Sichere Fluchtwege aus Afghanistan schaffen!
Die Situation in Afghanistan ist nach der Machtübernahme durch die Taliban extrem unübersichtlich und ändert sich stündlich. Deutschland hat eingeräumt, die Lage in Afghanistan falsch eingeschätzt zu haben. Mittlerweile wurde eine Luftbrücke nach Kabul eingerichtet – viel zu spät. Bundeskanzlerin Merkel spricht von ca. 10.000 Menschen, v.a. Ortskräften deutscher Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, die auf diesem Weg nach Deutschland ausgeflogen werden sollen. Eine erste deutsche Maschine hat lediglich 7 Personen ausgeflogen...
Mit Blick auf die aktuelle Situation fordert der Paritische Gesamtverband die schnellstmögliche Evakuierung möglichst vieler Menschen aus Kabul, die in akuter Gefahr sind. Dazu gehören Ortskräfte deutscher Ministerien, NGOs und Stiftungen; Journalist*innen; Wissenschaftler*innen, die in Deutschland studiert oder geforscht haben sowie andere besonders Gefährdete wie etwa Menschenrechtsverteidiger*innen, Frauenrechtsaktivist*innen, Autoren*innen, Künstler*innen, Sportler*innen und Angehörige religiöser und sexueller Minderheiten sowie ihre Familienangehörigen. Auch die Familienangehörigen der in Deutschland anerkannten Flüchtlinge, die seit langem auf die Ausreise warten, müssen mit ausgeflogen werden.
Darüber hinaus bedarf es aber schon jetzt weiterer wichtiger Schritte:
- Unterstützung der Nachbarstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen in der Region im Wege der Nothilfe (humanitäre und finanzielle Unterstützung)
- Entlastung der Nachbarstaaten durch die Aufnahme Geflüchteter aus den Erstaufnahmeländern und Schaffung sicherer und legaler Zugangswege. Hierfür bieten sich verschiedene Wege an, die sich sinnvollerweise ergänzen:
- Resettlement afghanischer Flüchtlinge aus den Erstaufnahmestaaten
- Großzügige Erteilung humanitärer Visa nach § 22 AufenthG an allen deutschen Botschaften für afghanische Flüchtlinge
- Ein Humanitäres Aufnahmeprogramm für Aghan*innen gemäß § 23 AufenthG - ggf. zusammen mit den Bundesländern
- Umgehende Bearbeitung aller Anträge auf Familiennachzug einschließlich einer sofortigen Aufstockung der personellen und sachlichen Ressourcen an den Botschaften, insbesondere in Islamabad, Neu Dehli und Teheran.
Für alle diese Maßnahmen braucht es den schnellen Aufbau der erforderlichen Strukturen sowie möglichst unbürokratische und schnelle Lösungen!
- Keine Grenzschließungen! Auch bei steigenden Flüchtlingszahlen muss das Refoulmentverbot nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention konsequent angewandt werden. Wenn Europa und Deutschland die Grenzen vor Flüchtlingen schließen, werden dies auch die Länder in der Region tun – mit absehbar katastrophalen humanitären Folgen.
- Keine Asylgrenzverfahren! Spätestens wenn die Zahl der in Europa ankommenden Flüchtlinge steigt, wird deutlich, dass das Konzept der Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen nicht möglich ist – oder mit gravierenden Menschenrechtsverletzungen einhergehen wird. Aus diesem Grund ist eine möglichst zügige Umverteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU zwingend erforderlich – ggf. zunächst nur auf eine „Koalition der Willigen“.