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Stellungnahme des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit zum Entwurf eines Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (BVaDiG)

Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hat eine Stellungnahme zum Entwurf eines Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (BVaDiG) abgegeben.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat einen Referentenentwurf eines Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (BVaDiG) erarbeitet und die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Der Entwurf sieht u.a. vor die berufliche Handlungsfähigkeit, die unabhängig von einem formalen Berufsausbildungsabschluss erworben wurde, aber einer Berufsausbildung vergleichbar ist, festzustellen und zu bescheinigen („Validierung“) und im System der beruflichen Bildung anschlussfähig zu machen.

Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hat Stellung dazu genommen. Die Träger der Jugendsozialarbeit bewerten den Entwurf gemeinsam mit Blick auf die Chancen junger Menschen, deren soziale und berufliche Integration aufgrund von sozialer Benachteiligung und/oder individueller Beeinträchtigung gefährdet ist. Der Kooperationsverbund sieht das BVaDiG als Grundlage für eine weitere Modernisierung der Wege in Ausbildung und Beruf.


Beim Arbeitsmarktzugang oder beim Wiedereinstieg in den Beruf zählen hauptsächlich formale Abschlüsse. Damit haben diejenigen Schwierigkeiten, die zwar etwas können, dies aber nicht über einen formalen Bildungsweg erworben haben. Durch eine Kompetenzanerkennung, wie es das Validierungsverfahren des BVaDiG vorsieht, können auch nicht formal erworbene Kompetenzen dokumentiert werden. Hierdurch erhöhen sich die beruflichen Chancen von Menschen, die ihre beruflichen Kompetenzen entweder im Ausland erworben oder auch Schwierigkeiten im formalen Bildungssystem haben. Aktuell haben mehr als 2,6 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren in Deutschland keinen Berufsabschluss. Damit fehlt ihnen eine solide Basis für die Lebensgestaltung. Zudem sind ihre berufliche Perspektive und Zukunftsplanung deutlich eingeschränkt. Sie sind somit auch stärker von Erwerbslosigkeit und in der Folge von Armut betroffen. Denn im weiteren Erwerbsleben werden Berufsabschlüsse meist nicht mehr aufgeholt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Personen deswegen erwerbslos sind oder keiner qualifizierten Tätigkeit nachgehen können. Vielmehr verfügen die meisten über non-formal und informell erworbene Kompetenzen, die sie in ihrer Beschäftigung einsetzen können – allerdings mit der Konsequenz, dass sie aufgrund mangelnder Anerkennung dieser Kompetenzen oft schlechter bezahlt werden als Kolleg*innen mit den entsprechenden Zertifikaten. Oder sie werden unterhalb ihrer eigentlichen Fähigkeiten eingesetzt.


Deswegen begrüßt der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit ausdrücklich das mit dem Gesetzesvorhaben BVaDiG vorgesehene bundesweit einheitliche Kompetenzvalidierungsverfahren. Mit dem Gesetz wird eine bundesweit einheitliche Regelung geschaffen, berufliche Kompetenzen anzuerkennen, die unabhängig von einem formalen Bildungsabschluss erworben wurden. Das kommt zum einen Geflüchteten oder Menschen mit Migrationsgeschichte ohne deutsche Zertifikate zugute. Denn viele dieser jungen Menschen verfügen über einen anerkannten Abschluss aus ihrem Herkunftsland oder ausreichend praktische Berufserfahrung. In Deutschland ist dieser Abschluss bzw. sind diese praktischen Kompetenzen allerdings nicht immer direkt anschluss-fähig, weil eine Anerkennung dieser beruflichen Handlungskompetenz fehlt.

Überdies besteht großes Potenzial, dass junge Menschen mit Beeinträchtigungen, die keine Ausbildung abschließen können, über eine Validierung ihrer berufspraktischen Fähigkeiten ihre Chancen auf einen Zugang in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis verbessern können.


Mit dem Projekt TalentPASS, das von März 2019 bis Oktober 2023 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichsfonds (§ 161 SGB IX) gefördert wurde, wurden die Vorteile der Validierung tätigkeitsrelevanter Kompetenzen für schwerbehinderte Menschen deutlich sichtbar. Im Rahmen des Projekts konnte Menschen, die bislang weitgehend von den bestehenden Angeboten beruflicher Kompetenzfeststellung und Weiterbildung ausgeschlossen waren, der Zugang zu individueller formaler Anerkennung unter Bezug auf das bestehende Berufsbildungssystem ermöglicht werden. Dass mit § 41d des Gesetzes zur Ordnung des Hand-werks (HwO-E) und mit dem § 50d des Berufsbildungsgestzes (BBiG) für Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zur Validierung von Teilen der für den Referenzberuf erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit eröffnet wird, ist sehr zu begrüßen. Damit wird der Weg geöffnet, dass die individuelle berufliche Handlungsfähigkeit bei Menschen mit Behinderung am Maßstab eines Referenzberufes auch dann festgestellt und bescheinigt wird, wenn diese nicht überwiegend vergleichbar mit der für die Ausübung des Referenzberufes erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit ist. Die Möglichkeit für behinderte Antragstellende, eine Verfahrensbegleitung zu benennen, bewertet der Kooperationsverbund ebenfalls positiv. Maßgeblich sollte sein, durch wen sich eine behinderte antragstellende Person begleiten lassen möchte. Nicht alle diejenigen, die mit den Belangen von Menschen mit Behinderungen im Rahmen der beruflichen Qualifizierung vertraut sind, verfügen über eine rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation und stellen dennoch wichtige Bezugspersonen im Verfahren dar.

Weitere Details der Stellungnahme sind im Anhang zu finden.