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Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete veröffentlicht. Der Paritätische Gesamtverband hat dazu eine Stellungnahme abgegeben.

Der Paritätische Gesamtverband begrüßt grundsätzlich den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz für ein Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete. Mit dem Referentenentwurf soll der bisherige Betrachtungszeitraum von vier auf sechs Jahre verlängert werden. Der Referentenentwurf verfolgt das Ziel, dass kurzfristige Schwankungen des Mietwohnungsmarktes geringere Auswirkungen auf die ortsübliche Vergleichsmiete haben und der Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete auf Wohnungsmärkten mit stark steigenden Angebotsmieten dadurch gedämpft werden soll. Zudem werden für bereits geltende oder in der Erstellung befindliche Mietspiegel, die ein wichtiges Instrument zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sind, großzügige Übergangsregelungen getroffen.

Mit dem Vorhaben kommt die Bundesregierung der Ankündigung im Koalitionsvertrag vom März 2018 sowie vom Wohngipfel vom September 2018 nach, die Verlängerung des Betrachtungszeitraumes zu prüfen bzw. von vier auf sechs Jahre zu verlängern. Eine Befristung des Gesetzes ist nach dem Entwurf nicht vorgesehen.

Insgesamt betrachtet, ist zu konstatieren, dass es vielzähliger Maßnahmen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bedarf, um die regionalen Wohnraumengpässe und teils enormen Mietpreissteigerungen substanziell und nachhaltig zu lösen bzw. einzudämmen, die zur Verdrängung von insbesondere Menschen mit besonderen Bedarfen sowie Menschen mittlerer Einkommen führen. Dazu gehören u.a. die Verschärfung der Mietpreisbremse und die Abschaffung von Ausnahmen, die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit, die Verstärkung der sozialen Wohnraumförderung, das Bestehen dauerhafter Sozialbindungen und eine Bodenvergabe verstärkt nach sozialen Kriterien.

Der Paritätische Gesamtverband bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Referentenentwurf und bewertet diesen wie folgt:

Regelungsinhalt und Bewertung:

Nach dem vorliegenden Referentenentwurf führe eine anhaltend hohe Nachfrage nach Mietwohnungen zu einem hohen Anstieg der Angebotsmieten, welcher deutlich über dem Anstieg der Bestandsmieten liege. Aufgrund der Eingrenzung des Betrachtungszeitraumes zur Erfassung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf die lediglich letzten vier Jahre fließen relativ betrachtet viele jüngere Angebotsmieten in die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein, die im Verhältnis zu weiter zurückliegenden, älteren Mietverträgen ein – je nach Region – wesentlich höheres Mietenniveau aufweisen. Dies habe zu erheblichen Steigerungsraten der ortsüblichen Vergleichsmiete geführt, welche auf diese Weise wiederum selbst zur Steigerung von Mietpreisen beigetragen habe, insbesondere in den Ballungsgebieten.

Vor diesem Hintergrund sieht der vorliegende Entwurf eine moderate Nachjustierung des Begriffs der ortsüblichen Vergleichsmiete vor, in dem der Betrachtungszeitraum zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete von bisher 4 auf 6 Jahre verlängert wird. Bisher wird die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten 4 Jahren vereinbart oder geändert worden sind (§ 558 II BGB). Durch die Einbeziehung älterer Mietverträge soll ein dämpfender Effekt auf die ortsübliche Vergleichsmiete und Mietpreise erzielt werden. Indem die ortsübliche Vergleichsmiete eine zentrale Ausgangsbasis zur zulässigen Festlegung von Miethöhen ist, hat dies einerseits Auswirkungen auf die Erhöhung von Mieten bei bereits bestehenden Mietverhältnissen nach § 558 BGB. Demnach muss der Mieter während des Mietverhältnisses eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete üblicherweise zulassen. Dabei darf die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent des Ausgangmietzinses steigen. In den von Landesregierungen bestimmten Gebieten mit erhöhtem Wohnraumbedarf gilt innerhalb von 3 Jahren eine Kappungsgrenze von 15 Prozent. Andererseits wirkt sich die Erweiterung des Betrachtungszeitraumes auf den Abschluss von Wiedervermietungs- und Neuvertragsmieten nach der Mietpreisbremse (§ 556d BGB ff.) aus, nach welcher bei Abschluss eines Mietvertrags maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt werden darf.

Der Paritätische spricht sich dafür aus, dass der Referenzrahmen zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf insgesamt zehn Jahre erweitert werden muss, um Steigerungsraten von Mietspiegeln insbesondere in Großstädten stärker einzudämmen und um die Mietspiegel auf eine breitere Basis zu stellen. Anstatt der Neuverträge und Mieterhöhungen der bisherigen vier bzw. – nach dem Referentenentwurf sechs Jahre – müssen die der letzten zehn Jahre und damit auch ältere Neuvertrags- und geänderte Bestandsmieten einfließen, die oftmals niedrigere Mietniveaus aufweisen. Zudem bedarf es zur rechtssicheren Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete verbindlicher und einheitlicher Vorgaben.

190906_Stellungnahme_RefE_Paritätischer GV.pdf190906_Stellungnahme_RefE_Paritätischer GV.pdf