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Projekt

Partizipation und Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung

Verschiedene Spielzeuge wie Holzbuchstaben und Knete stehen auf dem Tisch einer Kita zur Auswahl
Gautam Arora/Unsplash
Die meisten Kinder in Deutschland besuchen vor dem Schuleintritt eine Kita oder eine Tagespflegestelle. Sie erleben zum ersten Mal eine Gemeinschaft mit Menschen außerhalb ihres vertrauten familiären Umfelds und die Möglichkeit, im Miteinander weitere wichtige Erfahrungen zu sammeln. Im Kita-Alltag erleben sie Vielfalt und erfahren Demokratie. Hier setzt die Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung an. Interessierte und Fachkräfte der Kindertagesbetreuung finden auf diesen Seiten Videos, Dokumentationen, praktische Arbeitshilfen u.v.m. zu den Themen Partizipation, Kinderrechte, Vielfalt, Beschwerdemöglichkeiten für Kinder, Demokratiebildung in der Kita etc.

Sexismus

Von Sexismus oder Geschlechterdiskriminierung wird dann gesprochen, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts in einer Situation beurteilt wird, in der das Geschlecht keine Rolle spielt. Wenn z. B. eine Person eine andere Person unerwünscht und benachteiligend behandelt und diese Benachteiligung nicht stattgefunden hätte, wenn die zweite Person ein anderes Geschlecht gehabt hätte. Die Benachteiligung erfolgt dabei immer durch Vorurteile, die gegenüber dem Geschlecht der betroffenen Person bestehen. Es kann sein, dass der Person dabei bestimmte Fähigkeiten zu- oder abgesprochen werden, aber auch, dass wir schon als Kinder in ganz bestimmte Geschlechterrollen gepresst und dazu angehalten werden, diese zu erfüllen. Wenn eine Frau aufgrund ihrer Schwangerschaft benachteiligt wird, handelt es sich um eine direkte Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts.

In der Kindertagesbetreuung wie auch in der Kindertagespflege sind hauptsächlich weibliche Fachkräfte beschäftigt. Der Erzieher*innenberuf ist aufgrund seiner historischen Entstehungsgeschichte ein klassischer "Frauenberuf". In der Zeit, in der sich der Beruf der "Kindergärtnerin" herausbildete, wurden pflegerische und erzieherische Tätigkeiten tendenziell Frauen zugewiesen. Das Vorurteil, dass Frauen aufgrund ihrer "Natur" fürsorglich sind und größere pflegerische sowie erzieherische Kompetenzen aufweisen als Männer, hält sich bis heute. Für Frauen ergab sich dadurch die Möglichkeit, einen außerhäuslichen Beruf auszuüben und Geld zu verdienen. Insofern ist der Erzieher*innenberuf einer der historisch gewachsenen "Frauenberufe". Diese zeichnen sich im Vergleich zu entsprechenden "Männerberufen" damals wie heute durch niedrigere Einkommens- und geringere Aufstiegschancen sowie schlechtere Arbeitsbedingungen aus. Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung sind schon aufgrund dieser Arbeitsbedingungen in vielerlei Hinsicht strukturell benachteiligt/diskriminiert.

Beispiele:

"Die Kita veranstaltet ein Picknick auf der Wiese. Die Eltern werden in einem Brief darum gebeten Kuchen für den Ausflug zu backen. In dem Brief werden nur die Mütter angesprochen".

"In der Kita gibt es eine Verkleidungskiste. Ein vier Jahre alter Junge möchte ein rosa Kleid anziehen. Ein anderes Kind meint, dass Kleider nur von Mädchen getragen werden dürfen und erfährt dabei die Unterstützung der Erzieherin, die darauf hinweist, dass es doch auch Verkleidungssachen für Jungs in der Kiste gebe und er noch einmal nachsehen könne, was er auswählen will."

"Ein Elternteil eines Kita-Kindes ist trans/-gender und lebt als Frau. Obwohl das mehrmals gesagt wurde, sprechen viele der Erzieher*innen die Frau weiterhin als 'er' an."

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, in diesem Falle aufgrund ihrer Geschlechtsidentität, kommt sehr oft bei Transgeschlechtlichen/Trans*-Menschen oder intergeschlechtlichen Menschen vor. Bei Trans*-Kindern überschneidet sich diese Form der Diskriminierung oft mit dem Merkmal Alter, wenn Kinder schon früh signalisieren eine andere Geschlechtsidentität zu besitzen als die bei der Geburt zugeschriebene Geschlechtszugehörigkeit und dabei nicht ernst genommen oder gar für ihre Aussagen und ihr Handeln bestraft werden. Intergeschlechtliche Kinder werden in Deutschland, ohne ihr Einverständnis, noch immer "geschlechtsverändernden" Operationen[1] unterzogen, die gegen die Menschenrechte verstoßen. Zugrunde liegt hier unsere gesellschaftsspezifische Idee von Geschlecht, das sich immer noch nur auf Frau und Mann und die dazu gehörenden, sehr engen Charakteristika bezieht.

[1] Vgl. Bundesärztekammer (BÄK): Keine Operation zur Geschlechtsangleichung bei intersexuell geborenen Kindern.