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Fortschreibung der Regelbedarfsexpertise

Die Paritätische Forschungsstelle hat in der Expertise "Regelbedarfe 2021" eigenständige Berechnungen der Regelbedarfe vorgestellt, die die Vorgaben des sogenannten Statistikmodells konsequent umsetzen. Die Ergebnisse werden mit der vorliegenden Kurzexpertise auf das Jahr 2024 fortgeschrieben. Im Ergebnis ergibt sich für eine*n alleinlebende*n Erwachsene*n ein Regelbedarf von 813 Euro.

In der Expertise „Regelbedarfe 2021“ hat die Paritätische Forschungsstelle alternative Berechnungen der Regelbedarfe vorgestellt. Diese Ergebnisse werden mit der Kurzexpertise auf das Jahr 2024 fortgeschrieben. Die Paritätische Forschungsstelle wendet bei dieser Fortschreibung die jeweils gültigen gesetzlichen Regeln an. Im Ergebnis errechnet sich für 2024 ein Regelbedarf für eine alleinlebende Person von 813 Euro. Die konkreten Berechnungsschritte sind in der Kurzexpertise erläutert.

Mit der Einführung des Bürgergeldgesetzes ist die Fortschreibungsvorschrift geändert worden. Ziel dieser Änderung im Bürgergeldgesetz war die zeitnahe Reaktion auf die akute Inflation.

In der aktuellen Debatte wird die Anpassung zum 1.1. 2024 um etwa 12 Prozent kritisiert. Dazu ist auf folgende Aspekte hinzuweisen:

1. Die Regelbedarfe werden zum 1. Januar 2024 um 12 Prozent angehoben. In Kombination mit der Anpassung zum 1. Januar 2023 scheinen die Regelbedarfe heute deutlich höher als noch vor zwei Jahren. Das ist zunächst einmal zutreffend. Entscheidend ist aber, dass die Preise in dem Zeitraum ebenso gestiegen sind. Tatsächlich sind die Anpassungen für die Betroffenen eine überfällige Entlastung angesichts des erheblichen Inflationsdrucks, der sich insbesondere für einkommensschwache Haushalte existenzbedrohlich auswirkt. Die Kritik ist sachlich unangemessen, da bereits die nur scheinbar hohe Anpassung zum 1.1.2023 unterhalb der tatsächlichen regelbedarfsspezifischen Preisentwicklung geblieben ist. Insofern besteht hier ein entsprechender Nachholbedarf. Die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen im zweiten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahr beträgt etwa 10 Prozent. Das ist der Zeitraum, auf den die Formel für die anstehende Anpassung abstellt. Die Regelbedarfsanpassung 2024 liegt somit geringfügig oberhalb der Preisentwicklung der regelbedarfsspezifischen Güter und Dienstleistungen in diesem Zeitraum. Die Regelbedarfsanpassung sorgt im Kern dafür, dass die bescheidene Kaufkraft erhalten bleibt. Das ist sehr zu begrüßen, stellt aber keine nennenswerte effektive Erhöhung der Leistungen dar. Die strukturelle Unterdeckung der Bedarfe von Grundsicherungsbeziehenden wird durch die Regelbedarfsanpassung nicht behoben.

2. Die Anpassung folgt der gesetzlichen Regelung, die von allen politischen Parteien bei der Einführung des Bürgergelds mitgetragen wurde. Die Anpassungsformel wurde im Vermittlungsausschuss nicht strittig gestellt. Die aktuelle Fortschreibung ist nunmehr das rechnerische Ergebnis einer modifizierten Fortschreibeformel, die eingeführt wurde, um Grundsicherungsbeziehende besser vor akuten Kaufkraftverlusten zu schützen.

3. In der politischen Debatte wird verschiedentlich mit einem Lohnabstandsgebot argumentiert: Erwerbsarbeit lohne sich nicht oder nur zu wenig, weil die Grundsicherungsleistungen zu stark stiegen. Dafür gibt es eine einfache Lösung: auch der Mindestlohn muss ausreichend angehoben werden, damit auch für Erwerbstätige mit geringen Einkommen ein hinreichender Inflationsausgleich realisiert wird. Eine faktische Absenkung des menschenwürdigen Existenzminimums durch eine unzureichende Fortschreibung der Regelleistungen ist dagegen abzulehnen und widerspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.