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Projekt

Vielfalt ohne Alternative

Vor dem Reichstag ist in einer riesigen Menschenmenge ein Schild zu sehen, auf dem steht "Vielfalt ohne Alternative!". Daneben eine Fahne in Regenbogenfahne mit dem Logo des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Foto: Stephanie von Becker
Gemeinsam für Menschlichkeit und gegen Rechtsextremismus, Rassismus und alle Ideologien der Ungleichwertigkeit! Der Paritätische mit seinen Mitgliedsorganisationen steht für eine demokratische, offene, vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen gleichwürdig teilhaben und Schutz erfahren – unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft, Alter, Religion oder Weltanschauung, sexueller Identität, materieller Situation, Behinderung, Beeinträchtigung, Pflegebedürftigkeit oder Krankheit. Vielfalt ist ohne Alternative.

FAQ Rechtsextremismus am Arbeitsplatz

Die Erfahrung zeigt: Die beste Prävention gegen menschenfeindliche Haltungen und Tendenzen in Vereinen und Initiativen sind eine klare Haltung und eine deutliche Positionierung nach außen, die sich für demokratische und soziale Werte einsetzt und menschenfeindliche Bezüge ausschließt. 

Dennoch bewegen sich auch in der Sozialen Arbeit sich zuweilen Rechtsextreme und mischen sich in Diskussionen ein, um das Betriebs- und Einrichtungsklima in ihrem Sinne zu beeinflussen. Im Folgenden werden häufig gestellte Fragen beantwortet, mit denen sich Soziale Organisationen in diesem Zusammenhang konfrontiert sehen.

Die hier gesammelten Hinweise sollen eine erste Einschätzung ermöglichen und Ansatzpunkte vorstellen. Sie ersetzen keine juristische Beratung.

Da Rechtsextremismus kein homogenes ideologisches Konzept bezeichnet, existiert auch keine einheitliche Definition. In der politik- und sozialwissenschaftlichen Forschung gibt es unterschiedliche Ansätze, sich dem Phänomen erklärend und beschreibend zu nähern.

Die Studiengruppe der Leipziger Autoritatismusstudie, die seit 2002 rechtsextreme Einstellungen in Deutschland erfasst, beschreibt rechtsextreme Einstellungen als Phänomen mit einer Einstellungs- und einer Verhaltenskomponente. Rechtsextremismus wird beschrieben als “Einstellungsmuster, dessen verbindendes Kennzeichen Ungleichwertigkeitsvorstellungen darstellen. Diese äußern sich im politischen Bereich in der Affinität zu diktatorischen Regierungsformen, chauvinistischen Einstellungen und einer Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus. Im sozialen Bereich sind sie gekennzeichnet durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Einstellungen.”1

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin benennt in einer auf die Praxis orientieren Arbeitsdefinition folgende zentrale Elemente und Erkennungsmerkmale des Rechtsextremismus:

  • Rassismus
  • Antisemitismus
  • Nationalismus
  • Befürwortung autoritärer Herrschaftsformen
  • Sozialdarwinismus (“Überleben des Stärkeren”)
  • Verharmlosung des Nationalsozialismus
  • Sexismus und Heteronormativität
  • Verschwörungsideologie

 

1Decker, O., Kiess, J. und Bähler, E. (2012). Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellung in Deutschland 2012. Bonn: Dietz, S.18

 

Es bedarf des Wissens über die modernen Strategien und Erscheinungsformen, die Themen und Argumentationsmuster, die Symbole, Codes und Modemarken der rechten Szene, damit das Problem als solches erkannt wird. Die Ausdrucksformen für die Zurschaustellung einer rechten Gesinnung sind dabei vielfältig und einem ständigen Wandel unterworfen. Die Sensibilisierung der Verantwortlichen unter den Verbänden, Trägern und Mitarbeiter*innen, damit das Problem und die Protagonist*innen als solche identifiziert und ernst genommen werden, ist eine wichtige Aufgabe, die u.a. durch das Projekt Beratung gegen Rechts beim Paritätischen Gesamtverband unterstützt wird.

Der Paritätische bietet dafür die Broschüre “Wahrnehmen - Deuten - Handeln. Rechtsextremismus in der Sozialen Arbeit keinen Raum bieten” an, die zentrale Elemente und Ausdrucksformen von Rechtsextremismus in der Sozialen Arbeit beleuchtet, erste Hilfestellung leistet und auf weiterführende Informationsmöglichkeiten verweist. Auf der Website des Paritätischen Gesamtverbandes wird sie mit weiteren, ausgewählten Informationsbroschüren und Arbeitshilfen zum Download angeboten.

Die Nutzung von Fort- und Weiterbildungsangeboten zum Thema Rechtsextremismus, die u.a. von den Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus kostenfrei angeboten werden, ist ein empfehlenswertes Vorgehen, um sich und andere Mitarbeiter*innen zu sensibilisieren und Handlungsstrategien zum Umgang mit allen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu entwickeln. Das Projekt “Beratung gegen Rechts” beim Paritätischen Gesamtverband kann auf Anfrage bei der Planung und Durchführung von entsprechenden Formaten unterstützen.

Der Aufbau von Sensibilisierung und Resilienz gegenüber menschenfeindlichen Bezügen in Einrichtungen, Organisationen und Initiativen der Sozialen Arbeit sollte als Querschnittsthema aufgefasst werden. Den Mitarbeiter*innen, Ehrenamtlichen und auch Klient*innen sollte deutlich signalisiert werden, dass die Stärkung einer demokratischen Unternehmenskultur und die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus wichtige Themen sind und Herausforderungen und Probleme, die daraus entstehen können, ernst genommen werden. 

Im Folgenden wird eine Auswahl an Maßnahmen vorgestellt, die dabei eine zentrale Rolle einnehmen können.

Das Leitbild

Das Leitbild sollte neben der Ausformulierung der eigenen Werte den Widerspruch zu Rechtsextremismus verdeutlichen und vor dem Hintergrund des konkreten Arbeitsfeldes möglichst konkret formulieren. Ausgangspunkt für die Erstellung eines Leitbildes kann insbesondere die Feststellung sein, dass das Verständnis von Sozialer Arbeit als Menschenrechtsprofession und der damit verbundene Anspruch, dem Recht aller Menschen auf das Führen eines menschenwürdigen Lebens und Teilhabe an der Gesellschaft, sich mit der Ideologie des Rechtsextremismus, der die Gleichwertigkeit aller Menschen verneint, unvereinbar sind. 

Um eine Sensibilisierung unter den Mitarbeiter*innen zu schaffen, sollten Konzeption und Umsetzung möglichst partizipativ gestaltet werden. Denn hierdurch werden Anlässe geschaffen, die Bedeutung demokratischer Werte für das eigene Engagement anzusprechen und gemeinsam zu reflektieren. Unterstützung für diesen Prozess kann unter anderem bei den Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus angefragt werden. 

Das Leitbild kann insbesondere in der Öffentlichkeitsarbeit als Aushängeschild dienen und signalisiert nach außen, welches Klima in der Einrichtung zu erwarten und welche Haltung erwünscht ist. 

Die Wirksamkeit des Leitbildes wird erhöht, die darin enthaltenen Werte erlebbar gemacht werden. Dazu gehört unter anderem, dass das Leitbild den Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen bekannt ist, sich in der Konzeption und Praxis der Arbeit wiederfindet und bspw. Relevanz in der Einstellungspolitik besitzt.

Dies alles kann dazu beitragen, dass Personen mit einer rechtsextremen Gesinnung davon absehen, sich beruflich oder ehrenamtlich zu engagieren, weil hier deutlich wird, dass die Werte, die hier vertreten werden, in Konflikt zu ihrer eigenen Überzeugung stehen.

Im Fall einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung kann das Leitbild durchaus eine Rolle bei der Bewertung im Fall einer juristischen Auseinandersetzung vor Gericht einnehmen. Die bindende Kraft einer Betriebsvereinbarung ist jedoch ungleich höher, da dort verbindliche Regeln festgeschrieben werden können.

Als Beispiel für die Gestaltung eines Leitbildes kann die Charta gegen Rassismus und Rechtsextremismus des Paritätischen Gesamtverbandes genannt werden.

Die Hausordnung

Eine Hausordnung hat wie das Leitbild eine Signalwirkung und stellt eine verlässliche Handlungsgrundlage für den Alltag dar. Sie ist ein wichtiges Instrument, das eigene Handeln bezüglich des Umgangs mit rechtsextremen Haltungen oder Verhaltensweisen zu legitimieren. Sie schafft zudem Handlungssicherheit für Mitarbeitende, die sich für die Werte der Einrichtung im Alltag einsetzen. Im virtuellen Raum kann diese Funktion durch die Formulierung einer “Netiquette” erfüllt werden, z.B. beim Auftritt in den Sozialen Medien.

Die Werte, die im Leitbild formuliert werden, können hier auf eine praktische Ebene gebracht werden. In der Hausordnung können wünschenswerte Verhaltensweisen aufgeführt werden, die auf die Schaffung eines positiven, respektvollen und zugewandten Klimas abzielen. Hier kann andererseits eine Festlegung der roten Linien vollzogen werden, welches Verhalten und welche Ausdrucksformen nicht toleriert und entsprechend sanktioniert werden. Dazu gehören unter anderem der Umgang mit rechtsextremen Bekleidungsmarken oder Tattoos in den eigenen Räumlichkeiten.
Hinweis: Umfassende Informationen zu rechtsextremen Codes, Symboliken und Bekleidungsvorlieben können z.B. auf der Website des Projekts “Das Versteckspiel” bezogen werden.

Im virtuellen Raum übernimmt eine Netiquette, welche erwünschtes und unerwünschtes Verhalten in den Kommentarspalten auflistet, die Funktion einer Hausordnung.

 

Die Betriebsvereinbarung

Betriebsvereinbarungen gelten gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend für alle Beschäftigten des Betriebs. Diese Wirksamkeit von Betriebsvereinbarungen wird gelegentlich unterschätzt, vor einem Arbeitsgericht hat sie aber problemlos Bestand. Was eine Ethikrichtlinie, einen „Code of Compliance“ oder einen Antidiskriminierungskodex betrifft, so kommt es in Betrieben mit Betriebsrat darauf an, ob bei der Verabschiedung seine Mitbestimmungsrechte beachtet wurden. Die meisten Regeln in solchen Richtlinien sind mitbestimmungspflichtig. 

In Betrieben ohne Betriebsrat kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber sie wirksam zum Bestandteil der einzelnen Arbeitsverträge gemacht hat, sonst muss er sich im Einzelfall auf sein Direktionsrecht oder die ohnehin geltende Rechtslage berufen – denn das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gilt in allen deutschen Unternehmen, unabhängig von darüber hinaus getroffenen Vereinbarungen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) stellt eine Muster-Betriebsvereinbarung zum Schutz vor Diskriminierung und zur Förderung der Gleichbehandlung zur Verfügung, die als Grundlage dienen kann.

Der Betriebsrat

Ein zentraler Akteur für die Prävention rechtsextremer Vorfälle ist der Betriebsrat. Dieser kann u.a. sein Befragungsrecht nutzen, um das Klima in der Einrichtung zu erfassen. Auch die Betriebsversammlung kann genutzt werden, um über das Thema Rechtsextremismus zu informieren. Neben seiner Rolle als wichtiger Ansprechpartner für Mitarbeiter*innen kann er vom Arbeitgeber einbezogen werden, wenn Maßnahmen gegen Rechtsextremismus getroffen werden sollen.

 

 

Solange die Organisation nicht rechtskräftig verboten ist, rechtfertigt die bloße Parteimitgliedschaft im Regelfall keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Auch ein öffentliches Bekenntnis zu dieser Partei oder zu einer rechtsextremen Gesinnung kann für sich allein weder eine Abmahnung noch eine Kündigung rechtfertigen. Hier würden die Arbeitsgerichte der Meinungsfreiheit Vorrang einräumen.

Dies gilt aber nur, solange eine konkrete Meinungskundgabe nicht gegen geltendes Recht verstößt. Das bedeutet zum einen ganz allgemein, dass niemand die Meinungsfreiheit missbrauchen darf, um andere wegen ihrer Herkunft, Weltanschauung o.ä. zu beleidigen. Beleidigung ist gem. § 185 des Strafgesetzbuches (StGB) eine Straftat, hier kennt die Meinungsfreiheit also klare Grenzen. Zum anderen bringt die besondere historische Verpflichtung der Deutschen, jede Verherrlichung der Verbrechen der Nazi-Zeit unzweideutig zu unterbinden, eine in vielerlei Hinsicht strengere Gesetzeslage mit sich, als in vielen anderen europäischen Ländern. In Deutschland ist es etwa bei Strafe verboten, den Holocaust zu leugnen (§ 130 Abs. 3 StGB) oder Nazisymbole wie etwa das Hakenkreuz zu verwenden (§ 86a StGB). Derlei rechtfertigt im Einzelfall mitunter sogar eine fristlose Kündigung. Gleiches gilt für das „Aufstacheln zum Hass“ gegen Teile der Belegschaft, z.B. wegen ihrer Religion oder ihrer ethnischen Herkunft, denn das erfüllt in Deutschland den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 1 StGB).

In mitbestimmten Betrieben sollte zunächst immer Kontakt mit dem Betriebsrat aufgenommen werden. Darüber hinaus sieht § 13 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ein Beschwerderecht des/der Betroffenen beim Arbeitgeber vor. Bei einem solchen Beschwerdetermin kann man gemäß § 84 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) von einem Betriebsratsmitglied begleitet werden. Leistet der Arbeitgeber keine Abhilfe, kann ihn der Betriebsrat mitunter dazu zwingen (§ 84 Abs. 2 BetrVG). Außerdem steht dem/der Betroffenen gemäß § 14 AGG ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Hierbei ist aber große Vorsicht geboten: Bevor man der Arbeit wegen einer Diskriminierung einfach fernbleibt, sollte man sich unbedingt persönlich juristisch beraten lassen, z.B. in der Rechtsstelle einer Gewerkschaft oder bei einem/ einer Rechtsanwalt*anwältin.

Ein politisches Bekenntnis allein rechtfertigt auf juristischer Ebene keine unmittelbare Sanktionierung, sofern es keine strafrechtliche Relevanz besitzt. Kommt es aber zu Belästigungen, Herabsetzungen oder verbalen Übergriffen, und schafft der Arbeitgeber trotz einer dahingehenden Beschwerde keine Abhilfe, ist die Weigerung auf Grundlage von § 14 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) prinzipiell möglich. Siehe hierzu auch den Abschnitt “Können Mitarbeiter*innen gekündigt werden, weil sie Mitglieder einer rechtsextremen Partei oder Organisation sind?” 

Die Zurschaustellung einer rechtsextremen Gesinnung durch entsprechende Symboliken, Codes oder Bekleidung kann durch Regelungen in der Hausordnung untersagt werden. Eine Vorstellung von Maßnahmen, welche auf die Herstellung einer demokratischen Betriebskultur abzielen, die rechtsextreme Bezüge ausschließt, werden unter dem Abschnitt “Welche präventiven Maßnahmen können gegen Rechtsextremismus in Sozialen Einrichtungen getroffen werden?” vorgestellt.

Wie bei allen arbeitsrechtlich relevanten Fragen wird dringend empfohlen, vor einer Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat Kontakt aufzunehmen und eine juristische Begutachtung einzuholen.

Die Aufforderung zur Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung sendet ein klares Signal und kann auf Personen mit einer rechtsextremen Einstellung abschreckend wirken. Eine „Erfolgsgarantie“ bieten solche Klauseln allerdings ebenso wenig wie die in jüngerer Vergangenheit populär gewordenen unternehmensweiten Ethikrichtlinien nach US-Vorbild. Solche Richtlinien enthalten meist einen ganzen Verhaltenskodex für den Umgang mit Kolleg*innen, Klient*innen und anderen Vertragspartner*innen. Hier lässt sich natürlich gut ein Bekenntnis gegen Rechts einbauen, auf das die Beschäftigten sich gewissermaßen „moralisch“ verpflichten. Auch bei Anwendung solcher Klauseln und Verhaltensregeln gilt aber weiter das Kündigungsschutzgesetz, das vor einer Kündigung (u.U. anders bei Straftaten) in der Regel eine Abmahnung verlangt. Auch außerdienstliches Verhalten bleibt in der Privatwirtschaft von solchen Klauseln und Ethikrichtlinien unberührt, von schweren Straftaten einmal abgesehen. Trotzdem wird ein Arbeitsgericht natürlich immer auch mitberücksichtigen, wenn ein Arbeitsvertrag, eine Betriebsordnung oder eine Ethikrichtlinie ein besonderes Bekenntnis gegen Rechtsextremismus enthält. Ein Stück weit wird die Position eines Arbeitgebers, der wegen rechtsextremer Umtriebe eine Kündigung aussprechen will, dadurch also schon gestärkt.

Es wird empfohlen, entsprechende Maßnahmen im Rahmen einer umfassenden Präventionsstrategie zu treffen. Eine Auswahl von Schritten, die Bestandteil einer solchen Strategie sein sollten, sind unter dem Abschnitt “Welche präventiven Maßnahmen können gegen Rechtsextremismus in Sozialen Einrichtungen getroffen werden?” aufgeführt.

Zum einen kann der Betriebsrat viel Präventionsarbeit leisten und am Verhandlungstisch darauf hinwirken, dass der Arbeitgeber Maßnahmen gegen Rechtsextremismus ergreift. Wichtig in diesem Zusammenhang sind vor allem Betriebsvereinbarungen, z.B. gegen rechte Szenekleidung und Nazisymbole am Arbeitsplatz, die ein Betriebsrat im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 1 des BetrVG selbst initiieren kann. Den Abschluss von Betriebsvereinbarungen zur Durchsetzung der in § 12 AGG genannten Pflichten des Arbeitgebers kann ein BR im Einzelfall sogar erzwingen. Diese Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber zur Prävention gegen Diskriminierung im Betrieb, zur Schulung seiner Führungskräfte und zur Unterbindung von Verstößen gegen das Diskriminierungsverbot. Zum anderen kann ein Betriebsrat neben diesen Präventionsansätzen bei drohenden schwerwiegenden verbalen oder körperlichen Übergriffen gem. § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG auch z.B. die Einstellung einer Person verhindern, deren rechtsextreme Gesinnung bereits bekannt ist. Kommt es zu rassistischen Übergriffen, kann der Betriebsrat gem. § 104 BetrVG die Kündigung des*der Täter*in verlangen. Hier hängt die Messlatte aber sehr hoch: Erforderlich für so eine Vorgehensweise ist eine lückenlose Dokumentation einer rassistisch motivierten Straftat oder eines ähnlich schwerwiegenden Verstoßes gegen die in § 75 BetrVG und im AGG genannten Diskriminierungsverbote. Jurist*innen sprechen in diesem Zusammenhang von „Störung des Betriebsfriedens“.

Betriebsvereinbarungen gelten gem. § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend für alle Beschäftigten des Betriebs. Diese Wirksamkeit von Betriebsvereinbarungen wird gelegentlich unterschätzt, vor einem Arbeitsgericht hat sie aber problemlos Bestand. 

Was eine Ethikrichtlinie, einen „Code of Compliance“ oder einen Antidiskriminierungskodex betrifft, so kommt es in Betrieben mit Betriebsrat darauf an, ob bei der Verabschiedung seine Mitbestimmungsrechte beachtet wurden. Die meisten Regeln in solchen Richtlinien sind mitbestimmungspflichtig. 

In Betrieben ohne Betriebsrat kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber entsprechende Richtlinien wirksam zum Bestandteil der einzelnen Arbeitsverträge gemacht hat, sonst muss er sich im Einzelfall auf sein Direktionsrecht oder die ohnehin geltende Rechtslage berufen, da das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auf das in weiteren Artikeln in dieser FAQ Bezug genommen wird, unabhängig von individuellen Vereinbarungen in allen deutschen Unternehmen gilt.

Es können die Freistellungsmöglichkeiten des Betriebsrats gem. § 37 Abs. 2 und § 38 BetrVG für intensive Befragungen der Beschäftigten am Arbeitsplatz genutzt werden. Außerdem können entsprechende anonyme Fragebögen entwickelt und öffentlich ausgewertet werden. Auf Abteilungs- und Betriebsversammlungen gem. §§ 42ff. BetrVG kann rassistische Ausgrenzung zum Thema gemacht werden. Moderationsmethoden, die den weit verbreiteten „Frontalcharakter“ solcher Veranstaltungen aufbrechen (z.B. AG-Phasen), helfen ungemein, wenn solche schwierigen Angelegenheiten öffentlich thematisiert werden sollen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die individuellen Wertvorstellungen und Haltungen im Rahmen der Tätigkeit als Fachkraft der Sozialen Arbeit zum Tragen kommen, auch wenn sie nicht aktiv geäußert werden. Fachkräfte der Sozialen Arbeit bringen sich immer auch als Persönlichkeiten in ihre konkrete Tätigkeit ein. Die Arbeit wird daher zwangsläufig durch die individuellen Überzeugungen und Haltungen beeinflusst. In der Positionierung des Paritätischen Gesamtverbandes gegen Rechtsextremismus heißt es: “Unser Verständnis Sozialer Arbeit ist geprägt von einer menschenrechtsorientierten Haltung, die diskriminierende und menschenfeindliche Bezüge ausschließt”. Die individuelle Entscheidung, Ungleichwertigkeitsvorstellungen zu vertreten, wie sie im Abschnitt “Was ist mit Rechtsextremismus gemeint?” erläutert werden, ist damit unvereinbar.

Für eine arbeitsrechtliche Bewertung ist grundsätzlich das Verhalten im Rahmen der arbeitsvertraglich geregelten Tätigkeiten ausschlaggebend. Arbeitsgerichte räumen dem Recht auf Meinungsfreiheit - aus gutem Grund - einen großen Stellenwert ein. Rein arbeitsrechtlich kann die politische Haltung, also das Bekenntnis zu weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen oder Organisationen, so lange sie nicht verboten oder anderweitig strafrechtlich relevant sind, nicht sanktioniert werden. Weitere Informationen hierzu im Abschnitt: Können Mitarbeiter*innen gekündigt werden, weil sie Mitglieder einer rechtsextremen Partei oder Organisation sind?

Das Beste zur Verfügung stehende Mittel bleibt, Personen mit einer menschenfeindlichen Gesinnung durch deutliche Positionierung für Menschenrechte und gegen ausgrenzende Vorstellungen davon abschrecken, sich hier engagieren zu wollen. Weitere Informationen hierzu im Abschnitt: Welche präventiven Maßnahmen können gegen Rechtsextremismus in Sozialen Einrichtungen getroffen werden?