Zum Hauptinhalt springen

Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des BMJV „Regelungsvorschlag zur Schaffung eines präventiven Rechtsbehelfs bei überlangen Verfahren in bestimmten Kindschaftssachen“

Fachinfo
Erstellt von Franziska Pabst

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat im Dezember 2015 den Diskussionsentwurf „Regelungsvorschlag zur Schaffung eines präventiven Rechtsbehelfs bei überlangen Verfahren in bestimmten Kindschaftssachen“ vorgelegt, der die Einführung einer Verzögerungsrüge im familiengerichtlichen Verfahren vorsieht, um damit einen Rechtsbehelf zur Verfahrensbeschleunigung zu schaffen.

Der Reformvorschlag setzt im Wesentlichen die Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) um, der festgestellt hatte, dass das in Deutschlang geltende beschleunigte Verfahren (§ 155 FamFG) in bestimmten Umgangssachen nicht als „wirksamer präventiver Rechtsbehelf gegen die überlange Dauer von Umgangsverfahren angesehen werden kann.“ Zudem stellte er fest, dass auch die Verzögerungsrüge gemäß §§ 198 ff. GVG keine „hinreichende beschleunigende Wirkung auf laufende Verfahren“ habe. Die in Deutschland geltenden Regelungen genügten nach Ansicht des EGMR nicht den an einen Rechtsbehelf zu stellenden konkreten Anforderungen aus Art. 8 EMRK. Der Diskussionsentwurf schlägt mit der Implementierung einer Verfahrensrüge und einer Verfahrensbeschwerde neue verfahrensrechtliche Instrumente vor, die eine Priorisierung von Kindschaftssachen vorsieht.

Der Paritätische führt in seiner Stellungnahme aus, dass das beschleunigte Verfahren in Kindschaftssachen nach wie vor zu befürworten ist. Jedoch braucht es für die Realisierung ausreichend personelle und zeitliche Ressourcen bei den
Familiengerichten. Aus Sicht des Paritätischen mangelt es jedoch genau an diesen Voraussetzungen. Vor diesem Hintergrund sind weitere Instrumente, die zu einer höheren Arbeitsbelastung der Gerichte führen würden, kritisch zu hinterfragen. Vielmehr ist aus Sicht des Paritätischen nach Alternativmodellen zu suchen, um dem Anspruch des EGMR und gleichzeitig dem Kindeswohl Rechnung zu tragen sowie die Belastung der Gerichte nicht weiter zu erhöhen. In diesem Zusammenhang weist der Paritätische darauf hin, dass bspw. der österreichische Rechtsbehelf bei überlangen Verfahren bereits vom EGMR als taugliches Instrument im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bewertet wurde.
Stellungnahme des Paritätischen zum Diskussionsentwurf.pdfStellungnahme des Paritätischen zum Diskussionsentwurf.pdf