Zum Hauptinhalt springen
Projekt: Bildung für Demokratie und Vielfalt

Vielfalt ohne Alternative

Vor dem Reichstag ist in einer riesigen Menschenmenge ein Schild zu sehen, auf dem steht "Vielfalt ohne Alternative!". Daneben eine Fahne in Regenbogenfahne mit dem Logo des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Foto: Stephanie von Becker
Vielfalt ohne Alternative ist die Haltung, mit der wir uns für eine demokratische, offene und vielfältige Gesellschaft einsetzen. Mit dem Projekt "Bildung für Demokratie und Vielfalt" stärken wir soziale Organisationen dabei, diese Werte im Alltag sichtbar zu leben – durch Beratung, Qualifizierung und Materialien zur Unterstützung.

FAQ: Rechtsextremismus am Arbeitsplatz

Menschenfeindliche und rechtsextreme Haltungen können auch im Umfeld sozialer Arbeit auftreten. Eine klare Haltung und sichtbare Positionierung für Demokratie und Menschenrechte sind der beste Schutz. Der FAQ-Bereich gibt praxisnahe Antworten zur Prävention und zum Umgang mit Rechtsextremismus am Arbeitsplatz. 

Hinweis: Die FAQs geben Orientierung und Praxiswissen, ersetzen jedoch keine individuelle Rechtsberatung. 

Weiterführende Informationen bietet die ergänzende Handreichung „Extremistische Äußerungen am Arbeitsplatz“ aus der Rechtsabteilung. 

Rechtsextremismus kennzeichnet sich durch politische und gesellschaftliche Einstellungen, die die ethnische Zugehörigkeit überbewerten und das Gleichheitsprinzip der Menschen ablehnen.  

Rechtsextreme Einstellungen zeigen sich vor allem durch: 

  • Rassismus 
  • Antisemitismus 
  • Nationalismus 
  • Befürwortung autoritärer Herrschaftsformen 
  • Verharmlosung des Nationalsozialismus 
  • Sexismus und Heteronormativität 

Dabei geht es nicht um Meinungen, sondern um menschenfeindliche Ideologien, die im Widerspruch zu den Werten der sozialen Arbeit stehen. 

Die Ausdrucksformen für die Zurschaustellung einer rechtsextremen Gesinnung sind vielfältig und wandeln sich ständig. Folgende Merkmale sind zu beachten:  

  • diskriminierende Sprache oder abwertende „Witze“ 
  • Kleidung mit rechtsextremen Symbolen oder Marken 
  • Kontakte zu rechtsextremen Gruppen (auch online) 
  • gezielte Störungen demokratischer Strukturen oder Diskussionen im Team 

Tipp: Die Broschüre „Wahrnehmen – Deuten – Handeln. Rechtsextremismus in der Sozialen Arbeit keinen Raum bieten“ des Paritätischen Gesamtverbands enthält weiterführende Informationen. 

Menschenverachtende Sprache und die damit verbundenen Ideologien der Ungleichwertigkeit sind mit den Werten des Paritätischen unvereinbar. Im Akutfall ist es wichtig, dass Betroffene Unterstützung vom Arbeitsumfeld erfahren und nicht allein gelassen werden. 

Folgende Schritte sind möglich: 

  1. Wenn möglich: Deutlich für Menschenrechte und gegen diskriminierende Äußerungen positionieren. Widersprechen Sie und machen damit auch Umstehenden klar, dass solche Einstellungen im Betrieb nicht toleriert werden.
  2. Aussagen oder Vorfälle möglichst genau dokumentieren (Datum, Wortlaut, Beteiligte/Zeug*innen).
  3. Gespräch suchen, z. B. mit Vorgesetzten oder dem Betriebsrat.
  4. Beschwerderecht nutzen (§ 13 AGG) und offiziell Beschwerde schriftlich beim Arbeitgeber einreichen. Bei einem solchen Beschwerdetermin kann man gemäß § 84 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) von einem Betriebsratsmitglied begleitet werden. Leistet der Arbeitgeber keine Abhilfe, kann der Betriebsrat mitunter weitere Schritte einleiten (§§ 84 Abs. 2, 85 BetrVG).
  5. Bei Bedarf externe Beratung einholen (z. B. bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Rechtsstelle einer Gewerkschaft oder Rechtsanwalt*anwältin). 

Wer Haltung zeigt, schützt sich. Diese vier Maßnahmen können präventiv wirken: 

1. Klar formulierte Leitbilder mit demokratischer Grundhaltung 

Ein Leitbild sollte neben der Ausformulierung der eigenen Werte den Widerspruch zu Rassismus und Rechtsextremismus und der Arbeit der Einrichtung möglichst konkret formulieren. Es hilft, Bewerber*innen mit menschenfeindlicher Gesinnung abzuschrecken. Bei rechtlichen Auseinandersetzungen kann das Leitbild den Träger juristisch stärken. Es ist aber nicht rechtsverbindlich wie z. B. eine Betriebsvereinbarung. 

Hinweise für die Formulierung eines Leitbildes: 

  • Das Leitbild sollte die Einrichtung als menschenrechtsorientiert definieren: Soziale Arbeit bedeutet, die Gleichwertigkeit aller Menschen zu vertreten. 
  • Es sollte praxisnah formuliert und gemeinsam mit Mitarbeitenden entwickelt werden – z. B. im Team oder in Workshops. 
  • Es sollte in Einarbeitung, Öffentlichkeitsarbeit, Projektentwicklung und Personalentscheidungen einfließen. 
  • Mitarbeitende und Ehrenamtliche müssen das Leitbild kennen und im Alltag erleben. 

Die „Charta gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ des Paritätischen Gesamtverbands kann als Beispiel für ein Leitbild dienen. 

2. Hausordnung / Netiquette, die diskriminierendes Verhalten ausschließt 

Die Hausordnung bringt die Werte des Leitbilds in den Alltag: Sie schafft klare Regeln, Handlungssicherheit sowie Schutz für Mitarbeitende und Klient*innen. 

Folgende Inhalte sollten u.a. in einer Hausordnung enthalten sein: 

  • Regeln für das Verhalten gegenüber Klient*innen, Kolleg*innen und in Teams (z. B. respektvoller Umgang, keine diskriminierenden Sprüche) 
  • Verbot bestimmter Symbole, Kleidung, oder Codes (z. B. rechtsextreme Marken, Tattoos) 
  • klare Konsequenzen bei diskriminierendem Verhalten (z. B. rassistische Sprüche, Abwertung von Klient*innen) 

Im digitalen Raum (Social Media) übernimmt eine Netiquette diese Funktion. Sie legt fest, wie in Kommentarspalten kommuniziert werden darf. 

3. Betriebsvereinbarungen, die klare Regeln zu Symbolen, Kleidung und Verhalten enthalten 

Betriebsvereinbarungen sind rechtsverbindlich und können für alle Beschäftigten gelten. Sie sind das wirksamste Mittel, um konkrete Regeln gegen rechtsextremes Verhalten durchzusetzen. Diese können z. B. Verbote bestimmter Symbole, Kleidung oder Codes, Regeln für den Umgang mit diskriminierendem Verhalten sowie klare Konsequenzen bei Verstößen (z. B. innerbetriebliche Verfahrensregelungen) enthalten. Eine Betriebsvereinbarung muss verhältnismäßig sein. 

Wichtig: In Betrieben mit Betriebsrat müssen bei der Einführung solcher Regelungen Mitbestimmungsrechte beachtet werden. In Einrichtungen ohne Betriebsrat können die Inhalte über Arbeitsverträge oder das Direktionsrecht geregelt werden. Das AGG gilt immer – auch ohne Betriebsvereinbarung. 

4. Einbindung des Betriebsrats 

Der Betriebsrat kann sowohl in der Prävention als auch bei Vorfällen aktiv gegen Rechtsextremismus werden. Die konkreten Möglichkeiten des Betriebsrats werden in der Frage „Wie kann der Betriebsrat gegen Rechtsextremismus tätig werden?“ aufgelistet. 

Der Betriebsrat kann: 

  • Maßnahmen gegen Rechtsextremismus mitgestalten (z. B. Hausordnung, Betriebsvereinbarungen) und im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 1 des BetrVG selbst initiieren. 
  • Befragungsrecht nutzen, um das Klima in der Einrichtung zu erfassen. 
  • Betriebsversammlung nutzen, um über das Thema Rechtsextremismus zu informieren. 
  • Mitarbeitende beraten und begleiten (z. B. bei Beschwerden). 
  • Bei drohenden schwerwiegenden verbalen oder körperlichen Übergriffen die Zustimmung zur Einstellung einer Person verweigern, deren rechtsextreme Gesinnung bereits bekannt ist (§ 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG). Der Arbeitgeber kann dann erwägen, ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten, über dessen Ausgang das Arbeitsgericht entscheidet. 
  • Sich bei konkreten Vorfällen für eine Abmahnung oder Kündigung einsetzen (§ 104 BetrVG). 

Betriebsvereinbarungen sind nach § 77 Abs. 4 BetrVG rechtlich verbindlich für alle Beschäftigten im Rahmen ihres persönlichen Geltungsbereichs, auch ohne individuelle Zustimmung. Sie sind das wirksamste Instrument zur Regelung von Verhalten im Betrieb. 

Kodizes (z. B. Antidiskriminierungskodex, Ethikrichtlinien) sind nur verbindlich, wenn: 

  • in Betrieben mit Betriebsrat dessen Mitbestimmungsrechte beachtet wurden, 
  • oder in Betrieben ohne Betriebsrat der Kodex zum Bestandteil des Arbeitsvertrags gemacht wurde (z. B. durch schriftliche Zusatzvereinbarung). 

Verhaltensklauseln im Arbeitsvertrag stärken die Haltung des Trägers und wirken abschreckend, sie ersetzen aber nicht die gesetzlichen Regelungen zum Kündigungsschutz. Auch bei Pflichtverstößen ist in der Regel eine Abmahnung vor Kündigung erforderlich, außer es liegt ein gravierender Verstoß (z. B. Straftat) vor. Außerdienstliches Verhalten bleibt meist unberührt, außer es hat klare Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. 

Nein, die bloße Mitgliedschaft einer rechtsextremen Partei oder Organisation reicht nicht aus, um arbeitsrechtliche Schritte wie eine Kündigung zu rechtfertigen. Die Mitgliedschaft in einer (nicht verbotenen) Partei ist verfassungsrechtlich geschützt durch die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 5 und 9 GG). Zudem gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). 

Die Meinungsfreiheit hat jedoch klare Grenzen. Strafbar und im Einzelfall kündigungsrelevant können sein: 

  • Beleidigung aufgrund von Herkunft, Weltanschauung o.ä.  (§ 185 StGB) 
  • Holocaust-Leugnung (§ 130 Abs. 3 StGB) 
  • Volksverhetzung (§ 130 Abs. 1 StGB), z. B. „Aufstacheln zum Hass“ gegen Teile der Belegschaft 
  • Verwendung von Nazisymbolen wie etwa dem Hakenkreuz (§ 86a StGB)

Wenn sich rechtsextreme Einstellungen nachweisbar negativ auf die Arbeit, das Team oder die Klient*innen auswirken, kann eine Kündigung in Betracht kommen. Dies kann z. B. bei Pflichtverletzungen, Loyalitätskonflikten oder Störungen des Betriebsfriedens der Fall sein. Ob diese arbeitsrechtlich relevanten Umstände vorliegen, kommt stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, die in der Praxis häufig ein komplexes Zusammenspiel aus be- und entlastenden Aspekten bilden.  

Die Messlatte für eine Kündigung aus den genannten arbeitsrechtlichen Umständen ist hoch. Dafür muss der Arbeitgeber sein Vorgehen konkret belegen. Erforderlich ist eine lückenlose Dokumentation einer z. B. rassistisch motivierten Straftat oder eines ähnlich schwerwiegenden Verstoßes gegen die in § 75 BetrVG und im AGG genannten Diskriminierungsverbote. 

Weiterführende Informationen bietet die Handreichung „Extremistische Äußerungen am Arbeitsplatz“ aus der Rechtsabteilung.