alleine zu lassen. Doch im letzten halben Jahr hat sich die digitale Ausstattung von Kindertageseinrichtung kaum merklich verbessert. Bundes- und Landespolitik muss endlich die notwendige digitale Ausstattung fördern, damit die Kitas ihrem frühpädagogischen Auftrag auch über digitale Wege nachkommen und über den digitalen Kontakt auch Familien in einer belastenden Situation unterstützt werden können.

Das 5. Investitionsprogramm des Bundes (1 Milliarde Euro im Rahmen des Konjunkturpakets) ermöglicht zwar auch die Förderung von digitaler Infrastruktur. Aber die Vorgaben sind zu unspezifisch und die Länder haben noch keine Pläne entwickelt, um die Förderung von digitaler Ausstattung in die Wege zu leiten. Das Arbeitsfeld braucht über die Anschaffung von Hardware hinaus auch Konzeptentwicklung, Weiterqualifizierung des Personals etc. In den Verordnungen der Länder nimmt Digitalisierung nur wenig Platz ein. Die Chance wird also ungenutzt verstreichen, weil auf allen politischen Ebenen die Hausaufgaben nicht gemacht wurden.

Mit vielen offenen Fragen stehen die Fachkräfte oft alleine da

Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Fragen, die noch nicht geklärt sind. Welche Kinder mit welchen Symptomen zu Hause bleiben müssen, wie bei kaltem Wetter für eine frische Raumluft gesorgt werden kann, wie der zu erwartende hohe Personalausfall im Winter kompensiert werden kann und viele weitere. Bislang warten die Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen auf eine Antwort. Hoffentlich nicht vergeblich.

Autor:

Niels Espenhorst

Dieser Beitrag erschein zuerst als Blogbeitrag auf der Website www.der-paritaetische.de