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Bild Andreas Lischka
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Reform des Einbürgerungsrechts Zahlen und Positionen

Die aktuelle Debatte um die Reform des Einbürgerungsrechts hat die Diskussion um die Integrationspolitik wiedermal in der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Aus diesem Anlass finden Sie hier ein Zahlen und inhaltliche Hinweise, sowie die Position des Paritätischen zum Thema.

Im Jahr 2021 wurden 131.600 Ausländer*innen in Deutschland eingebürgert. Laut Zahlen des Statistisches Bundesamt, fanden damit rund 21.700 oder 20% mehr Einbürgerungen statt als in 2020 (109.880). Die Hälfte des Anstiegs bei den Einbürgerungen kommt von Menschen mit syrischen Staatsangehörigkeit, die ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht abgeben müssen. Was erstmal als eine gute Nachricht klingt, ist nicht wirklich, da es auf die Zahl der Menschen ankommt, die allein wegen der Aufenthaltsdauer sich einbürgern lassen könnten. Diese Zahl wird das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial (AEP) genannt, diese lag in Deutschland in 2021 bei 2,45%, 2020 bei 2,15%.

Die Tatsache, dass hierzulande Millionen von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit von den Wahlen auf Bundesebene und teilweise auch auf kommunaler Ebene ausgeschlossen werden, bedeutet ein gravierendes demokratisches Defizit: es gibt eine Diskrepanz zwischen Staatsangehörigen und der dauerhaften Wohnbevölkerung. Der Paritätische spricht sich zusammen mit dem Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen seit langem für eine Verbesserung der Einbürgerungspolitik- und Praxis. Der Verband fordert unter anderem die Ermöglichung der Mehrfachstaatsangehörigkeit und Verbesserungen bei der Einbürgerung per Geburt, aber auch eine bessere Ausstattung der Einbürgerungsbehörden vor Ort und eine intensivere Informationspolitik zum Thema Einbürgerung.  

SPD, FDP und BÜNDNIS 90/Die Grüne wollen nun laut Koalitionsvertrag die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglichen (S. 118), die Einbürgerung nach fünf Jahren Voraufenthaltszeit verkürzen, bei besonderen Integrationsleistungen sogar nach drei Jahren, in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern werden mit der Geburt deutsche Staatsbürger*innen, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren einen rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, der Nachweis Sprachniveau für erste Generation senken und "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ durch klare Kriterien zu ersetzten. Die Eckpunkte zur Änderung des Gesetzes wurden von der Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vor kurzem öffentlich gemacht.

Gerade wird verhandelt, welche Inhalte nach der Ressortabstimmung noch im Gesetzentwurf sein werden, besonders bitter ist daher in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die FDP als Koalitionspartnerin sich für eine Verschiebung der Diskussion ausspricht und von einer Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft redet, und, dass die CDU von einem Verramschen der deutschen Staatsangehörigkeit spricht.

Die CDU fordert das Verbot der Mehrfachstaatsangehörigkeit beizubehalten, diese Beibehaltung würde jedoch ein Kernelement der Reform erledigen. Die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit(en) ist ein Hindernis für ein Einbürgerungsverfahren, nicht nur aus identifikatorischen und psychologischen Aspekten, sondern auch aus sehr praktischen Gründen. Die Aufgabe einer Staatsangehörigkeit ist immer mit Zeit- und Kostenaufwand für die Betroffenen verbunden. In 2021 wurden 69% der Einbürgerungen mit der Beibehaltung der bisherigen Staatangehörigkeit durchgeführt, da es zahlreiche Ausnahmen gibt, z.B. für EU-Bürger*innen, oder für Menschen aus Drittländern bei der die Entlassung der bisherigen Staatangehörigkeit nicht zumutbar ist, oder bei der ihr Land einfach nicht ausbürgert. Insofern geht die Forderung die Hinnahme der Mehrfachstaatsangehörigkeit weiterhin zu verbieten bereits an der Realität vorbei.