Armutsbericht

Neue Untersuchung: Ungleichheit von Anfang an. Bericht zu Armut und Kita-Betreuung
Armutsbetroffene Kinder werden deutlich seltener und in deutlich geringerem zeitlichem Umfang in Kitas betreut. Fehlende Kindertagesbetreuung verstärkt damit die soziale Spaltung der Gesellschaft.
Wer arm ist, hat deutlich schlechtere Chancen auf einen Kitaplatz, das belegt ein aktueller Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes zum Thema Armut und Kita-Betreuung. Nur 19 Prozent der ein- bis zweijährigen Kinder aus armutsbetroffenen Familien besuchen eine Kita, während gleichaltrige Kinder aus nicht von Armut betroffenen Familien doppelt so häufig von einem Kitaplatz profitieren (41 Prozent). Der Bericht zeigt, dass die Kosten der Kinderbetreuung für viele armutsbetroffene Familien eine erhebliche Belastung darstellen und zahlreiche Familien daran hindern, Kindertagesbetreuung in Anspruch zu nehmen.
„Kinder aus armutsbetroffenen Familien werden beim Zugang zu frühkindlicher Bildung ausgebremst, weil finanzielle und regulative Hürden den Weg in die Kita versperren. Die Bundesregierung muss diese Ungerechtigkeit beenden und Kita-Betreuung für alle ermöglichen”, so der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Dr. Joachim Rock.
Für Eltern bedeute die fehlende Kindertagesbetreuung Einschränkungen bei der Erwerbsarbeit und damit schlechtere Möglichkeiten, ihre finanzielle Situation zu verbessern, mahnen die Autor*innen des Berichts. Bestehende soziale Ungleichheiten würden so verstärkt.
Beziehende von Sozialleistungen haben eigentlich einen Rechtsanspruch darauf, bei den Kita-Kosten entlastet zu werden. Der Bericht des Paritätischen zeigt aber, dass es bei der Umsetzung erhebliche Mängel gibt. Als Lösung schlägt der Verband vor, Eltern mit Sozialleistungsbezug automatisch von Kita-Gebühren zu befreien – ohne dass sie dafür einen Antrag stellen müssen.
Der Paritätische fordert zudem, dass der Bund sich dauerhaft finanziell an der Verbesserung des Kita-Systems beteiligt, da frühkindliche Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Dabei sei es entscheidend, dass der Zugang zu Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabegesetz, etwa die Kostenübernahme des Mittagessens in der Kita, erleichtert wird. Die Publikation „Ungleichheit von Anfang an. Bericht zu Armut und Kita-Betreuung“ ist Teil einer neuen Reihe von Veröffentlichungen zum Thema Armut, die jeweils verschiedene Schwerpunkte setzen. Dabei stützt sich der Bericht insbesondere auf die Mikrozensus-Unterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen vom Statistischen Bundesamt MZSILC.
Paritätischer Armutsbericht 2025: Arme werden ärmer
Einkommensarme Menschen haben in den vergangenen Jahren an Kaufkraft verloren. Insgesamt ist fast jede sechste Person in Deutschland von Armut betroffen.
Einkommensarme Menschen sind in den vergangenen Jahren ärmer geworden, so das Ergebnis des neuen Paritätischen Armutsberichtes. Während das mittlere Einkommen von Personen unterhalb der Armutsgrenze im Jahr 2020 noch bei 981 Euro im Monat lag, waren es im Jahr 2024 preisbereinigt nur noch 921 Euro.
„Die Zahlen belegen, was viele Menschen mit geringem Einkommen schon lange im Alltag spüren: Die Armen werden ärmer“, so Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. „Die Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre verschärfen die ohnehin schon schwierige finanzielle Lage von Millionen Betroffenen. Die neue Bundesregierung muss die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung jetzt ganz oben auf die Agenda setzen!“ Der Paritätische sieht neben besseren Erwerbseinkommen insbesondere Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Wohn- und Familienarmut, der Stärkung der Rentenversicherung und dem Ausbau der Grundsicherung.
Insgesamt müssen 2024 dem neuen Armutsbericht zufolge 15,5 Prozent der Bevölkerung zu den Armen gezählt werden. Die Armutsquote stieg um 1,1 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr an. Von Armut betroffen sind dabei insbesondere Alleinerziehende, junge Erwachsene und Rentner*innen, wobei die Altersarmut stark weiblich geprägt ist.

Der Armutsbericht weist auch die Zahl derer aus, die in erheblicher materieller Entbehrung leben: 5,2 Millionen Menschen – darunter 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche sowie 1,2 Millionen Vollzeiterwerbstätige – können sich etwa nicht leisten, die Wohnung warm zu halten oder alte Kleidung zu ersetzen.
Der Bericht zeigt im Vergleich der Bundesländer große regionale Unterschiede: Während in Bayern nur etwa jede achte Person von Armut betroffen ist (11,8 Prozent), ist es in Sachsen-Anhalt mehr als jede fünfte (22,3 Prozent) und in Bremen sogar jede vierte Person (25,9 Prozent).
Positiv entwickelt hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in Armut: Hier zeigt der Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes einen leichten Rückgang. Ausschlaggebend für diese Verbesserung sei aus Sicht des Verbandes die Erhöhung des Mindestlohnes sowie die Reform des Wohngeldes.
Der Paritätische Armutsbericht 2025 ‚Verschärfung der Armut‘ ist der erste Teil einer neuen Reihe von Armutsberichten mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Der Bericht stützt sich dabei insbesondere auf die Mikrozensus-Unterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen vom Statistischen Bundesamt MZ-SILC. Der nächste Teil der Paritätischen Armutsberichterstattung widmet sich dem Thema Kinderarmut.
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Methodische Hinweise
Die Armutsquoten, mit denen in diesem Bericht gearbeitet werden, beruhen auf der Unterstichprobe MZ-SILC, der Mikrozensus-Unterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen vom Statistischen
Bundesamt. Bislang hat sich der Paritätische auf die Daten vom Mikrozensus (MZ-Kern anstatt MZ-SILC) bei seinen Armuts-Expertisen gestützt. Seit der Expertise zur Wohnarmut greift die Forschungsstelle auf Daten aus der MZ-SILC Erhebung zurück.
Dieser Wechsel von MZ-Kern auf MZ-SILC ist methodisch begründet, da es in jüngster Vergangenheit methodische Verbesserungen bei MZ-SILC gegeben hat, wie die inzwischen verpflichtende Teilnahme an der Befragung und die differenziertere und damit validere Einkommenserfassung.
Zudem entspricht das in MZ-SILC genutzte Einkommenskonzept einem EU-weit harmonisiertem Vorgehen, das differenzierter erfasst wird. Konkret bedeutet dies erstens, dass die Einkommen aus dem gesamten Vorjahr erfragt werden, sodass durch die Betrachtung des gesamten Kalenderjahres besser unregelmäßige oder variierende Einkommen berücksichtigt werden als bei der Betrachtung eines einzelnen Monats. Zweitens wird direkt nach den verschiedenen möglichen Einkommensarten gefragt, womit die Erfassung der Einkommen dazu beiträgt, dass auch selten anfallende oder geringe Einkommen genannt werden, die bei einer pauschalen Abfrage leichter vergessen werden.
Aus diesen Gründen ist MZ-SILC auch für das Statistische Bundesamt die „amtliche Hauptquelle für die Messung von Armut und Lebensbedingungen auf Bundesebene”.
MZ-SILC erhebt Daten von privaten Haushalten am Hauptwohnsitz von Personen ab 16 Jahre. Im Rahmen der Datenerhebung nicht erfasste
Personen sind solche ohne gemeldeten Wohnsitz. Im Jahr 2024 wurden 44.491 Haushalte mit 89.721 Personen in diesen Haushalten, davon 76.495 Personen ab 16 Jahre, befragt.
Ab dem Erhebungsjahr 2020 werden sowohl Erst- als auch Endergebnisse von MZ-SILC veröffentlicht. Die Armutsquoten dieses Berichts basieren auf den Endergebnissen von 2024. Die Zahlen beruhen größtenteils auf veröffentlichten Zahlen vom Statistischen Bundesamt auf Basis von MZ-SILC.
Zudem sind weitere öffentlich zugängliche Daten von Eurostat zu Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) in die Analyse eingegangen. Die jeweiligen Daten entstammen derselben Erhebung. Die Ergebnisse von MZ-SILC sind aufgrund einer neuen Erhebungsweise und infolge von Modifikationen in der Hochrechnung nur eingeschränkt mit denen aus 2019 und früher vergleichbar.
Die Paritätische Armutsberichterstattung fokussiert sich auf den Aspekt relative Einkommensarmut. Der Paritätische folgt damit einer etablierten Konvention, was die Definition und die Berechnung von Armut anbelangt. In Abkehr von einem sogenannten absoluten Armutsbegriff, der Armut an existenziellen Notlagen wie Obdachlosigkeit oder Nahrungsmangel festmacht, ist der in Wissenschaft und Politik etablierte Armutsbegriff ein relativer. Arm sind demnach alle, die über so geringe Mittel verfügen, „dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist“, wie es im entsprechenden Kommissionsbericht der EU von 1983 heißt.
Dieser Konvention folgend zählt dieser Bericht jede Person als einkommensarm, die mit ihrem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Dabei handelt es sich um das gesamte Nettoeinkommen des Haushaltes inklusive Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag, anderer Transferleistungen oder sonstiger Zuwendungen.
Das Konzept relativer Einkommensarmut zeichnet sich durch die Annahme aus, dass in unterschiedlich wohlhabenden Gesellschaften Armut sehr unterschiedlich aussehen kann und vor allem durch gesellschaftlichen Ausschluss, mangelnde Teilhabe und nicht erst durch Elend gekennzeichnet ist. Es geht weiter davon aus, dass Armut ein dynamisches gesellschaftliches Phänomen ist. Mit zunehmendem Wohlstand einer Gesellschaft verändern sich Lebensweisen und es können neue Barrieren der Teilhabe entstehen, wenn dieser Wohlstand nicht alle relativ gleichmäßig erreicht. So kann nach diesem Konzept auch – oder gerade – bei wachsendem Reichtum (und zunehmender Einkommensspreizung) Armut in einer Gesellschaft durchaus zunehmen.
Mit der Befürwortung des Konzeptes relativer Einkommensarmut soll die Relevanz von Konzepten eines Lebenslagen Ansatzes oder solchen, die Armut als „Mangel an Teilhabe“ oder „Mangel an Verwirklichungschancen” begreifen, keinesfalls in Abrede gestellt werden. Ebenso wenig wird die Relevanz öffentlicher Infrastruktur oder nicht-monetärer Ressourcen angezweifelt. Doch trägt das Konzept relativer Einkommensarmut der Tatsache Rechnung, dass Geld und Einkommen in modernen kapitalistischen Gesellschaften eine entscheidende „Schlüsselressource“ darstellen, die Teilhabe und Verwirklichungschancen in dieser Gesellschaft ermöglichen.
Aus Sicht des Paritätischen ist die 60-Prozent-Schwelle ein sehr guter Indikator, um Armut methodisch zu definieren und messbar zu machen. Mit der 60-Prozent-Marke wird eine Schwelle markiert, bei deren Unterschreiten Teilhabe an der Mitte dieser Gesellschaft in den meisten Fällen nicht mehr möglich und faktische Ausgrenzung die Folge ist. Zwei weitere Aspekte sprechen für die 60-Prozent-Armutsschwelle als verlässlicher Indikator für Armut. Dr. Irene Becker u. a. (2022) legen eine Analyse vor mit dem Ziel einer empirisch fundierten Ermittlung der Armutsschwelle und fokussieren dafür hauptsächlich die Ausgaben für die Ernährung. Sie finden bei den Ausgaben für die Ernährung eine „erste Sättigungsgrenze“ bei etwa 65 Prozent des Medianeinkommens und interpretieren diese Schwelle als Armutsgrenze. Schließlich zeigt eine aktuelle Untersuchung im Rahmen der Berichterstattung der Bundesregierung, dass die in einer Befragung subjektiv benannte Armutsgrenze mit der 60-Prozent-Schwelle übereinstimmt. Es gibt demnach gute empirische Gründe zu sagen: Unterhalb der 60-Prozent-Schwelle herrscht nicht eine diffuse „Armutsgefährdung“, sondern schlicht Armut. Eine Ausnahme kann lediglich für Haushalte angenommen werden, die über hohe Vermögen verfügen, die nicht in Wohneigentum gebunden sind.
Regelmäßig wird bei der Berechnung von Armutsquoten neu die Frage gestellt, ob es wirklich sinnvoll sei, eine einheitliche Armutsschwelle für die gesamte Bundesrepublik als Messlatte anzusetzen. Können Einkommensverhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt mit denen in Bayern oder Baden-Württemberg verglichen werden? Darf man Bremen und Hamburg „über einen Kamm scheren“? Muss nicht jedes Bundesland mit seiner eigenen Armutsschwelle vermessen werden?
Diese Frage ist berechtigt. In der Tat unterscheiden sich Ergebnisse signifikant, je nachdem, ob der Bundes- oder ein Landesmedianeinkommen als Bezugspunkt gewählt wird. Dies ist Ausdruck des unterschiedlichen Durchschnittseinkommens in den Bundesländern. Eine Betrachtung auf Grundlage des Landesmedians ist sinnvoll, wenn die soziale Entwicklung innerhalb eines Landes analysiert werden soll. Für die Analyse der Armutsentwicklung in Deutschland insgesamt ist allerdings ein gemeinsamer Bezugspunkt notwendig. Wenn für jedes Bundesland das jeweils spezifische Einkommensniveau zur Grundlage der Berechnungen gemacht wird, und damit auch eigene Armutsschwellen fehlt dieser gemeinsame Maßstab, das mittlere Einkommen aller in Deutschland Lebenden. Die Länder sind hier nicht als eigenständige Einheiten zu betrachten, sondern als Teil des Bundes, für den verfassungsrechtlich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als Norm verankert ist. Für diesen Bericht bleibt deshalb die Orientierung am Bundesmedian die Richtschnur.
Fragen und Antworten zum Armutsbericht
Die Armutsquoten im Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes beruhen auf den Daten der “Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen”. Diese Daten werden vom Statistischen Bundesamt im Rahmen des Mikrozensus erhoben und abgekürzt mit MZ-SILC. Der Armutsbericht 2025 “Verschärfung der Armut” arbeitet – anders als in den Vorjahren – nicht länger mit den Daten des Mikrozensus-Kern, sondern mit der Unterstichprobe MZ-SILC. Der Paritätische arbeitet im Armutsbericht 2025 mit MZ-SILC, weil sich die Erhebung in jüngster Vergangenheit methodisch verbessert hat. MZ-SILC ist nach Aussage des Statistischen Bundesamts die “amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armut und Lebensbedingungen auf Bundesebene”.
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht auf Basis des Mikrozensus zwei unterschiedliche Armutsgefährdungsquoten. Die Armutsgefährdungsquote auf Grundlage der Unterstichprobe des Mikrozensus zu Einkommen und Lebensbedingungen (MZ-SILC) ist die Primärquelle des Statistischen Bundesamts für Ergebnisse zum Thema Armut und erlaubt einen EU-weiten Vergleich der Quoten. Daneben veröffentlicht das Statistische Bundesamt eine Armutsgefährdungsquote, die auf dem Mikrozensus-Kernprogramm beruht (MZ-Kern). Durch den großen Stichprobenumfang erlaubt MZ-Kern zwar eine tiefere fachliche und regionale Auswertung, das Einkommen wird allerdings nur mit Bezug auf einen Berichtsmonat und mit Blick auf Einkommensspannen abgefragt. Weil MZ-SILC Einkommen aus dem Vorjahr erfragt, und das gesamte Kalenderjahr betrachtet wird, können unregelmäßige oder variierende Einkommen besser berücksichtigt werden.
In der Vergangenheit hat der Paritätische mit MZ-Kern gearbeitet. Auf Grund methodischer Verbesserungen bei MZ-SILC arbeitet der Paritätische im Armutsbericht 2025 mit den Armutsgefährdungsquoten von MZ-SILC.
Der Armutsbericht des Paritätischen bezeichnet jede Person als einkommensarm, die mit ihrem äquivalenzgewichteten Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Dem Armutsbericht liegt also das Konzept relativer Einkommensarmut zugrunde. Es zeichnet sich durch die Annahme aus, dass in unterschiedlich wohlhabenden Gesellschaften Armut sehr unterschiedlich aussehen kann und vor allem durch gesellschaftlichen Ausschluss, mangelnde Teilhabe und nicht erst durch Elend gekennzeichnet ist. Es geht weiter davon aus, dass Armut ein dynamisches gesellschaftliches Phänomen ist. Mit zunehmendem Wohlstand einer Gesellschaft verändern sich Lebensweisen und es können neue Barrieren der Teilhabe entstehen, wenn dieser Wohlstand nicht alle relativ gleichmäßig erreicht. Mit diesem Armutsbegriff folgt der Paritätische wie auch das Statistische Bundesamt der in Wissenschaft und Politik etablierten Definition von Armut.
Der Paritätische nutzt nicht den häufig verwandten Begriff der „Armutsgefährdung“, da dieser angesichts der Einkommen, um die es konkret geht und der sich dahinter verbergenden massiven Armutsprobleme, als Euphemismus angesehen werden muss. Aus Sicht des Paritätischen ist die 60-Prozent-Schwelle ein sehr guter Indikator, um Armut methodisch zu definieren und messbar zu machen. Mit der 60-Prozent-Marke wird eine Schwelle markiert, bei deren Unterschreiten Teilhabe an der Mitte dieser Gesellschaft in den meisten Fällen nicht mehr möglich und faktische Ausgrenzung die Folge ist. Analysen von Irene Becker u. a. (2022) bestätigen die Verlässlichkeit der 60 Prozent-Schwelle. Schließlich zeigt eine jüngere Untersuchung im Rahmen der Berichterstattung der Bundesregierung zu Armut und Reichtum, dass die subjektiv benannte Armutsgrenze ungefähr mit der 60-Prozent-Schwelle übereinstimmt. Es gibt demnach gute empirische Gründe zu sagen: Unterhalb der 60-Prozent-Schwelle herrscht nicht eine diffuse „Armutsgefährdung“, sondern schlicht Armut. Eine Ausnahme kann lediglich für Haushalte angenommen werden, die über hohe Vermögen verfügen, die nicht in Wohneigentum gebunden sind und daher zur Existenzsicherung genutzt werden könnten.







