Zum Hauptinhalt springen

Kurzdokumentation des Paritätischen Online-Fachtages „Gutes Leben im Alter – ein neuer Blick auf die Altenhilfe“ am 03.12.2021

Unter unterschiedlichen Begrifflichkeiten – offene Senior*innenarbeit, Gemeinwesen orientierte Seniorenarbeit, offene soziale Altenarbeit organisiert sich bundesweit das Arbeitsfeld der offenen Altenhilfe nach § 71 SGB XII. Eine Vielzahl von Paritätischen Mitgliedsorganisationen engagiert sich in diesem Bereich auf vielfältige Weise, mit dem Ziel älteren, alten und hochaltrigen Menschen in der nachberuflichen Lebensphase oder im Übergang dazu, gesellschaftliche Teilhabe, Engagement und selbstständige Lebensführung zu ermöglichen. Die Angebote reichen von Beratungsstellen und ehrenamtlicher Unterstützung bis zu Begegnungsstätten.

Teilhabe im Alter benötigt verlässliche und verbindliche Strukturen. Im Vorteil sind Kommunen, die es sich leisten können in eine gut funktionierende Altenhilfeinfrastruktur zu investieren. Sie profitieren in Krisenfällen, wie zuletzt in der Corona-Pandemie, von gut vernetzen Akteuren und vielfältigen Angeboten. Der Ausbau und der Erhalt von Altenhilfestrukturen fällt bundesweit jedoch sehr unterschiedlich aus, je nach Kassenlage und politischer Schwerpunktsetzung.

Die bisherigen Maßnahmen, Projekte und Gesetzgebung reichen nicht aus, um die Herausforderungen bedingt durch den demographischen Wandel zu meistern. Ein neuer Blick ist erforderlich, um verbindliche, nachhaltige und ganzheitliche Wege in der Altenhilfe zu gestalten.

Anfang des Jahres 2021 fand ein Austausch mit Mitgliedern des Paritätischen Arbeitskreises Altenhilfe und Pflege zu diesem Themenfeld statt, bei dem die Vernetzung zum Stand der Offenen Senior*innenarbeit auf Landesebene im Mittelpunkt stand. An diesen Austausch sollte mit dem Fachgespräch angeknüpft werden. Im Rahmen der Veranstaltung sollte erneut eine Plattform zum Austausch und zur Vernetzung gegeben werden, Strukturen und Initiativen auf Landesebene beleuchtet und Wege zur Stärkung der (kommunalen) Altenhilfestrukturen ausgelotet werden.

Die Veranstaltung richtet sich an alle Paritäterinnen und Paritäter, die sich mit Altenhilfepolitik beschäftigen. Neben der Möglichkeit und Zeit zum Austausch in Break-Out Räumen, hielten 3 Referentinnen und Referenten Impulse zum Thema. Die Veranstaltung wurde von Frau Andrea Blome (Moderatorin und Journalistin, Münster) moderiert. Der Austausch zum Thema soll auch im Jahr 2022 fortgeführt werden.

Frau Jutta Stratmann (fastra- Fachberatung für Sozialplanung und Bürgerengagement) stellte die Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung zur kommunalen Altenarbeit vor, die sie im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft für Seniorenorganisationen e. V. (BAGSO) durchgeführt hat. Gegenstand der Untersuchung ist die Frage nach der finanziellen Ausgestaltung für den Bereich der Altenarbeit durch die befragten Kommunen. Dazu wurden insgesamt 60 Kommunen ausgewählt und per Leitfragen befragt. Insgesamt ergab sich in Bezug auf die Altersgruppe 60+, dass hinsichtlich der eingesetzten kommunalen Mittel pro Person große Unterschiede bestehen. Eines der zentralen Ergebnisse der vorliegenden Studie lautet, dass insbesondere in den kleineren Städten und Gemeinden das Spektrum der Altenarbeit, das durch kommunale Haushaltsmittel (mit-)finanziert wird, begrenzt ist. Seniorenpolitische Konzepte, eine Altenplanung im Sinne einer integrierten Sozialplanung sowie entsprechende Arbeitskreise oder Netzwerke sind eher auf Ebene der Landkreise und der kreisfreien Städte zu finden. Aus den Ergebnissen werden vier zentrale Empfehlungen abgeleitet: 1. Etablierung von einer Altenberichterstattung, -planung sowie koordinierende Stellen, inklusive Verzahnung der Altenarbeit mit anderen Fachbereichen. 2. Sicherstellung einer quartiers- bzw. ortsnaher Grundausstattung (Anlaufstelle, Räume) samt Budget für die Gestaltung von Angeboten für Seniorinnen und Senioren. 3. Bedarfserfassung vor Ort und sozialräumliche Ausrichtung der Angebote. 4. Aufgabenbereiche, die bisher in anderen Handlungsfeldern aufgehen, z.B. die Entwicklung neuer Angebote, die auf ältere Zielgruppen zugeschnitten sind bspw. im Bereich digitale Kompetenzbildung sollten stärkere Berücksichtigung finden und intensiviert werden.

Download: Präsentation von Jutta Stratmann

Die Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung zur kommunalen Altenarbeit sind unter folgendem Link zu finden:  https://www.bagso.de/studie/vergleichende-untersuchung-zur-kommunalen-altenarbeit/

Frau Caroline Herrmann (Schnittpunkt / Alter, Köln) gab mit Ihrem Vortrag Impulse zum Nachdenken über kommunale Altenhilfesysteme. Ausgehend von der Frage, was sich für alte Menschen in Zukunft für die Gesellschaft ändern wird, spannte Frau Herrmann den Bogen zu den unzureichend passgenauen Angeboten der Städte und Kreise im Bereich der Altenhilfe. Diese werden bundesweit extrem unterschiedlich finanziert, folgen keinen fachlichen und verbindlichen Standards, haben keine klare rechtliche Grundlage und werden auch von der Fachwelt wenig beachtet. Zudem mangele es an einer lautstarken Altenbewegung, die engagiert für sich eintritt (Ausnahme BAGSO). Von diesem Befund ausgehend und in der Annahme, dass ein gutes und flächendeckendes Altenhilfesystem gebraucht wird, geht Frau Herrmann auf die Frage ein, wie ein Altenhilfesystem beschaffen sein sollte und welche Standards erfüllt sein müssten. Insbesondere stellt sie dabei die Rolle und Handlungsmöglichkeiten der Wohlfahrtspflege auf Bundes-, Länder und kommunaler Ebene zur Stärkung der Altenhilfestrukturen heraus.  

Download: Präsentation von Caroline Herrmann

Herr Peter Stawenow (Leiter des Kompetenzzentrums Offene Altenarbeit Sozialwerk Berlin e. V.) berichtete vom Berliner Vorstoß zu einem Berliner Gesetz für die Altenhilfe auf Grundlage des § 71 SGB XII, an dem die Fachgruppe älterer Menschen des Paritätischen maßgeblich beteiligt ist. Ausgehend von der Fragestellung, was ein gutes Leben im Alter ausmacht, wird momentan ein Gesetzesentwurf von Prof. Dr. Klie erarbeitet. Das Vorhaben eines Altenhilfestrukturgesetzes wird auch seitens der neuen Berliner Landesregierung unterstützt und ist mit einer eigenen Passage im Koalitionsvertrag festgehalten. Sobald weitere Unterlagen rund um den geplanten Gesetzesentwurf öffentlich geteilt werden können, werden diese hier auch zur Verfügung gestellt.

Blitzlichter aus der Diskussion der Teilnehmenden zu den Fragen:

Wo sehen wir den größten Bedarf zur Verbesserung der Altenhilfestrukturen?

Wie können wir das Thema (Verbesserung der Altenhilfestrukturen) weiter vorantreiben?

  • Einigung / Diskussion von Mindeststandards, z.B. welche Summe pro Einwohner*innen ab 60/65 für Altenhilfe eingesetzt werden soll.
  • Präventive Arbeit soll in seiner Auswirkung beschrieben werden, um Potenziale zu heben.
  • Verbindliche Strukturen schaffen auf kommunaler Ebene. Vernetzung der Akteure. Von guten Beispielen lernen (z.b. vom Berliner Weg)
  • Pari-interner Austausch über bestehenden Altenhilfepläne/kommunale Senior*innenpläne
  • Gesetzliche Grundlage, die 10 „Bs“ für ein gutes Leben im Alter, finanzielle Ausgestaltung
  • Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema machen, Lobbyarbeit zur Verwirklichung der Umsetzung eines Ausführungsgesetzes auf Landesebene sowie regional
  •  Gremien/Beiräte und Beauftrage einbinden, Engagement von verschiedenen Interessensgruppen Zivilgesellschaft und Wohlfahrt bündeln
  • Stärkung des zivilgesellschaftlichen Systems, Aufmerksamkeit für das Thema erreichen, Stakeholder identifizieren, Konzepte zur generationsübergreifenden  Quartiersentwicklung einfordern, Beharrlichkeit/Ausdauer
  • Interkulturelle Öffnung in der Seniorenarbeit soll nicht vernachlässigt werden, da dies eine andere Herangehensweisen erfordert
  • Altenhilfe muss immer wieder "erklärt" werden. Was ist das? Warum muss es sie geben? Was hat eine Kommune davon, wenn sie da hinein investiert.
  • Bedarf bei mehr interkultureller Öffnung der Altenhilfe. Der Bedarf dieser stark anwachsenden Zielgruppe sind teilweise unterschiedlich. Da liegt der Fokus stark auf der ressortübergreifenden Quartiersarbeit.
  • Politisches Fachgespräch