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Migration und internationale Kooperation

Projekte

Eine Frau steht an einer Wand mit vielen Post-It-Zetteln und spricht zu einer Gruppe, die an Laptops sitzt.
Leon Oalh/Unsplash
Der Paritätische Gesamtverband ist für zahlreiche Projekte im Bereich Migration und internationale Kooperation verantwortlich und kann dabei auf langjährige Erfahrungen zurückblicken. Hier erhalten Sie einen Überblick über unsere Aktivitäten.

Empowerment mit Sprach- und Kulturmittler*innen als Multiplikator*innen für die Vermittlung und Wahrnehmung von sexuellen und reproduktiven Rechten geflüchteter Menschen

Ausgangslage

Die sexuelle und reproduktive Gesundheit gehört zu den essentiellen Voraussetzungen für die Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung. Alle Menschen haben das Recht, unabhängig und informiert Entscheidungen über den eigenen Körper, die Gesundheit und die Sexualität treffen zu können sowie Zugang zu adäquaten Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen.

Viele geflüchtete Menschen sind jedoch nicht ausreichend an die Regelstrukturen des örtlichen Hilfe- und Unterstützungssystems angebunden. Zum einen wird die gesundheitliche Versorgung von Asylbewerber*innen maßgeblich durch das Asylbewerberleistungsgesetz beschränkt. Zum anderen bestehen v.a. in Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterbringungen (noch immer) Barrieren beim Zugang zu Informationen und zur Versorgung.

Ein großes Defizit ist dabei in der gänzlich fehlenden bzw. genderunsensiblen Sprachmittlung zu sehen. Es fehlt aber auch an vertrauensvollen Räumen, sich mit Themen wie Körper, Gesundheit und Sexualität zu beschäftigen. Teilweise führen aber auch Zwangsheirat, Tabuisierungen und traditionell begründete Gewalt gegen Frauen zu einer erheblichen Einschränkung in der Wahrnehmbarkeit von sexuellen und reproduktiven Rechten.

Die Rolle von Sprach- und Kulturmittler*innen

Vor allem Sprach- und Kulturmittler*innen können hier eine wichtige Arbeit für die Schaffung solcher Schutzräume sowie zu dem Verständnis, die über das reine Übersetzen hinausgeht, leisten. Vielerorts gibt es jedoch zu wenig Sprachmittler*innen mit einer entsprechend sensiblen Sprach- und Kulturkompetenz. Insbesondere im Themenfeld der sexuellen und reproduktiven Rechte und Gesundheit gibt es Wörter und Konzepte, die tabuisiert werden oder für die es in den Herkunftssprachen keine direkte Übersetzung gibt.

Sprach- und Kulturmittler*innen können sicherlich nicht die fehlenden rechtlichen und alle praktischen Lücken schließen. Sie können aber dazu beitragen, den Zugang zu Informationen zu erleichtern und damit auch die Versorgung geflüchteter Menschen fördern. Hier möchte das Projekt ansetzen.

Kurzbeschreibung des Projekts

Geflüchtete Frauen, LSBTI* und auch Männer, die bereits Erfahrungen als Sprach- und Kulturmittler*innen haben, werden zu den Themen der sexuellen und reproduktiven Rechte und Gesundheit sensibilisiert und geschult. In anschließenden Praxiseinsätzen wenden sie ihre neu erworbenen Kompetenzen in Beratungssettings an und sammeln weitere Erfahrungen.

In einem nächsten Schritt werden sie zu Multiplikator*innen fortgebildet und darin bestärkt, andere geflüchtete Menschen zu unterstützen. Sie werden befähigt, ihr Wissen, ihre Erfahrungen und eigenen Bewältigungsstrategien zu diesen Themen mit Hilfe des peer-to-peer-Ansatzes an ihre community und weitere, neu in Deutschland Ankommende weiterzugeben.

Nicht nur das Wissen um eigene sexuelle und reproduktive Rechte und Gesundheit kann ein wichtiger Schritt zum Empowerment für geflüchtete Mädchen, Frauen, LSBTI* und Männern sein. Auch die Sprach- und Kulturmittler*innen erfahren in ihrer Rolle als Multiplikator*innen ein Empowerment. Sie setzen sich für andere und die Gesellschaft ein und erleben Selbstwirksamkeit. Zudem wird ihre fachliche Kompetenz gestärkt, so dass sich neue Chancen für ihre weiteren beruflichen Wege ergeben können.

Projektumsetzung in 2022

Das Projekt wird bundesweit an 12 Standorten auf der Basis eines gemeinsamen Rahmenkonzeptes umgesetzt. Alle Projektstandorte verfügen über spezifische Expertisen, Erfahrungen und Ressourcen, die sie in das Projekt mit einbringen. An jedem Standort wird eine Gruppe von 10-15 Sprach- und Kulturmittler*innen für den Projektzeitraum ausgewählt, qualifiziert und begleitet. Fachliche Unterstützung erhalten die Projektstandorte vom pro familia Landesverband in Hamburg.

Projektumsetzung in 2023/4

Auch im Jahr 2023/4 wird das Projekt durch die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, der Beauftragten für Antirassismus weiterhin an zurzeit 12 Standorten weitergefördert. Weggefallen sind die beiden Träger agisra e.V. und Frauenbegegnungsstätte UTAMARA, gewonnen haben wir die Mitgliedsträger pro familia gGmbH Hessen und Kultur- und Sprachmittler e.V..

Schwerpunkte in diesem Jahr sind die Weiterführung der Qualifizierung und Begleitung von neuen 10-15 Sprach- und Kulturmittler*innen je Standort und das Einsetzen von Multiplikator*innen.

Die erworbenen Kompetenzen und Erfahrungen können die Sprach- und Kulturmittler*innen innerhalb ihrer Communitys weitergeben.

Folgende Mitgliedsorganisationen sind derzeit Teil des Projektes und werden von der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration gefördert:

Berlin-Brandenburgische Auslandsgesellschaft e.V. (BBAG) (Brandenburg an der Havel, Brandenburg)

Diên Hông - Gemeinsam unter einem Dach e.V. (Rostock, Mecklenburg-Vorpommern)

fka - Freundeskreis Asyl Karlsruhe e.V. (Karlsruhe, Baden-Würtemberg)

ISA-Gesellschaft für Inklusion und Soziale Arbeit e.V. (Potsdam, Brandenburg)

kargah e.V. (Hannover, Niedersachsen)

Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA) e.V. (Halle, Sachsen-Anhalt)

pro familia Landesverband Hamburg e.V. (Hamburg)

pro familia gGmbH Hessen

Psychologische Frauenberatung e.V. (Bielefeld, Nordrhein-Westfalen)

Sompon Socialservice e.V. (Esslingen, Baden-Württemberg)

Verbund der sozial-kulturellen Migrantenvereine in Dortmund (VMDO) e.V. (Dortmund, Nordrhein-Westfalen)

Kultur- und Sprachmittler e.V. (Mainz, Rheinland-Pfalz)

Sprachmittlung für geflüchtete Menschen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte: Praxisempfehlungen für Sprachmittler*innen

Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte beschreiben das Menschenrecht, frei und selbstbestimmt über den eigenen Körper, die Sexualität, Gesundheit und Reproduktion zu entscheiden. Insbesondere geflüchtete Frauen und queere Geflüchtete sind beim Zugang zu diesen Rechten jedoch häufig mit erheblichen Barrieren konfrontiert. Zum einen, weil es an einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung fehlt und bürokratische Hürden den Weg in das Gesundheitssystem zusätzlich erschweren. Zum anderen, weil es einen erheblichen Mangel an einer qualifizierten, flucht- und migrationssensiblen Sprachmittlung gibt.

Die Broschüre als PDF

Das Projekt „Empowerment mit Sprach- und Kulturmittler*innen als Multiplikator*innen für die Vermittlung und Wahrnehmung von sexuellen und reproduktiven Rechten geflüchteter Menschen“ wird im Jahr 2022 von der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration, der Beauftragten für Antirassismus gefördert.

 

Mehr Informationen zur Projektförderung der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration, der Bauftragten für Antirassismus unter:

https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/integrationsarbeit-in-den-bereichen/projektfoerderung