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Schwerpunkt

Forum Rettungswesen und Katastrophenschutz

Foto eines Rettungswagens der mit hoher Geschwindigkeit und Blaulicht durch eine Straße fährt.
IOeTEch/Unsplash
Im Forum Rettungswesen und Katastrophenschutz sind Mitgliedsorganisationen des Paritätischen zusammengeschlossen, die in den Bereichen Rettungsdienste, Notfallversorgung und Katastrophen- und Bevölkerungsschutz im Inland aktiv sind.

Rettungswesen

Deutschland verfügt über ein relativ gut ausgebautes, mehrschichtiges Notfallversorgungssystem (ambulanter Bereitschaftsdienst, stationäre Notaufnahmen, Rettungsdienst). Diese drei Versorgungsbereiche sind jedoch mit Blick auf die Planung, Leistungserbringung und Finanzierung unterschiedlich geregelt und wenig bis gar nicht miteinander vernetzt/ koordiniert. Das stellt sowohl die Patient*innen als auch die Leistungserbringer vor erhebliche Probleme, die dringend gelöst werden müssen.

Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien darauf verständigt, die Notfallversorgung zu reformieren. Hierfür sollen die kassenärztlichen Vereinigungen integrierte Notfallzentren (INZ) betreiben und dabei eng mit den Krankenhäusern kooperieren. Durch eine Verschränkung mit den Rettungsleitstellen (Integrierte Leitstellen, ILS) und standardisierte, qualitätsgesicherte Einschätzungssysteme (telefonisch, telemedizinisch oder vor Ort) soll eine bedarfsgerechtere Steuerung erreicht werden. Zudem soll das Rettungswesen als eigenständiger Leistungsbereich im SGB V anerkannt und der Leistungsumfang der Bergrettung sowie die Verantwortung für die Wasserrettung auf Binnengewässern und an den Küsten verbindlich geregelt werden.

Das Forum Rettungswesen und Katastrophenschutz im Paritätischen begrüßt die avisierte Reform der Notfallversorgung in Deutschland ausdrücklich, um eine auskömmliche und bedarfsgerechte Finanzierung der Notfallversorgung, insbesondere des Rettungsdienstes, sicherzustellen. Aktuell fehlen hierfür weitestgehend die notwendigen Steuerungsmechanismen, um das Notfallversorgungssystem effizient und bedarfsgerecht gestalten zu können. Zudem fehlen gemeinsame, übergreifende Planungs- und Koordinationsmechanismen – stattdessen sind die Strukturen, Prozesse und Zuständigkeiten stark kommunalisiert. An den Schnittstellen zwischen ärztlichem Bereitschaftsdienst, klinischer Notaufnahme und Rettungsdienst kommt es daher zu Fehlanreizen und Parallelstrukturen. Erschwerend hinzu kommt, dass der Rettungsdienst aktuell kein eigenständiger Leistungsbereich im SGB V ist. Von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden derzeit lediglich Transportleistungen gem. §§ 60 SGB V (Fahrkosten) und 133 SGB V (Versorgung mit Krankentransportleistung) getragen. Hinzu kommt, dass die entsprechenden Entgelte je nach Finanzierungsmodell (Submission oder Konzession) regional sehr unterschiedlich ausfallen; das betrifft auch die Leitstellen. Da durch § 60 Absatz 1 SGB V die Übernahme der Fahrkosten an eine weitere von der GKV zu finanzierende Leistung aus zwingenden medizinischen Gründen geknüpft ist, werden Fehlanreize z.B. dahingehend gesetzt, Patient*innen womöglich ohne medizinische Notwendigkeit im Versorgungssystem weiterzuvermitteln, um die erbrachten Leistungen des Rettungsdienstes abrechnen zu können.

Einsatz- und Fahrtkosten sowie Transportleistungen und die präklinische Notfallversorgung als eigenständige Leistungsbereiche im SGB V zu verankern, ist vor diesem Hintergrund ein erster wichtiger Schritt. Ferner muss im weiteren Verlauf auch für die Finanzierung der Anbindung des Rettungswesens an die Telematikinfrastruktur inklusive der notwendigen Softwareausstattung der Leitstellen und Rettungsdienste gesorgt werden. Für eine gelingende Zusammenarbeit sowohl der ILS als auch in INZ bedarf es ferner der horizontalen sowie vertikalen Integration und Koordination der bestehenden Rettungsdienststrukturen und -systeme auf Landes- und Bezirksebene durch bundeseinheitlich geregelte Standards, die geschaffen werden müssen.

  • Der Rettungsdienst muss zu viele Hilfeersuchen annehmen, die nicht seinen primären Aufgaben entsprechen, da es außer den Notaufnahmen der Krankenhäuser keine weitere, allgemein bekannte, durchgängig funktionierende und von der Bevölkerung akzeptierte 24/7 Anlaufstelle für Hilfeersuchen gibt.
  • Es fehlt an Personal in jeder Qualifikationsstufe, d.h. von Rettungssanitäter*innen über Notfallsanitäter*innen bis hin zu Notärzt*innen.
  • Die Befugnisse der Notfallsanitäter*innen bleiben bisher weit hinter ihren Kompetenzen zurück, sodass keine wirkliche Subsidiarität und kein optimaler Ressourceneinsatz von Personal stattfinden kann – oft nur eingeschränkt durch den örtlichen ärztlichen Leiter Rettungsdienst.
  • Eine Alarmierung des Rettungsdienstes muss auch andere abrechenbare Leistungen als ausschließlich einen Transport ins Krankenhaus ermöglichen, wenn dieser nicht notwendig ist und/ oder eine ambulante Versorgung vor Ort stattfindet.
  • Es fehlen international standardisierte und vor allem einheitliche Algorithmen zur Abfrage in den Leitstellen, die eine rechtssichere und qualitätsgesicherte Versorgung durch den Rettungsdienst, eine Weitervermittlung an den Bereitschaftsdienst bzw. andere Dienste oder auch eine Ablehnung mit Verweis auf einen Praxisbesuch zu den üblichen Öffnungszeiten ermöglichen würden.
  • Die Resilienz und Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung nimmt immer weiter ab. Diese muss gestärkt werden, um die Zahl der Bagatelleinsätze zu senken.

Die Notfallrettung ist im Speziellen in weiten Teilen erheblich überlastet, was zu schweren Folgen für die hilfesuchenden Patient*innen führen wird,

  • sei es, weil Fahrzeuge aufgrund von Personalmangel nicht besetzt und in den Einsatz gebracht werden können,
  • sei es, weil lebensbedrohliche Hilfeersuchen nicht zeitnah bedient werden können, da andere nicht primäre Aufgaben mit erledigt werden müssen,
  • sei es, weil für großen Katastrophenlagen gar keine Versorgungskapazitäten über den alltäglichen Bedarf hinaus vorgehalten werden,
  • sei es, weil Anbieter von Liegemietwagen nicht kostendeckend arbeiten können und daher vom Markt verschwunden sind und die Transporte durch Krankentransportwagen aufgefangen werden müssen,
  • sei es, dass sich durch Krankenhausschließungen die Transportstrecken verlängern und das Einsatzmittel dadurch länger im Einsatz gebunden ist...

Zudem müssen Patient*innen in einigen Ländern immer noch in ein Krankenhaus transportiert werden, um einen Einsatz abrechnen zu können, obwohl eine Behandlung vor Ort ausreichen würde. Darunter sind auch zahlreiche Patient*innen, die vielmehr soziale Zuwendung und Unterstützung benötigen, als einen Transport ins Krankenhaus.

Verzahnung von Rettungsdienst und Katastrophenschutz

Der Rettungsdienst muss auch bei größeren Schadenslagen eine Aufwuchsfähigkeit seiner Versorgungskapazitäten besitzen. Dazu müssen Bedarfsplanungen der Vorhaltung im Rettungsdienst zwingend die medizinische Versorgung im Alltag einerseits und die Bewältigung von Großschadenslagen mit einem eventuellen Massenanfall von Verletzten etc. andererseits sicherstellen und der engen Verzahnung von Rettungsdienst und Katastrophenschutz Rechnung tragen, dies gilt insbesondere auch in nationalen Krisenlagen. Ein nahtloser Übergang von der medizinischen Regelversorgung zur Versorgung von Großschadensereignissen muss gewährleitet werden.

Aufnahme ins SGB V

Bisher ist der Rettungsdienst (Notfallrettung und qualifizierter Krankentransport) gesetzlich hauptsächlich in der Gefahrenabwehr verortet. Der klare Schwerpunkt rettungsdienstlicher Tätigkeiten im Alltag liegt aber seit langem im gesundheitlichen Bereich, der Rettungsdienst ist schon lange keine reine Transport­leistung mehr. Daher wird im Wesentlichen die Aufnahme des Rettungsdienstes als eigenständiger Leistungsbereich im SGB V begrüßt. Bei der nun geplanten rechtlichen „Verschiebung“ des Rettungsdienstes von der Gefahrenabwehr ins Gesundheitssystem müssen beide Bereiche wie oben dargestellt auskömmlich geplant und finanziert werden. In der Gefahrenabwehr gilt aufgrund der Seltenheit von Ereignissen noch viel mehr als im Rettungsdienst der Grundsatz der Regierungskommission, dass Vorhaltung ihrem Wesen nach auch dann sichergestellt werden muss, wenn keine Leistung erbracht wird.

Differenzierende Angebote neben dem Rettungsdienst (u.a. Fahrdienste)

Die Regierungskommission weist in ihrer vorliegenden Empfehlung darauf hin, dass die Bewältigung eingehender Notrufe auf der 112 eine weitere Differenzierung qualifizierter Dienste neben dem Rettungsdienst erfordert. Wie diese differenzierte Ausgestaltung aussehen soll, bleibt noch offen, sollte aber insbesondere niedrigschwellige Fahr- und Transportangebote berücksichtigen. Mit ihnen könnte die derzeitige Auffangfunktion des Rettungsdienstes für andere Versorgungsstrukturen im Bereich des niedrigschwelligen Transports verschiedener Zielgruppen deutlich reduziert bzw. eliminiert werden.

Subsidiaritätsprinzip des Personals und Vor-Ort-Behandlung mit Rechtssicherheit

Das Personal im Rettungsdienst ist abgestuft qualifiziert und mit unterschiedlichen Kompetenzen ausgestattet: Neben Notärzt*innen sind in der Notfallrettung insbesondere Notfallsanitäter*innen mit einer dreijährigen Berufsausbildung und Rettungssanitäter*innen mit einer 520-Stunden-Ausbildung im Einsatz. Eine künftige Neustrukturierung der Notfallversorgung sollte die verschiedenen Berufsgruppen mit einheitlichen Aufgaben-, Kompetenz- und Befugnis-Katalogen versehen, um deren Einsatz dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend flächendeckend zu optimieren. Gleichzeitig ist künftig die Möglichkeit von Behandlungen/ Hilfen vor Ort nach festgelegten Regeln/ Kriterien unverzichtbar. Dies vermeidet unnötige Strapazen für die Patient*innen und reduziert die zeitliche Bindung der Rettungsmittel sowie entstehende Betriebskosten des Transports mit anschließender Desinfektion des Fahrzeugs etc.

  • Es werden zunehmend Fahrzeuge abgemeldet.
  • Es wird zunehmend schwerer, Notfallsanitäter*innen langfristig für diesen Beruf zu gewinnen.
  • Es werden weiter regionale Insellösungen gesucht, die in Großschadenslagen ein reibungsloses Aufwachsen des Systems erschweren.
  • Der Rettungsdienst wird weiterhin nicht als wesentlicher Bestandteil der Gefahrenabwehr beplant bzw. weiter ökonomisiert. Der Rettungsdienst gehört zur Daseinsführsorge ebenso wie die Feuerwehr und die Polizei.
  • Alle Beteiligten müssen auf Besitzstandswahrung verzichten und im Sinne eines für die Patient*innen guten Versorgungssystems neu denken, planen und handeln. Dazu müssen die Leistungserbringer mit an den Planungs- und Verhandlungstisch.
  • BMG und BMI müssen zusammenwirken, um den Rettungsdienst ressortübergreifend als leistungsfähigen Bestandteil des Gesundheitswesens und der Gefahrenabwehr zu gestalten.
  • Die Länder, da an vielen Stellen einheitliche bzw. mit Schnittstellen versehene, länderübergreifende Systeme benötigt werden.
  • Die Ärzt*innen, da bestehende Kompetenzen von nicht-ärztlichem Personal in entsprechenden Befugnissen münden müssen, um einen optimalen Einsatz knapper Personalressourcen sicherstellen zu können.

Statements von Abgeordneten zur Reform der Notfallversorgung in Deutschland

Die Mühlen der Politik malen manchmal langsamer, als einem lieb sein kann. Eine Reform der Notfallversorgung ist seit der 17. Legislaturperiode geplant. In den folgenden Jahren gab es weitere Anläufe, zuletzt 2020, und ein Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit.

Die Mängel der fragmentierten, schlecht gesteuerten Notfallversorgung sind also lange bekannt. Wir wollen deshalb nun endlich die Idee der integrierten Notfallzentren und des gemeinsamen Tresens anwenden und eine standardisierte telefonische Ersteinschätzung in Deutschland durchsetzen. Gleichzeitig wird der Finanzierungsdschungel bei den Rettungsdiensten beendet. Einige Details müssen noch geklärt werden, von Haftungsfragen bis zur exakten Natur der Beteiligung der ambulanten Versorgung, aber in den Grundzügen zeichnet sich ein großer Schritt nach vorne ab – zumindest vorausgesetzt, der vierte Versuch einer Notfallreform endet nicht wie die vorangegangenen drei. Ich bin allerdings sehr zuversichtlich, dass dies nicht geschehen wird.

Ende gut, alles gut? Noch ist kein Gesetz verabschiedet. Der Prozess rund um die Bund-Länder-Abstimmung bei der Krankenhausreform hat einige Stolpersteine aufgezeigt, die uns auch bei der Notfallreform noch bevorstehen würden. Aber es ist auf allen Seiten ein klares Verständnis der Notwendigkeit vorhanden. Nun müssen wir auch den Bürgern dieses Landes vermitteln, dass hier ein Umbau stattfindet, der vor allem auf ein mehr an Qualität abzielt.

MdB Dr. Herbert Wollmann (SPD)


Der Rettungsdienst und die Notfallversorgung stehen vor vielfältigen Herausforderungen: demographische Veränderungen, Fachkräftemangel, fehlende Vernetzung und Schnittstellen sowie keine einheitliche Steuerung – die zu einer Gleichzeitigkeit von Unter-, Über- und Fehlversorgung führen, mit direkten Auswirkungen auf Einsatzzahlen und die Belastung des Rettungsdienstpersonals. Debatten über sogenannte niedrig-prioritäre Einsätze und fehlende Fachkräfte sind dabei keineswegs neu, sondern Symptome von Fehlanreizen und der Fehlsteuerung von Patient:innen.

Bereits seit Längerem besteht fachlicher Konsens über die Dringlichkeit und das Ausmaß des Reformbedarfs. Mit der 4. und 9. Stellungnahme der Regierungskommission sowie den vom Bundesgesundheitsministerium vorgestellten Eckpunkten zur Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes, liegen konkrete und fachlich fundierte Empfehlungen für gesetzliche Änderungen vor. Die Kernbotschaft: „Die Hilfesuchenden definieren den Notfall, das System die Reaktion darauf.“

Es gilt jetzt, neben der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Leitstellen (116117 & 112) und der Stärkung des kassenärztlichen Notdienstes, den Anspruch der Versicherten auf Notfallbehandlung im Sozialgesetzbuch V festzuschreiben und die Leistungen des Rettungsdienstes klar zu definieren. Nur so können die Finanzierungsmöglichkeiten über die reine Transportleistung hinaus erweitert und ein Anspruch für alle notwendigen Rettungsdienstleistungen festgeschrieben werden:

  • Medizinische Versorgung vor Ort oder telemedizinisch;
  • Bearbeitung von Hilfeersuchen in den Leitstellen;
  • Bereitstellung von und Weiterleitung in alternative Versorgungstrukturen wie Notfallpflege oder psychiatrische Krisenhilfe.

Durch eine so erweiterte Vergütung werden dringend notwendige Anpassungen der rettungsdienstlichen Strukturen auf Landes- und kommunaler Ebene auf der Basis bundesweit einheitlicher, auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basierender und durch ein Gremium mit rettungsdienstlicher Expertise vorgegebener Qualitätskriterien ermöglicht. Bessere Qualität und innovative Einsatzmittel im Rettungsdienst werden besser vergütet. Das betrifft unter anderem die Einführung standardisierter Notrufabfragen, Notfallpflegeteams und Gemeindenotfallsanitäter:innen, die Disposition von Ersthelfenden, oder die telenotärztliche Versorgung. Neben einer deutlichen Steigerung der Versorgungsqualität für die Patient:innen können so hohe Kosten für medizinisch nicht indizierte Transporte und Krankenhausaufenthalte eingespart werden.

Gerade für diese Reform ist es entscheidend, dass alle gesetzgeberischen Ebenen und berufspolitischen Verbände eingeübte Blockadehaltungen zum Wohle der Patient:innen, zur Entlastung des Rettungsdienstpersonals und zur besseren Finanzierung dringend benötigter struktureller Reformen im Rettungsdienst überwinden.

MdB Dr. Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen)


Die Notfallversorgung in Deutschland ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Gesundheitssystems, der jedoch mit Herausforderungen wie Überlastung der Notaufnahmen, Personal- und Ressourcenmangel sowie ineffizienten Strukturen konfrontiert ist. Diese Probleme führen zu Belastungen für das medizinische Personal und beeinträchtigen die Patientenversorgung durch längere Wartezeiten und eine potentiell niedrigere Versorgungsqualität. Wir wollen daher eine Stärkung der ambulanten Versorgung, eine bessere Ressourcenverteilung, die Förderung von Digitalisierungsinitiativen und die Schaffung effizienterer Strukturen. Ohne entsprechende Reformen könnte sich die Situation weiter verschlechtern, was zu einer noch schlechteren Patientenversorgung und einer größeren Belastung des Personals führen würde.

Das gilt auch für die Rettungsdienste. Hier wäre ein Ansatz, den Rettungsdienst als eigenständiges Leistungssegment im SGB V zu verankern, um eine transparente, qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte präklinische Notfallversorgung zu gewährleisten. Ein zentraler Aspekt sollte auch die Neuregelung der Finanzierung sein, bei der die Verantwortung der Bundesländer und Kommunen für die Gefahrenabwehr sowie die Grundsätze der gesetzlichen Krankenversicherung berücksichtigt werden müssen. Dabei wäre ein gangbarer Weg, dass Krankenkassen die Betriebs- und Vorhaltekosten des Rettungsdienstes tragen und die notwendigen Investitionen für den Rettungsdienst durch die Länder und Kommunen übernommen werden. Dies soll zu einer verbesserten Koordination, Effizienz und Qualität des Rettungsdienstes beitragen.

MdB Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP)


Wir müssen uns bewusst machen, dass im Jahr 2028 das erste Mal mehr Pflegekräfte in Rente gehen, als neue Fachkräfte nachkommen. Ähnlich sieht es in anderen Gesundheitsberufen aus. Diesen demographiebedingten Wendepunkt müssen die künftigen Reformen im Gesundheitswesen als wesentliche Arbeitsgrundlage zwingend berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund brauchen wir vor allem eine Reform, die eine bessere Patientensteuerung ermöglicht. Eine gemeinsame Nummer als zentrale Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten, in der die jetzigen Terminservicestellen mit der 116117 und der 112 verschmelzen.  Einen gemeinsamen Tresen, um die Anfragenden durch eine Triage auf Grundlage eines standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens zielführend in die für das Anliegen medizinisch sinnvolle ambulante oder stationäre Versorgungsebene zu leiten. Dabei sind bestehende Strukturen, wie die hundertfünfzehn Notfallpraxen in Bayern, zu integrieren und alle Beteiligten über technische Schnittstellen durch eine durchgängige Informationskette zu verbinden.

Was nicht geht, ist denjenigen noch mehr aufzubürden, die das System am Laufen halten: Unseren ohnehin schon stark belasteten Hausärztinnen und Hausärzten. Mit der Forderung nach einer 24/7 telemedizinischen und aufsuchenden Notdienstverpflichtung für Ärztinnen und Ärzte vor Ort - parallel zu den Sprechstundenzeiten der Praxen – wird deutlich, dass der Fakt der begrenzten personellen Ressourcen nicht verstanden wird. Das ist einfach schlecht gedacht und einmal zu oft falsch abgebogen. Wir setzen damit den teuren Fehlanreiz, dass die Patientinnen und Patienten nicht mehr angehalten sind, den Weg in die Arztpraxen innerhalb der Sprechstundenzeiten zu gehen, sondern diese Parallelstruktur dann auch zu nutzen. Stattdessen müssen Lösungen, wie das System der Poolärzte neu und rechtssicher auszubauen, diskutiert werden, um außerhalb der Sprechzeiten tragfähige Lösungen in der Fläche umzusetzen.

Gerade auch bei dem nichtärztlichen Personal, wie den Medizinischen Fachangestellten oder den Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern, herrscht ein enormes Potenzial und auch oft der Wille, in die konkrete Verantwortung zu gehen – diese zu befähigen, ihr Potenzial auszuschöpfen, muss in Berlin endlich verstanden werden. Der Gemeindenotfallsanitäter ist dabei ein richtiger Ansatz.

Daneben müssen wir uns im Rahmen einer Reform auch die Strukturen im Rettungsdienst ehrlich anschauen. Gerade für die ländlichen Räume schaue ich im Rettungswesen, trotz vieler Herausforderungen, zuversichtlich in die Zukunft: vom Multicopter über eine stärkere Digitalisierung und Ausbau der Telemedizin, sowie ein eigenes Leistungsrecht im SGB V. Ich bin überzeugt, dass es ein spannendes Berufsfeld mit großem Entfaltungspotenzial für die in diesem Bereich Tätigen und den künftigen Nachwuchs bleibt.

MdB Emmi Zeulner (CDU/CSU)