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Ein Plüschbär hat den Arm um einen Plüschhasen gelegt, beide sitzen am Fenster und schauen hinaus.

Neue Paritätische Expertise: Maßnahmen der Länder zum Abbau von Benachteiligungen in der Kindertagesbetreuung

Die Kinder- und Jugendhilfe hat gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII den gesetzlichen Auftrag, Benachteiligung zu vermeiden und abzubauen. Der Auftrag gilt damit auch für die Kindertagesbetreuung.

In der öffentlichen Wahrnehmung stehen die Betreuungs- und Bildungsaspekte der Kindertagesbetreuung vielfach im Vordergrund. Dabei wird manchmal übersehen, dass der Abbau von Benachteiligungen ebenfalls ein zentraler gesetzlicher Auftrag der Kindertagesbetreuung ist, der in § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII grundsätzlich für die gesamte Kinder- und Jugendhilfe als Handlungsprinzip festgehalten ist. Demnach soll die Kinder- und Jugendhilfe dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung dem § 1 SGB VIII die Funktion einer Generalklausel und Leitnorm zugeschrieben, die auch für die Kindertagesbetreuung verbindlich ist.

Obwohl seit vielen Jahren bekannt ist, dass das Bildungssystem Benachteiligungen nicht abbaut bzw. sogar verstärkt und die negativen Effekte von Benachteiligungen sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene gravierend sind, gibt es bislang kaum Auseinandersetzungen darüber, wie das System der Kindertagesbetreuung diesen Anforderungen gerecht werden kann. So spielen Bildungsbenachteiligungen etwa im Monitoring des Gute-KiTa-Gesetzes keine Rolle – obschon das Gesetz explizit den Anspruch einer Teilhabeverbesserung hat.[1]

Diese Expertise wertet verschiedene Ansätze der Bundesländer aus, die dieses Ziel über eine Verbesserung der Personalausstattung in Kindertageseinrichtungen anhand benachteiligungsrelevanter Kriterien verfolgen. Ein Vergleich dieser Maßnahmen verdeutlicht, dass die Länder sehr unterschiedliche Methoden verwenden, die zudem unterschiedlich gut geeignet sind.

Gegenwärtig erhält die sprachliche Entwicklung eine besondere Aufmerksamkeit als Kriterium für zusätzliche Förderung. Dieses Kriterium weist aber zahlreiche Probleme auf, da die sprachliche Entwicklung nur ein Aspekt unter vielen ist und eine Unterstützung erst dann erfolgt, wenn sich Benachteiligungen bereits verfestigt haben. Auch wenn Sprachstandsfeststellungen ihre Berechtigung haben, zeigt die Expertise, dass es geeignetere Indikatoren für Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen gibt.

Autor*innen:
Niels Espenhorst, Der Paritätische Gesamtverband
Dr. Thomas Kemper, Universität Osnabrück, Institut für Erziehungswissenschaft
Liubovi Colbasevici, Universität Osnabrück, Institut für Erziehungswissenschaft

 

 

 

Bild oben: © Inga – AdobeStock

[1] BMFSFJ (2023): Monitoringbericht zum KiQuTG 2022, https://www.bmfsfj.de/resource/blob/208536/e09e054e185731d16a93f15d94783dbd/monitoringbericht-zumkiqutg-2022-data.pdf (Abruf November 2023.)