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Arbeitshilfe

Arbeitsmarktintegration

V. Maßnahmen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung (MabE)

Alle Maßnahmen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung, gleich ob Vergabemaßnahme oder zugelassene AZAV Maßnahme haben als übergeordnetes Ziel die (Re)-integration von Migrant*innen und anderen Personen mit multiplen Vermittlungshemmnissen in den Arbeitsmarkt. Die Teilnehmer*innen erhalten eine individuelle Förderleistung, welche passgenau ihre berufliche Eingliederung unterstützen soll. Wie bereits in aller Kürze beschrieben, kommen für zugelassene Träger hauptsächlich zwei Wege in Frage, um Arbeitsmarktdienstleistungen für die Beauftragung durch öffentliche Kostenträger anzubieten: Der Zuschlag bei einer Vergabemaßnahme oder Durchführung einer zugelassenen AZAV Maßnahme.

Darum geht es in diesem Kapitel


Vergabemaßnahmen im Detail

Wie bereits erwähnt, entwickelt die Bundesagentur für Arbeit (BA) Standardprodukte für unterschiedliche Zielgruppen und Bedarfe, welche nach Bedarf durch die Regionalen Einkaufszentren (REZ) der BA ausgeschrieben werden. Die Teilnahme der förderberechtigten Kund*innen erfolgt durch individuelle Zuweisung der jeweiligen Bundesagentur für Arbeit vor Ort. Die umfangreichen Vergabeunterlagen beinhalten die Grundlagen und detaillierten Rahmenbedingungen der durchzuführenden Maßnahme – unter anderem die Zielgruppe, Gesamt- und Teilnahmedauer, durchzuführende Inhalte, Anforderungen an das eingesetzte Personal sowie Ausstattungen. Erfahrungsgemäß variieren die Preise je Teilnehmerplatz und Maßnahmetyp zwischen 300 € und 1300 € pro Monat.

Maßnahmenbeschreibungen und Anforderungen an Teilnehmer*innen lassen sich dabei der jeweiligen Leistungsbeschreibung entnehmen. Die Dauer und Anzahl der Teilnehmerplätze variieren je ausgeschriebener Maßnahme. In der praktischen Umsetzung muss die gesamte Durchführung transparent und im Detail den Anforderungen entsprechen. Der Maßnahmeträger hat einen begrenzten Spielraum, eigene Inhalte bei der Umsetzung einzubringen.

Gut zu wissen: Im Gegensatz zu AZAV Maßnahmen müssen Vergabemaßnahmen nicht gesondert zugelassen werden!

 

Zu den Vergabemaßnahmen ist anzumerken, dass ein erfolgreicher Zuschlag für (neu) zugelassene Träger grundsätzlich ein herausforderndes Unterfangen ist. Etablierte Träger vor Ort haben teilweise jahrelange Erfahrung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen, so dass Sie sich als potenzieller Neuling auf Mitbewerber einstellen sollten.

Beispielhafte Leistungsbeschreibung einer Vergabemaßnahme „Perspektiven für Flüchtlinge“ (PerF)

Die Maßnahme „Perspektiven für Flüchtlinge - Potentiale identifizieren, Integration ermöglichen (PerF)” zielt darauf ab, Potentiale von Asylbewerber*innen und Geduldeten mit Arbeitsmarktzugang durch Maßnahmeteile im sogenannten „Echtbetrieb“ zu identifizieren. Den Teilnehmer*innen sollen Perspektiven aufgezeigt, Bedingungen des deutschen Arbeitsmarktes dargelegt, Bewerbungsaktivitäten unterstützt sowie berufsbezogene Sprachkenntnisse vermittelt werden.

Folgende Zielgruppen können von der Maßnahme profitieren:

  • Arbeitslose Asylbewerber*innen und Geduldete mit Arbeitsmarktzugang
  • Arbeitslose Ausländer, die im Zuge eines Familiennachzuges nach Deutschland gekommen sind und gleichzeitig eine Aufenthaltserlaubnis besitzen.

Die Maßnahme umfasst die folgenden Inhalte:

  • Eingangsgespräch
  • Information über die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse
  • Information über den deutschen Arbeitsmarkt
  • Kompetenzfeststellung im „Echtbetrieb” über eine festgesetzte Dauer
  • Bewerbungsunterstützung
  • Allgemeine Bereitstellung von Informationen über die Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche
  • Unterstützung im Umgang mit der JOBBÖRSE der BA und deren Funktionen
  • Vermittlung berufsbezogener Sprachkenntnisse

 

Die Ausgestaltung der Inhalte, die Durchführung sowie die Methodik unterliegen bei Berücksichtigung der verbindlichen Vorgaben der Gestaltungsfreiheit des Maßnahmeträgers.

Für alle Teilnehmer*innen ist es elementar, dass sie über Sprachkenntnisse verfügen, die es ermöglichen, den Inhalten der Maßnahme zu folgen. Dies setzt unter Umständen voraus, dass vorab ein Integrationskurs besucht wird. Die Maßnahme erstreckt sich über eine Dauer von zwölf Wochen. Dabei sollen die Teilnehmer*innen 30 Wochenstunden in den Besuch der Kurse investieren. Elemente der Maßnahme, die im sogenannten „Echtbetrieb“ stattfinden werden, sind an vier Tagen pro Woche durchzuführen. Am fünften Tag erfolgt die Leistungserbringung in den Räumlichkeiten Ihrer Einrichtung.

Damit Sie die Maßnahme erfolgreich etablieren können, muss das eingesetzte Personal pädagogisch qualifiziert und erfahren sein - was unter Umständen über die Einsicht von Arbeitsverträgen, Zeugnissen oder Qualifikationsnachweisen überprüft wird. Vorausgesetzt werden neben einem Studienabschluss und einer einjährigen Berufserfahrung in den letzten drei Jahren auch interkulturelle Kompetenzen, Empathie sowie hinreichende EDV-Kenntnisse.

Die genutzten Räumlichkeiten müssen in angemessener Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sein. Weiterhin sind PC-Arbeitsplätze mit Internetanschlüssen von Ihnen bereitzustellen. Als Auftragsgeber*in verpflichten Sie sich außerdem dazu, unentschuldigte Nichtantritte sowie Abbrüche der Teilnehmer*innen in einer festgelegten Frist der Vermittlungsfachkraft zu melden. Dies umfasst auch die Einsätze der Teilnehmer*innen in den „Echtbetrieben”. Ein eigenmächtiges Nichtantreten bzw. Abbrechen der Maßnahme kann empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen: Für Teilnehmer*innen im Grundsicherungsbezug kann eine prozentuale Kürzung der Leistungen für mehrere Monate die Folge sein. Allerdings wurden die Sanktionsregelungen befristet bis zum 01. Juni 2023 ausgesetzt.[1]

Zum Abschluss der Maßnahme erhalten die Teilnehmer*innen eine entsprechende Teilnahmebescheinigung, die in das Bewerbungsmanagement der JOBBÖRSE der BA einzutragen ist. Aus der Bescheinigung sollen die vermittelten Inhalte sowie die berufsfachlichen Kompetenzen der Teilnehmer*innen zu entnehmen sein. Die verbrachte Zeit im „Echtbetrieb” ist mitsamt der Dauer und den Tätigkeitsfeldern anzugeben. Die Teilnahmebescheinigung sollte in jedem Fall positiv konnotiert sein, d.h. dass von negativen Darstellungen der Teilnehmer*innen abzusehen ist.


[1]www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/sanktionen-grundsicherung-2009920


Zugelassene AZAV Maßnahmen im Detail

AZAV Maßnahmen ermöglichen einen entsprechenden Freiraum bei der inhaltlichen und methodischen Ausgestaltung der Maßnahmenkonzeption, mit welchen die beabsichtigten Zielgruppen erreicht werden sollen. Organisationen können hier Ihre Kreativität walten lassen – sofern sie dem rechtlichen, inhaltlichen und organisatorischen Rahmen entsprechen, der durch die Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung definiert und im Rahmen des Maßnahmenzulassungsverfahrens durch die fachkundige Stelle überprüft wird. So müssen die Ziele, Dauer und Inhalte der Maßnahme auf die Voraussetzungen und Bedarfe der Zielgruppe hin konzipiert werden. Träger*innen verpflichten sich dazu, aktuelle Entwicklungen des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes zu berücksichtigen. Die Arbeitsmarktrelevanz der Maßnahme muss ebenso schriftlich dargelegt werden, wie die Qualifikationen des eingesetzten Personals. Auch muss eine detaillierte sächlich-zeitliche Gliederung der Maßnahmendurchführung vorgelegt werden, aus welcher Umfang und Inhalt der einzelnen Lernfelder hervorgeht. Ferner muss eine detaillierte Maßnahmenkalkulation erstellt werden, aus welcher alle Positionen wirtschaftlich angemessen, transparent und nachvollziehbar ersichtlich sind. Der kalkulierbare Kostensatz je Teilnehmerstunde richtet sich am Bundesdurchschnittskostensatz (BDKS) aus. [1] Um Kleingruppen oder besonders hochwertige Maßnahmen realisieren zu können, können im Zulassungsverfahren von dieser Regelung abweichend jedoch auch Kostenüberschreitungen geltend gemacht werden.

Der Erfolg von AZAV Maßnahmen ist hauptsächlich vom regionalen Bedarf an Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig. Ist beispielsweise in einer Region ein signifikant hoher Anteil an alleinerziehenden Frauen ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorhanden, ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Bedarf an Maßnahmen besteht, welcher die spezifischen Vermittlungshemmnisse dieser Zielgruppe berücksichtigt und eine bedarfsgerechte und passgenaue Unterstützung bei der Arbeitsmarktintegration bietet. Neben einem tragfähigen Netzwerk und dem regelmäßigen Austausch, ist eine wichtige Informationsquelle für den regionalen Bedarf die jährliche Bildungszielplanung, welche in aller Regel gegen Jahresende von der örtlichen Bundesagentur für Arbeit - ggfs. in Kooperation mit dem kommunalen Jobcenter - veröffentlicht wird. So gibt die Bildungszielplanung beispielsweise Aufschluss über die Art der Fördermaßnahme (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (MabE) nach § 45 SGB III oder Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) nach §§ 81 und 82 SGB III), die thematischen Förderschwerpunkte sowie über die Höhe des Fördervolumens. Als ein anschauliches Beispiel kann die Bildungszielplanung 2022 der Stadt Frankfurt herangezogen werden. [2]


[1]www.arbeitsagentur.de/datei/tabelle-kosten-aktivierung-und-berufliche-eingliederung-2022_ba147533.pdf

[2]www.arbeitsagentur.de/vor-ort/frankfurt-am-main/bildungszielplanung

Beispielhafte Leistungsbeschreibung einer zugelassenen AZAV Maßnahme „Individuelles Coaching für Langzeitarbeitslose“

Die Maßnahme „Individuelles Coaching für Langzeitarbeitslose“ ist eine sogenannte Einzelmaßnahme, d.h. jede*r Teilnehmende wird einzeln betreut.

Die Maßnahme richtet sich an langzeitarbeitslose Teilnehmer*innen mit multiplen Vermittlungshemmnissen. Gleichzeitig werden Personen angesprochen, die sich bislang anderen Angeboten zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt entzogen haben. Viele Betroffene haben aufgrund ihrer sozialen oder ethnischen Herkunft instabile Ausgangsbedingungen und somit besonders große Leistungs- und Motivationsdefizite sowie ein besonders niedriges Selbstwertgefühl. In solchen Fällen eignet sich ein personalisiertes und individuelles Herangehen in Form von Coachings.

Im Rahmen dieser Maßnahme steht nicht nur die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Fokus. Durch den individuellen, auf Problemlagen eingehenden Ansatz werden gleichzeitig die langfristige Motivation und das Selbstwertgefühl der Teilnehmer*innen gestärkt. Die Teilnehmer*innen werden über sechs Monate hinweg mindestens zweimal wöchentlich durch einen persönlichen Coach unterstützt und betreut.

Die Maßnahme gliedert sich in die Einführungsphase, Coachingphase und Abschlussphase. Zu Beginn werden Einzelgespräche und biografische Interviews initiiert sowie der Integrationsplan erstellt. Die Coachingphase ist ein zentrales Element und wird nach dem Bedarf des/der jeweiligen Teilnehmer*in ausgerichtet. Ihr Ziel besteht darin, Vermittlungshemmnisse zu beseitigen oder individuelle Problemlagen familiärer, kultureller oder finanzieller Natur zu verbessern. Abschließend wird die Zielerreichung der Maßnahme mit Teilnehmer*innen diskutiert. Coachings werden dabei stets durch ausgebildete Sozialpädagog*innen durchgeführt.

Nach Abschluss der Maßnahme werden systematische Befragungen der Teilnehmer*innen durchgeführt, um sowohl die Wirksamkeit als auch die Zufriedenheit mit der Maßnahme mittels statistischer Kennziffern abzubilden.