Erstmals hat das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) die Situation von LGBTQI*-Menschen, also Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, queer oder intergeschlechtlich bezeichnen, auf Basis empirischer Daten hinsichtlich ihrer Situation am Arbeitsmarkt untersucht. Dies war nur möglich, da erstmals das Problem geringer Fallzahlen durch eine gezielte Aufstockung der SOEP-Stichprobe erfolgte. Der Wochenbericht des DIW zeigt, dass trotz rechtlicher und gesellschaftlicher Fortschritte in der Akzeptanz von LGBTQI*-Personen in Deutschland Benachteiligungen in verschiedenen Lebensbereichen persistieren. Die Ergebnisse deuten auf strukturelle Hürden am Arbeitsmarkt für LGBTQI*-Menschen hin. Die (erwartete) fehlende Akzeptanz von LGBTQI*-Menschen in einigen Berufen führt dazu, dass LGBTQI*-Menschen jene Berufsbereiche stärker meiden und sich in ihrer beruflichen Wahl eher solchen Branchen zuwenden, die ein vergleichsweise offenes Betriebsklima gegenüber LGBTQI*-Menschen versprechen.
Weitere zentrale Befunde sind:
Erwerbssituation:
-\tLGBTQI*-Menschen sind mit 23,7% überproportional oft im Vergleich zur Vergleichsgruppe cis-heterosexueller Menschen (16%) im Gesundheits- und Sozialwesen beschäftigt sowie etwas häufiger im Bereich der Unterhaltung und der Erziehung und Unterricht beruflich angesiedelt. Zugleich sind sie deutlich seltener im produzierenden Gewerbe tätig (17% vs. 28%).
-\tLGBTQI*-Menschen sind mit 11,4% überproportional oft im Vergleich zur Vergleichsgruppe cis-heterosexueller Menschen (6,6%) selbstständig
Bildung:
-\tLGBTQI*-Menschen haben eine höhere Schul- und Berufsbildung: 60% der LGBTQI*-Menschen ist im Besitz der (Fach-)Hochschulreife (gegenüber 42% der cis-heterosexuellen Menschen) und erlangen mit 26% auch deutlich häufiger einen (Fach-)Hochschulabschluss oder die Promotion (gegenüber 16% der cis-heterosexuellen Menschen). Im Bereich der Lehre/ dualen Ausbildung sind LGBTQI*-Personen vergleichsweise unterrepräsentiert (27% vs. 39%).
Diskriminierung und Outing:
-\t40% der LGBTQI*-Menschen gaben an, in der Öffentlichkeit oder Freizeit in den letzten zwei Jahren Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Geschlechts(-identität) erlebt zu haben. Für den Bereich des Arbeitslebens gaben 30% Diskriminierungserfahrungen an
-\tVon Diskriminierung am Arbeitsplatz sind am stärksten Trans*-Menschen betroffen (43%)
-\t60% der LGBTQI*-Menschen haben sich nach eigenen Angaben gegenüber Vorgesetzten geoutet, 69% gegenüber Kolleg*innen. Im Produzierenden Gewerbe ist die Outing-Quote mit Abstand am niedrigsten (57%), in den Bereichen Öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Bereich Kunst und weitere Dienstleistungen beträgt die Outing-Quote hingegen rund 75%.
-\tEin offenes Betriebsklima gegenüber LGBTQI*-Menschen gehört für die Personengruppe zu den drei wichtigsten Präferenzen eines potentiellen Arbeitgebers und ist noch höher bewertet worden als gute Karriere- und Einkommensmöglichkeiten.
Für den Paritätischen kann davon ausgegangen werden, dass in Paritätischen Einrichtungen überproportional viele LGBTQI*-Menschen beschäftigt sind. Maßnahmen und Positionierungen des Paritätischen, die von Offenheit und Toleranz gegenüber LGBTQI*-Menschen zeugen kommt damit einerseits eine hohe Relevanz zu. Andererseits machen diese den Paritätischen für LGBTQI*-Menschen als Arbeitgeber attraktiv und aufgrund bestehender struktureller Hürden am Arbeitsmarkt auch notwendig.