Zum Hauptinhalt springen

Paritätischer fordert Erhöhung des Kurzarbeitergeldes und Mindestkurzarbeitergeld

Fachinfo
Erstellt von Joachim Rock

Mit der Covid-19-Pandemie haben zahlreiche Beschäftige binnen weniger Tage sicher geglaubte Beschäftigungen ganz oder teilweise verloren. Über 720.000 Unternehmen haben bereits Kurzarbeit angemeldet. Die Bundesregierung ging von etwa 2,35 Millionen Berechtigten aus, selbst wenn die Kontaktbeschränkungen im April ausgelaufen wären. Für längere Dauern rechnet etwa das Münchner IfO-Institut mit bis zu sechs Millionen Kurzarbeitergeldberechtigten und dem Verllust von bis zu 1,8 Millionen regulärer Jobs sowie bis zu 780.000 Mini-Jobs. Das bestehende Instrument des Kurzarbeitergeldes kann in dieser Situation eine wirksame Lohnersatzleistung sein. Um stärker armutsvermeidend zu wirken, schlägte der Paritätische eine deutliche Erhöhung des Kurzarbeitergeldes und die Einführung eines Mindeskuzrarbeitergeldes vor.

Was ist Kurzarbeitergeld?
Kurzarbeitergeld ist ein mit Unterbrechungen seit 1910 etabliertes Instrument der Arbeitsmarktpolitik, um Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten temporär von Lohnkosten zu entlastet. Es setzt eine tarif- oder arbeitsvertragliche Grundlage voraus. Der Betriebsrat verfügt über ein Mitbestimmungsrecht. Das Kurzarbeitergeld wird nach dem Nettoentgeltausfall bemessen und beträgt grundsätzlich 60 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts, bei Kurzarbeitenden mit mindestens einem Kind im Haushalt 67 Prozent. Kurzarbeitergeld kann grundsätzlich bis zu 12 Monaten bezogen werden. Die maximale Bezugszeit kann per Verordnung auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Welche gesetzlichen Änderungen gab es zuletzt beim Kurzarbeitergeld?
Am 13. März 2020 wurde das „Gesetz zur krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ beschlossen.
Das Gesetz enthält auch eine bis Ende 2021 befristete Verordnungsermächtigung. Bereits am Mittwoch, dem 25. März 2020, hat das Bundeskabinett auf dieser Grundlage die Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit (KurzarbeitergeldVO) gebilligt, die rückwirkend zum 1. März 2020 und bis zum 31.12.2020 befristete, erleichterte Bezugsmöglichkeiten für das Kurzarbeitergeld vorsieht. Dazu zählt, dass
·\tder Anteil der Beschäftigten, die aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen von Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bevor ein Betrieb Kurzarbeit anmelden kann, von bisher 30 auf zehn Prozent der Beschäftigten gesenkt wird;
·\tauf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung als Voraussetzung für das Kurzarbeitergeld verzichtet werden kann,
·\tdie Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgebenden durch die Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet werden sollen,
·\tauch Leiharbeitende künftig Kurzarbeitergeld beziehen können.
Anders als in der Vergangenheit werden voraussichtlich Beschäftigte aus Dienstleistungsbranchen mit einem geringen Einkommen überproportional häufig auf Grundsicherung angewiesen sein, wenn es bei der gegebenen Höhe des Kurzarbeitergeldes bliebe. Der Bundestag wird sich deshalb voraussichtlich schon in seiner Sitzungswoche ab dem 20. April mit Verbesserungen befassen.

Warum braucht es eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes?
In der Vergangenheit waren häufig nur einzelnen Branchen davon betroffen, dass Kurzarbeitergeld beantragt werden musste. Häufig traf das Beschäftigte mit relativ guten Einkommen, die Einschränklungen waren zudem häufig saisonal und kamen damit nicht unvorhergesehen. Alle drei Kriterien greifen in dieser Situation nicht: Betroffen sind viele Geringverdiener, der Einbruch kam überraschend und betrifft nahezu alle Bereiche. Eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ist notwendig, um zu verhindern, dass deutlich mehr Menschen auf Grundsicherung angewiesen sind.

Die Covid-19-Pandemie führt zu weitreichenden arbeitsmarktpolitischen Verwerfungen. Das bestehende Leistungsniveau des Kurzarbeitergeldes reicht in dieser Situation nicht aus. Das Kurzarbeitergeld muss deshalb erhöht und gleichzeitig aus Steuermitteln bedarfsgerecht ausgestaltet werden.

Der Paritätische fordert deshalb eine pauschale Anhebung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 80 bzw. 87 Prozent des Nettoeinkommens und die Einführung eines Mindest-Kurzarbeitergeldes. Zusammen mit eventuell verbleibenden Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit soll eine Aufstockung auf insgesamt mindestens 1.250 Euro netto erfolgen. Bei Teilzeitbeschäftigten ist die Aufstockung auf den bisherigen Verdienst beschränkt. Das Mindestkurzarbeitergeld entspricht in etwa dem Betrag, der sich aus einem bedarfsgerechteren Regelsatz, den durchschnittlichen Kosten der Unterkunft für einen Ein-Personen-Haushalt und einem erhöhten Freibetrag für Erwerbseinkommen in der Grundsicherung ergibt.

Das Kurzarbeitergeld wird weiterhin wesentlich durch die Bundesagentur für Arbeit finanziert, ein etwaiger Zuschlag wird durch die Bundesagentur für Arbeit administriert und aus Steuermitteln finanziert.

Zugleich fordert der Paritätische die Bundesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Instrument der Kurzarbeit als Hilfe für die Betriebe zur Überbrückung der derzeitigen Krisensituation subsidiär eingesetzt wird und Betriebe vorrangig angehalten sind, aktuell auf Bonizahlungen und Dividendeausschüttungen zu verzichten.