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Paritätischer fordert gemeinsam mit Umwelt- und Sozialverbänden in einem offenen Brief an die Bauministerkonferenz weniger Gebäudeabriss und mehr Bestandserhaltung durch Sanierung und Umnutzung

Anlässlich zum 75‐jährigen Jubiläum der Bauministerkonferenz mahnt der Paritätische in einem Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden die Wichtigkeit eines nachhaltigen Wandels im Bauwesens an. Aus ökologischen und sozialen Gründen muss der Gebäudeabriss begrenzt und stattdessen mehr Bestandserhalt geschaffen werden.

Aus Sicht der Unterzeichner:innen müssen umgehend die Rechtsgrundlagen zur Einführung einer verpflichtenden Abrissgenehmigung für Bestandsgebäude sowie zur Vereinfachung von Umbau und Umnutzung bestehender Gebäude geschaffen werden. Diese Maßnahmen sind verfassungsrechtlich zulässig und können unverzüglich umgesetzt werden, um den Umweltschutz, die Klimaverträglichkeit und die soziale Gerechtigkeit im Bau‐ und Wohnungswesen zu fördern.

Die Herstellung von Baumaterialien sowie die Errichtung, die Modernisierung und die Nutzung von Gebäuden verursachen ca. 40 % der nationalen Treibhausgasemissionen. Deutschlandweit sind in Gebäuden 28 Milliarden Tonnen Baumaterialien verbaut für deren Herstellung bereits enorme Mengen an Treibhausgasen freigesetzt wurden. Jedoch werden in Deutschland jährlich tausende Gebäude abgerissen und neugebaut, obwohl sie durch Sanierung, Umnutzung oder Reaktivierung erhalten werden könnten. Dies steht dem dringend notwendigen Klima‐ und Ressourcenschutz im Bau- und Gebäudebereich erheblich entgegen.

Der Bestandserhalt kann in Zeiten eklatanten Wohnungsmangels, insbesondere im bezahlbaren Segment, zur Linderung von drängenden sozialpolitischen Problemen beitragen. Der Abriss und anschließende Neubau von Wohngebäuden führt in der Regel zur Verdrängung  einkommensschwacher Mieter:innen und verschärft die soziale Ungleichheit, da die Mietpreise in den neu errichteten Gebäuden häufig deutlich höher sind. Aufgrund der fehlenden Abrissgenehmigung und mangelhaften gesetzlichen Vorgaben haben Eigentümer:innen und Investoren in den meisten Fällen die Befugnis, nach ihren persönlichen Interessen und Anliegen zu entscheiden, ob ein Gebäude saniert oder abgerissen wird. Dabei ist es nicht erforderlich Genehmigungen einzuholen, Transparenz herzustellen, Prüfungen durchzuführen oder soziale Belange zu berücksichtigen. Gleichwohl gilt es die Kosten für Sanierungsvorhaben sozialverträglich aufzufangen und Verdrängungseffekte zu vermeiden, indem das bestehende System der Modernisierungsumlage grundlegend überarbeitet und eine Senkung der Wohnkosten im Zuge energetischer Modernisierung sichergestellt wird. So ist aus ökologischen wie sozialen Gesichtspunkten dringend erforderlich, willkürliche Abrisse zu verhindern und gleichzeitig Klima‐ und Umweltschutz sowie den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten. Der tatsächlich notwendige Neubau muss klima‐ und umweltgerecht, ressourcensparend und kreislauffähig sowie barrierefrei realisiert werden. Gefordert wird zum einen die Festschreibung einer verpflichtenden Abrissgenehmigung für Bestandsgebäude in der Musterbauordnung (MBO § 80, 61) und in den Landesbauordnungen. Zum anderen braucht es eine Erleichterung von Umbau und Umnutzung des Bestands in der Musterbauordnung und den Landesbauordnungen.