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Migration und internationale Kooperation

Projekte

Eine Frau steht an einer Wand mit vielen Post-It-Zetteln und spricht zu einer Gruppe, die an Laptops sitzt.
Leon Oalh/Unsplash
Der Paritätische Gesamtverband ist für zahlreiche Projekte im Bereich Migration und internationale Kooperation verantwortlich und kann dabei auf langjährige Erfahrungen zurückblicken. Hier erhalten Sie einen Überblick über unsere Aktivitäten.

Migrantinnen einfach stark im Alltag (MiA) – ein erfolgreiches Unterstützungsangebot für zugewanderte und geflüchtete Frauen

Kursangebote zur Unterstützung von ausländischen Frauen, bekannt unter dem bisherigen Namen "niederschwellige Frauenkurse", bestehen seit den 1990er Jahren und stellen ein bewährtes Instrument der Integrationspolitik dar. Lokale Träger der Bildungs- und Integrationspolitik setzen die Kurse bundesweit um. Seit 2020 trägt das Programm den Namen "Migrantinnen einfach stark im Alltag (MiA)".

MiA-Kurse orientieren sich an den Bedarfen der Teilnehmenden und sind ein klassisches Empowerment-Angebot. Sie greifen die Kompetenzen der Frauen auf, machen sie sichtbar und entwickeln sie weiter. Sie unterstützen die Teilnehmerinnen*, ihre Stärken zu sehen, selbstbewusster und unabhängiger zu werden.

Die Kurse nehmen zudem eine wichtige Brückenfunktion wahr. Indem die Teilnehmerinnen in den Kursen auf weiterführende Angebote aufmerksam gemacht werden, ebnen sie den Weg beispielsweise in den allgemeinen Integrationskurs oder die Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE). Grundsätzlich sind die MiA-Kurse so aufgebaut, dass sie die Frauen vorlaufend, parallel und nach dem Integrationskurs begleiten können.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE


Zielgruppe

Ausländische Frauen und Mädchen

  • ab Vollendung des 16. Lebensjahres, die
  • keine Berufs- oder Schulausbildung in Deutschland abgeschlossen haben und
  • nicht aus den USA, Kanada, Australien oder einem Land aus Westeuropa kommen (eine komplette Liste der Länder finden Sie im MiA-Konzept auf der letzten Seite) und
  • die zu einer der folgenden Gruppen gehören:
  1. Gruppe der ausländischen Frauen, deren Aufenthaltsstatus auf Dauer angelegt ist
  2. Gruppe der Asylbewerberinnen
  3. Frauen mit Beschäftigungs- oder Ausbildungsduldung

Rahmenbedingungen

  • Mindestteilnehmerinnenanzahl: 10 teilnahmeberechtigte Frauen pro Kurs
  • 34 Zeitstunden pro Kurs
  • Förderfähige Teilnahme pro Teilnehmerin an maximal 3 Kursen (102 Zeitstunden) möglich
  • Zuwendung pro Kurs: maximal 1.700,- Euro (Festbetrag)
     

Intention

  • Stärkung des Selbstbewusstseins
  • Unterstützung beim Spracherwerb
  • Förderung vorhandener Ressourcen
  • Inanspruchnahme weiterführender Integrationsangebote, wie z.B. Integrationskurse für Frauen, Migrationsberatung für erwachsende Zugewanderte (MBE)
  • Alltagsorientierung, insbesondere zu den Themen: Bildung, Erziehung, Gesundheit, Mobilität
  • Entwicklung beruflicher Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten
     

Kursthemen

Die Kursthemen orientieren sich an den Bedürfnissen der Teilnehmerinnen und können eine große Bandbreite umfassen. Zu den besonders häufigen Themenschwerpunkten gehören folgende:

  • Bewusstmachung der eigenen kulturellen Prägung, Folgen der Migration
  • Sprachorientierung
  • Kenntnisse über die deutsche Gesellschaft
  • Stärkung der Erziehungskompetenz
  • Bildungssysteme
  • Gesundheit, Gesundheitssysteme und Schutz vor häuslicher Gewalt
  • Alltagsbewältigung / Orientierung im Stadtteil
  • Lebensplanung


Unterschiede zu den Integrationskursen für Frauen

Die MiA-Kurse unterscheiden sich von den Integrationskursen für Frauen dadurch, dass sie keine klassischen Sprachkurse sind, ihr Stundenumfang erheblich geringer ist und sie niederschwellig angelegt sind.

Niederschwellig bedeutet

  • den Zugang ohne Hürden, wie z.B. einen Einstufungstest, zu ermöglichen
  • ohne Vorwissen oder ein bestimmtes Sprachniveau teilnehmen zu können
  • alle Teilnehmerinnen entsprechend ihrer Fähigkeiten zu unterstützen

Dadurch werden Migrantinnen ermutigt, sich aus ihrem persönlichen, teilweise ausschließlich häuslichen und familiären Umfeld, heraus zu begeben und Pläne für ihre Zukunft zu schmieden.

 

KONZEPT DER MIA-KURSE

Der Paritätische Gesamtverband tauscht sich im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion mit den anderen Zentralstellen (Verein für Internationale Jugendarbeit (VIJ), Spanische Weiterbildungsakademie (AEF), AWO-Bundesverband) und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus und entwickelt in der Regel gemeinsam das Konzept und die Fördergrundsätze für die MiA-Kurse weiter.

Dem aktuellen Konzept entnehmen Sie neben der Intention, der Zielsetzung und Zielgruppen der MiA-Kurse, auch die Rahmenbedingungen der Kursdurchführung sowie Hinweise zu den zuwendungsfähigen Ausgaben und den Aufgaben der Kursleiterinnen und Kursbegleiterinnen.

Das Konzept

Fördergrundsätze


WIRKUNG UND NACHHALTIGKEIT

Was bewirken die Mia-Kurse?

Die Erfolge der Kurse lassen sich nicht vorrangig in Zahlen ausdrücken, sie werden anhand persönlicher Erfolgsgeschichten der Kursteilnehmerinnen und anhand konkreter Beispiele aus der praktischen Arbeit deutlich.

Wie positiv die MiA-Kurse wirken, belegen auch die Sachberichte, die für jeden durchgeführten Kurs eingereicht werden. Nachfolgend eine kleine Auswahl, die zeigt, was die Teilnahme für die Frauen bewirkt. Diese mag nicht für jede Frau zutreffen, dafür sind die Lebensentwürfe zu vielfältig, aber für alle Frauen sind die Kurse mit vielen, ganz persönlichen Erfolgen verbunden. Ob diese Erfolge klein oder groß sind,
liegt im Auge des Betrachters.

Darüber hinaus berichten sie von folgenden wesentlichen Ergebnissen aus MiA-Kursen:
 

  • Die Persönlichkeit der Frauen ist gestärkt.
     
  • Das Selbstbewusstsein und die Selbstständigkeit der Frauen haben sie gesteigert.
     
  • Die Mobilität im eigenen Umfeld hat zugenommen.
     
  • Die migrationsbedingte Isolation ist aufgebrochen.
     
  • Andere Unterstützungsangebote, wie z.B. Migrationsberatung für Erwachsene, Jugendmigrationsdienste, Hausaufgabenhilfe, Berufsinformationszentrum, Beratungsstellen zur Anerkennung von Berufsabschlüssen, Polizei, Krisendienste bei häuslicher Gewalt, Drogenberatungsstellen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, werden wahrgenommen.
  • Hemmschwellen gegenüber Behörden sind abgebaut.
     
  • Arzttermine und Vorsorgeuntersuchungen werden eigenständig vereinbart und wahrgenommen.
     
  • Die Frauen nehmen regelmäßig an Elternabenden teil.
     
  • Die Frauen engagieren sich im Stadtteil oder in den Vereinen ehrenamtlich.
     
  • Die Frauen arbeiten aktiv in Kindertageseinrichtungen oder Schulen der Kinder mit.
     
  • Die Frauen gründen einen eigenen Gesprächskreis zum weiteren Austausch und der gegenseitigen Unterstützung.

BEISPIELE AUS DER PRAKTISCHEN ARBEIT

Ein Blick in die praktische Arbeit vor Ort verdeutlicht, mit welchen Themen sich die Frauen in den MiA-Kursen befassen (können) und welche positiven Wirkungen sie entfalten:

Ferya Ertugrul, Deutscher Kindreschutzbund, Ortsverbund Köln e.V.

"Wir sind gemeinsam zur Orientierung auf dem Arbeitsmarkt zunächst die einzelnen Schritte eines Bewerbungsvorgangs - Suche nach offenen Stellen, schriftliche Bewerbung, Lebenslauf und Zeugnisse, Vorstellungsgespräch, Kontaktpflege und Nachbearbeitung - durchgegangen. Die Teilnehmerinnen haben dann selbst aktiv nach Stellen in verschiedenen Jobbörsen im Internet und in Tageszeitungen gesucht und Pläne für ihre berufliche Zukunft geschmiedet. In einem zweiten Kurs haben die Teilnehmerinnen ihre eigenen Bewerbungsanschreiben formuliert und - nach Verbesserungsvorschlägen und Korrekturen von mir - auch an Arbeitgeber verschickt."

Nuriye Atmaca, Trägerkreis Familienzentrum Au e.V. in Pforzheim

"Wir haben einen Kurs mit Frauen durchgeführt, die in ihrem Heimatland noch nie eine Schule besucht haben. Unsere angebotene Kinderbetreuung während der Kurse wird von den Teilnehmerinnen immer sehr geschätzt und ermöglicht vielen überhaupt erst die Teilnahme an den Kursen. Da die Teilnehmerinnen der deutschen Sprache kaum bis gar nicht mächtig sind, bedarf es für die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten einer ansprechenden Didaktik und Lerninhalte, die in der Lebenswelt der Teilnehmerinnen eine wesentliche Bedeutung haben. Ich behandele daher praxisnahe Themen wie z.B. Bildung oder die Versorgung und Gesundheit der Angehörigen. Wir spielen verschiedene Alltagssituationen in Dialogen durch und so kommt jede Frau zu Wort. Die Frauen können einfache Gespräche führen und sammeln dadurch Selbstvertrauen. Sie freuen sich über ihren Lernerfolg und sind darin bestärkt, das Ziel des Besuchs eines Integrationskurses, zu erreichen."

Hatice Erdogan, Verein Interkulturelle Bildung und Beratung e.V. in Obertshausen

"In unserem Kurs „Alltagsbewältigung in Deutschland“ wurden die Zuständigkeiten und Hilfsangebote von Behörden, Beratungsstellen, Frauenhäusern, Kinderbetreuungseinrichtungen und der Polizei besprochen. Zur Förderung der Mobilität wurde das öffentliche Nahverkehrsnetz erläutert und Verbindungen zu verschiedenen Orten herausgesucht sowie in der Praxis mit einer Fahrt zum Kreishaus nach Dietzenbach erprobt. Auf diese Weise wurde die Eigenständigkeit der Teilnehmerinnen erhöht und das Selbstbewusstsein gestärkt. Die Frauen waren im Anschluss an den Kurs in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu erledigen und einen Integrationskurs zu besuchen."

Markéta Adamová, Kulturzentrum Schlachthof e.V. in Kassel

"Zur Förderung der Sprachorientierung haben wir auf Nachfrage der Frauengruppe einer Moschee den Kurs „Deutsch für den Alltag“ zu familienfreundlicher Zeit, während der Kita- und Schulzeiten, in den Räumlichkeiten der Moschee angeboten. Auf Wunsch der Teilnehmerinnen wurden Themen rund um Familie, Kita, Schule und Arztbesuche besprochen. Der Ort des Kurses war für die Teilnehmerinnen sehr vertraut und ermutigte auch die schüchternen Frauen teilzunehmen und sich in der Anwendung der deutschen Sprache zu versuchen. Die kleine Lerngruppe und die dementsprechend intensive Betreuung ermöglichen einen hohen Lernfortschritt für die Teilnehmerinnen."

Interview mit Kursleiterin Kamila Köhnke