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Schwerpunkt

Familien und Frauen

Hände unterschiedlichen Alters und Geschlechts halten bunte Herbstblätter nach oben
Providence Doucet/Unsplash
Kinderarmut, Kindergrundsicherung, Gewaltschutz, Gleichstellungspolitik, Kinderrechte, sexuelle und reproduktive Rechte und die Vereinbarkeit von privater und beruflicher Fürsorgearbeit gehören zu den Themen, die den Paritätischen Gesamtverband bewegen. Der Verband geht aktiv in den Dialog mit der Bundespolitik und bringt sich durch Positionen, Fachveranstaltungen und Publikationen in den Diskurs ein.

1. Gewaltschutz

In den Paritätischen Strukturen sind 134 Frauenhäuser und 202 Frauenberatungsstellen organisiert. Die Finanzierung des Frauenunterstützungssystems und die damit verbundenen Anforderungen an die Ausstattung und fachliche Arbeit in den Frauenhäusern und Beratungsstellen sind uns ein Anliegen.

Der Paritätische hat deshalb in den vergangenen Jahren ein Eckpunktepapier zur Finanzierung der Hilfestrukturen für von Gewalt betroffene Frauen und ihren Kindern erarbeitet sowie "Paritätische Anforderungen - Bundesweite Standards für die notwendige Ausstattung und fachliche Arbeit von Frauenhäusern" veröffentlicht. Außerdem war der Verband an den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Absicherung des Hilfesystems für von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffene Mädchen, Frauen und ihre Kinder beteiligt.

Statement 2021 zum #TagGegenGewaltGegenFrauen

Link zum Projekt: Frauenhaus-Suche der ZIF

Zentrale Anliegen des Verbandes sind derzeit im Bereich Gewaltschutz:

a) die Istanbul-Konvention vollständig umzusetzen

Am 1. Februar 2018 ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) in Deutschland in Kraft getreten. Die Bundesrepublik hat Vorbehalte zu Artikel 59 der Konvention erklärt, so dass die entsprechenden Verpflichtungen derzeit noch nicht für Deutschland gelten. Der Paritätische forderte seit Anbeginn die Vorbehalte zurückzunehmen und die gesamte Konvention vollumfänglich umzusetzen.

Seit Februar 2023 gilt die Istanbul-Konvention in Deutschland jedoch uneingeschränkt: Die aktuelle Bundesregierung hat die ursprünglich von Deutschland eingelegten Vorbehalte nicht verlängert.

b) Gewaltschutz bundeseinheitlich zu finanzieren

Aktuell sind bestimmte gewaltbetroffene Personengruppen von Schutz, Hilfe und Unterstützung ausgeschlossen, weil es bundesweit unterschiedliche Modelle der Finanzierung und des Zugangs gibt. Der Paritätische fordert eine bundeseinheitliche, bedarfsgerechte und einzelfallunabhängige Finanzierung des Gewaltschutzsystems. Hierzu gehört auch ein barrierefreier Zugang zu Beratung und Unterstützung sowie die zuverlässige Kostenübernahme von Dolmetscher*innen und Gebärdendolmetscher*innen.


2. Frauenhauskoordinierung

Der Paritätische Gesamtverband ist Mitglied im Verein Frauenhauskoordinierung e. V. (FHK). FHK unterstützt deutschlandweit Frauenhäuser und Fachberatungsstellen in fachlicher Hinsicht und bei ihrer politischen Arbeit. FHK vernetzt zahlreiche bundesweit agierende Wohlfahrtsverbände und ihre Einrichtungen.

Gegründet wurde FHK 2001 in Frankfurt am Main, seit 2010 hat der Verein seinen Sitz in Berlin. Mitglieder sind der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Caritasverband, der Paritätische Gesamtverband, die Diakonie Deutschland und der Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein sowie weitere Träger von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen.

Mit zusammen rund 270 Frauenhäusern und 300 Fachberatungsstellen fördern und sichern die Mitglieder das Hilfe- und Unterstützungssystem für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, sowie für ihre Kinder. Denn täglich erleben Frauen körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt ─ ganz gleich wie alt sie sind, welcher Schicht sie angehören oder woher sie kommen. Die Gewalt findet in der Partnerschaft statt, im Berufsleben oder in der Öffentlichkeit. Frauenhäuser und Fachberatungsstellen bieten diesen Frauen Schutz vor weiterer Gewalt. Sie helfen ihnen, die Folgen von Gewalt und Missbrauch zu überwinden und ein gewaltfreies Leben aufzubauen.

Die Frauenhauskoordinierung vertritt seine Mitglieder auch im Bündnis Istanbul-Konvention: https://www.buendnis-istanbul-konvention.de/ und hat am Alternativbericht zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt mitgearbeitet.

Die Arbeit von FHK wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.


3. Allgemeine Gleichstellungs- und Frauenpolitik

Der Paritätische Gesamtverband engagiert sich weiterhin zu allgemeinen Fragen der Gleichstellungs- und Frauenpolitik. Gemeinsam mit Mitgliedsorganisationen und weiteren Organisationen der Zivilgesellschaft setzt er sich für Gleichstellung und Frauenrechte in unserer Gesellschaft ein. Dazu zählen Fragen wie die Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Beruf, die Altersarmut von Frauen sowie das Empowerment von Frauen und Mädchen in allen Lebenslagen. Mit Frauen sind grundsätzlich alle Frauen und Mädchen gemeint und inkludiert somit auch trans* Frauen und intergeschlechtliche Menschen, die in der weiblichen Geschlechtsrolle leben. Diese Definition beinhaltet zudem jegliche Akzeptanz von Lebensformen und sexueller Orientierung jenseits heteronormativer Entwürfe.


4. Forum Menschenrechte

Der Paritätische Gesamtverband ist Mitglied im Forum Menschenrechte. Das Forum Menschenrechte ist ein Netzwerk von über 50 deutschen Nichtregierungsorganisationen, die sich für einen verbesserten, umfassenden Menschenrechtsschutz einsetzen – weltweit, in einzelnen Weltregionen, Ländern und in der Bundesrepublik Deutschland. Der Paritätische Gesamtverband engagiert sich innerhalb des Forums Menschenrechte u.a. im Rahmen der AG Rechte von Frauen und LSBTI*.

Die AG Frauen und LSBTI* hat 2020/2021 ein Perspektivenpapier zu den Lehren aus Corona erarbeitet.


5. Umgang mit Rassismus und Rechtsextremismus im Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen

Das Frauenunterstützungssystem ist in den vergangenen Jahren in besonderem Maße Angriffen von Rechts ausgesetzt. Gesellschaftspolitisch nehmen antifeministische Tendenzen zu und Geschlecht wird gezielt zum Politikum gemacht: Der Genderstern, das Selbstbestimmungsrecht der Frau und männliche Stereotype werden instrumentalisiert, um die Ziele und Errungenschaften des Feminismus zu delegitimieren.


Diskriminierende, rassistische und rechtsextrem motivierte Positionen und Vorfälle gehören zum beruflichen Alltag vieler Fachkräfte der Sozialen Arbeit und stellen sie vor große Herausforderungen. Zudem sind etablierte Angebote der Sozialen Arbeit Diffamierungen durch Rechtsextremist*innen ausgesetzt. Mitunter werden Mitarbeiter*innen und Ehrenamtliche bedroht oder sogar körperlich angegriffen. Aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass Fachkräfte der Sozialen Arbeit in den letzten Jahren einen Anstieg rechtsextremer Aktivitäten und Einflussnahmen wahrnahmen.


Auch das Hilfesystem für von Gewalt betroffene Frauen bleibt davon nicht unberührt. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen können auch hier Fachkräfte von diskriminierenden, rassistisch motivierten oder rechtsextremen Äußerungen innerhalb der Einrichtungen und von Angriffen von außerhalb berichten. Im Vorgehen gegen diskriminierende Äußerungen und Verhaltensweisen bewegen sie sich im Spannungsfeld zwischen solidarischem Engagement, Parteinahme für die Hilfesuchenden und dem Aufbau einer vertrauensvollen und arbeitsfähigen Beziehung mit der Klient*in. Hohe Beanspruchung bei wenig Zeit erschwert einen adäquaten Umgang mit rassistisch oder rechtsextrem motivierten Vorfällen oft noch zusätzlich.


Diese Broschüre soll eine Hilfestellung beim Erkennen und Einordnen der Phänomene geben und Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Eine sachkundige Beratung kann sie nicht ersetzen. Das Projekt ‚Beratung gegen Rechts’ des Paritätischen stellt unter www.vielfalt-ohne-alternative.de eine Übersicht der bundesweit verfügbaren Beratungsstellen zur Verfügung.


Auch als Print im Webshop kostenfrei erhältlich.