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Ernährung für Mensch und Planet

Die globale Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion haben einen erheblichen Anteil am Treibhausgas-Ausstoß und beeinflussen Biodiversität und Ökosysteme. Doch unsere Ernährung ist nicht nur eine Herausforderung für die Zukunft, sie kann auch Teil der Lösung für viele Probleme sein. Das Projekt „Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken“ hat sich an zwei Tagen mit diesem wichtigen Thema befasst.

Die Lebensmittel, die wir essen, die Art und Weise, wie wir sie produzieren und die Menge, die wir verschwenden oder wegwerfen, spielen eine wichtige Rolle für die menschliche Gesundheit und für die ökologische Nachhaltigkeit. Das hat Dr. med. Jörg Schmid den Teilnehmenden des Projekts „Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken“ in einem Vortrag eindrucksvoll vermittelt. Jörg Schmid ist neben seiner Tätigkeit als Assistenzarzt in Weiterbildung zum Facharzt auch Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Ernährung und Planetary Health bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG).

Schmid gab einen Einblick in die Planetare Gesundheit, die sich mit den Zusammenhängen zwischen der menschlichen Gesundheit und den politischen, ökonomischen und sozialen Systemen befasst, sowie den natürlichen Systemen unseres Planeten, von denen die Existenz der menschlichen Zivilisation abhängt. Er stellt fest: Die Gesundheit des „Patienten Erde“ ist stark gefährdet. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Nahrungsmittelproduktion. Die Landwirtschaft bestimmt den Planeten: Sie ist für 26 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, nimmt 50 % der weltweit bewohnbaren (eis- und wüstenfreien) Fläche ein und 70 % des verfügbaren Süßwassers in Anspruch und ist für 78 % der globalen Meeres- und Süßwasserverschmutzung verantwortlich.

69% der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen gehen auf das Konto von tierischen Lebensmitteln. Entscheidend ist laut Schmid daher besonders, welche Lebensmittel wir konsumieren. Hier kann Ernährung also nicht nur die Ursache sein, sondern auch die Lösung. Ernährung ist der wichtigste Gesundheitsfaktor und entscheidend für eine gesunde Erde. Mit der Planetary Health Diet (The Lancet), die Schmid im Einzelnen vorstellte, lassen sich bis zu 70 % der Emissionen einsparen.  

Weniger Emissionen bei besserer Gesundheit

Hier ein Beispiel, wie bereits kleine Veränderungen Wirkung zeigen können: 80 % der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen werden durch Viehzucht verursacht – besonders durch Methan. Der Verzehr von gesättigten Fettsäuren aus tierischen Produkten erhöht zudem das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Eine pflanzenbasierte Ernährung senkt dieses Risiko und hilft auch dabei Übergewicht, Rheuma und Krebs vorzubeugen. Weniger tierische Produkte bedeuten also weniger Vieh und damit weniger Emissionen bei besserer Gesundheit.

Wie das jetzt in einer Einrichtung der Sozialen Arbeit umgesetzt werden kann, das hat Sandra Rippel vorgestellt. Sie ist Hauswirtschaftsleitung bei Gemeinnützige PARITÄTISCHE Kindertagesbetreuung GmbH Südbayern und für die Verpflegung in 50 Einrichtungen in Bayern verantwortlich. Die Kinder in den Einrichtungen bekommen ein Frühstück und eine Zwischenmahlzeit am Vormittag, ein Mittagessen und eine Zwischenmahlzeit am Nachmittag.

Die Kitas versorgen die Kinder in Anlehnung an die DGE-Qualitätsstandards. Sie legen Wert auf regionale, saisonale und oder ökologische Lebensmittel, bieten reichlich pflanzliche Lebensmittel an, wenig tierische Lebensmittel, wenig Zucker und setzen einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit. Zur Umsetzung hat ein Gremium der Verpflegungsbeteiligten, an dem auch die Eltern beteiligt waren, zunächst klare Ziele festgelegt, die bei der Umstellung des Essensangebots, auch bei der Auswahl von Lieferanten, berücksichtigt wurden. Bei der Umstellung wurde natürlich auch darauf geachtet, dass es den Kindern schmeckt und sie in einer entspannten Atmosphäre essen können.  

Herausforderungen bei der Umstellung der Verpflegung

Dieses Beispiel im Hinterkopf haben die an dem Projekt „Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken“ teilnehmenden Einrichtungen am nächsten Tag mit ins Peer Coaching genommen. Das Peer Coaching hatte das Ziel, sich zu weiteren Herausforderungen bei der Umstellung der Verpflegung in Einrichtungen der Sozialen Arbeit auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

In drei Gruppen wurden drei konkrete Herausforderungen jeweils einer Einrichtung besprochen. Es ging um die Fragen:

  • Wie können Mitarbeiter*innen motiviert werden, die Klient*innen bzgl. klimagesunder Ernährung zu überzeugen?
  • Wie kann ein fleischarmer/fleischloser Speiseplan so wertig gestaltet werden, dass Senior*innen keinen “Mangel“ empfinden?
  • Wie können Senior*innen davon überzeugt werden, dass die Verpflegung umgestellt wird?

Die Teilnehmenden sammelten als Lösungen auf diese Herausforderungen u.a. Zeit nehmen, Gespräche und Einbeziehung aller, über die gesundheitlichen Vorteile zu informieren, ältere Menschen mit jungen Menschen ins Gespräch zu bringen, Nudging, fleischlose Lieblingsessen der Bewohner*innen sammeln, Kochkurse für Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen, eigener Gemüseanbau und vieles mehr.

Deutlich wurde in den zwei Tagen: Klimagerechte Ernährung ist ein sehr sensibles, aber äußerst wichtiges Thema. Die Vorteile einer klimagerechten Verpflegung für unser Klima und für unsere Gesundheit sind enorm. Bei aller Herausforderungen ist es zwingend notwendig, dran zu bleiben.

Die Präsentationen von Dr. med. Jörg Schmid und Sandra Rippel liegen dieser Fachinfo bei.